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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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waren jetzt auf. Sie bemühten sich, das Feuer wieder anzumachen und erschauerten in der Dämmerkälte. Nirgal fragte sie, ob sie an diesem Tag weiterziehen würden. Das war der Fall. Nach Norden durch das Juventa-Chaos und dann weiter zum südwestlichen Ufer des Chryse-Golfs. Danach wußten sie noch nicht.
    Nirgal fragte, ob er eine Weile bei ihnen bleiben könne. Sie sahen überrascht aus, musterten ihn und sprachen untereinander in einer Sprache, die er nicht erkannte. Ja, er wollte die Diana wiedersehen. Aber es war noch mehr als das. Nichts in seinem Lung-gom-pa war so gewesen wie jene letzte halbe Stunde der Jagd.
    Natürlich hatte sein Lauf die Bühne für das Erlebnis bereitet, genau wie der Hunger und die Erschöpfung. Aber dann war etwas Neues geschehen. Beschneiter Waldboden, die Verfolgung zwischen den urtümlichen Bäumen, das Rennen in die Schlucht hinunter, die Szene unten am Damm.
    Die Frühaufsteher nickten ihm zu. Er konnte mitkommen.
     
    Diesen ganzen Tag marschierten sie auf einem komplizierten Pfad durch das Juventa-Chaos nach Norden. Am Abend kamen sie zu einer kleinen Mesa, deren ganze Kappe von einem Obstgarten mit Apfelbäumen eingenommen wurde. Eine Rampe führte dort hinauf. Die Bäume waren in die Form von Cocktailgläsern gestutzt worden, und jetzt trieben aus den knorrigen alten Zweigen neue Triebe in die Höhe. Während des Nachmittags zogen sie mit Leitern von Baum zu Baum, schnitten die dünnen Triebe ab und ernteten einige harte, saure und unreife kleine Äpfel.
    In der Mitte des Obstgartens war ein Bau mit offenen Wänden und rundem Dach. Sie nannten ihn ein Scheibenhaus. Nirgal ging hindurch und bewunderte die Konstruktion. Das Fundament war eine runde Betonplatte, die wie Marmor poliert war. Auch das Dach war rund und wurde von einem einfachen T aus inneren Wänden getragen - ein Durchmesser und ein Radius. In dem offenen Halbkreis waren Küche und Wohnraum, auf der anderen Seite Schlafzimmer und Bad. Die jetzt für Luft offene Umfassung konnte bei unfreundlichem Wetter durch transparente Wände aus Kuppelmaterial geschlossen werden, das wie Vorhänge rund herum gespannt wurde.
    Die Frau, die die Antilopen zerlegt hatte, sagte Nirgal, daß es überall in Lunae Scheibenhäuser gäbe.
    Auch andere Gruppen benutzten sie und pflegten die Obstgärten, wenn sie vorbeikamen. Sie waren alle Teil einer losen Koop und führten ein Nomadenleben mit etwas Ackerbau, Jagen und Sammeln. Jetzt kochte eine Schar die kleinen Äpfel und machte Apfelmus auf Vorrat, andere brieten über einem Feuer im Freien Antilopenfleisch oder arbeiteten in einer Räucherkammer.
    Zwei runde Bäder neben dem Scheibenhaus dampften, und einige Leute legten ihre Kleider ab und hüpften in das kleine Bad, um sich vor dem Abendessen zu säubern. Sie waren sehr schmutzig, schließlich hatten sie lange im Hinterland gelebt. Nirgal folgte der Frau ( an ihren Händen klebte noch getrocknetes Blut) und gesellte sich im Bad zu ihnen. Das warme Wasser war wie eine andere Welt, als ob die Hitze des Feuers in eine Flüssigkeit verwandelt worden wäre, die man berühren und in die man den Körper eintauchen konnte.
     
    Sie wachten in der Frühdämmerung auf und faulenzten am Feuer, kochten Kaffee und Kava, nähten Kleider und arbeiteten um das Scheibenhaus herum. Nach einer Weile sammelten sie ihre wenigen Reiseutensilien, löschten das Feuer und brachen auf. Jeder hatte einen Rucksack oder eine Gürteltasche; aber die meisten schritten so leicht dahin wie Nirgal oder noch mehr, nichts im Gepäck als eine dünne Schlafrolle und etwas Nahrung. Einige hatten Speere oder Pfeil und Bogen über der Schulter. Sie legten den ganzen Morgen ein scharfes Tempo vor und teilten sich dann in kleinere Gruppen, um Pinienzapfen, Eicheln, Wiesenzwiebeln und wildes Korn zu sammeln. Oder sie jagten nach Murmeltieren oder Fröschen und vielleicht auch größerem Wild. Sie waren hager. Die Rippen traten hervor, und die Gesichter waren schmal. Die Frau sagte zu ihm: Wir bleiben gern etwas hungrig, dann schmeckt das Essen besser. Und wirklich schlang Nirgal an jedem Abend dieses langen Marsches sein Essen hinunter wie beim Laufen - zittrig und gierig. Und alles schmeckte wie Ambrosia. Sie marschierten jeden Tag eine große Strecke und gerieten bei ihren großen Jagden oft in ein katastrophales Terrain, welches so rauh war, daß es oft vier oder fünf Tage dauerte, ehe es ihnen gelang, sich alle beim nächsten Scheibenhaus in seinem Obstgarten

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