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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Laufen konzentriert. Schmerz machte sich bemerkbar, eine Folge der Milchsäure in ihren Muskeln. Und da war sie endlich, voraus am Horizont: eine Tür im Hügel neben den Schienen. Weiter und weiter über den glatten Regolith stapfend. Sie hämmerte heftig an die Tür, und sie wurden in die Schleuse und dann ins Innere gelassen, wo man sie verhaftete. Aber Zo lachte die Spaßpolizei nur an und setzte ihren und Miguels Helm ab. Dann küßte sie den stöhnenden Miguel mehrere Male für seine Ungeschicklichkeit. In seinem Schmerz merkte er das nicht. Er war an sie geklammert wie ein Ertrinkender an einen Lebensretter. Sie schaffte es nur, sich aus seiner Umklammerung zu befreien, indem sie ihn leicht an sein verletztes Knie stieß. Bei seinem Geheul lachte sie laut auf und fühlte, wie ein Ruck durch sie ging. Soviel Adrenalin, so wundervoll, noch weit seltener als jeder sexuelle Orgasmus und deshalb noch kostbarer.
    Also küßte sie Miguel immer und immer wieder - Küsse, die er nicht bemerkte. Und dann drängte sie sich durch die Spaßpolizei. Sie beanspruchte diplomatischen Status und dringende Hilfe. Sie sagte: »Schaut nicht so dumm. Gebt ihm ein paar Medikamente! Heute abend geht ein Shuttle zum Mars. Ich muß abreisen.«
    »Vielen Dank, Zo!« rief Miguel. »Ich danke dir, du hast mir das Leben gerettet!«
    »Ich habe meine Heimreise gerettet«, sagte sie lachend. Sie kehrte um und küßte ihn noch einmal. »Ich bin es, der dir danken sollte! So eine Gelegenheit! Vielen, vielen Dank!«
    »Nein, ich danke dir!«
    »Nein, ich danke dir!«
    Und er lachte selbst in seinem Schmerz. »Zo, ich liebe dich.«
    »Und ich liebe dich.«
    Aber wenn sie sich nicht beeilte, würde sie ihr Shuttle verpassen.

D as Shuttle war eine gepulste Fusionsrakete, und sie würden die Erde innerhalb von zwei Tagen erreichen. Und die ganze Zeit bei anständiger Schwere, außer natürlich während des Saltos.
    Wegen dieser plötzlichen Schrumpfung des Sonnensystems änderte sich allerhand. Eines der kleineren Ergebnisse war, daß die Venus nicht mehr als Gravitationshebel für den Raketenflug gebraucht wurde. Darum war es nur ein Zufall, daß Zos Shuttle, die Nike von Samothrake, ziemlich nahe an dem beschatteten Planeten vorbeiflog. Zo kam mit den übrigen Passagieren in dem großen Ballsaal mit Oberlicht zusammen, um die Passage zu beobachten. Die Wolken der überhitzten Atmosphäre des Planeten waren dunkel. Der Planet erschien vor dem Schwarz des Weltraums als grauer Kreis. Das Terraformen auf der Venus ging rasch voran. Der ganze Planet lag im Schatten, der alten Soletta des Mars, die als Sonnenschirm fungierte. Ihre Spiegel waren so geschwenkt worden, daß sie das genaue Gegenteil von dem bewirkten, was für den Mars vorgesehen gewesen war. Statt Licht auf den Planeten umzulenken, reflektierten sie alles fort. Die Venus rollte in Dunkelheit dahin.
    Das war der erste Schritt eines Terraformprojekts, das viele Leute für verrückt hielten. Die Venus hatte kein Wasser, aber eine erstaunlich dicke Atmosphäre aus Kohlendioxid; ihr Tag währte länger als ein Jahr, und ihre Oberflächentemperatur brachte Blei und Zink zum Schmelzen. Keine aussichtsreiche Kombination von Anfangsbedingungen, das stimmte, aber die Leute versuchten es dennoch. Der Zugriff der Menschheit wurde immer mächtiger, wurde allmählich göttergleich. Zo fand das wunderbar. Die Leute, die das Projekt auf den Weg gebracht hatten, behaupteten sogar, daß es schneller gehen würde als das Terraformen des Mars. Die völlige Beseitigung des Sonnenlichts hatte tiefe Auswirkungen. Die Temperatur in der dichten (95 Bar an der Oberfläche) Kohlendioxidatmosphäre war im letzten halben Jahrhundert jährlich um 5 K gesunken. Bald würde der >Große Regen< einsetzen, und in nur ein paar hundert Jahren würde sich das ganze Kohlendioxid auf dem Planeten befinden und in Gletschern aus Trockeneis die niedrig gelegenen Teile der Oberfläche bedecken. Der Plan war, das Trockeneis dann durch eine isolierende Schicht aus Diamantfolie oder aufgeschäumtem Fels zu bedecken; und wenn es erst einmal versiegelt wäre, könnten Ozeane angelegt werden. Das Wasser müßte von anderswo her kommen, da der natürliche Bestand der Venus sie höchstens bis zu einer Tiefe von einem Zentimeter bedecken würde.
    Die Terraformer der Venus, Mystiker einer neuen Form von Viriditas, verhandelten gerade mit der Saturn-Liga über die Rechte für den Eismond Enceladus, den sie in den Venus-Orbit zu schieben und

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