Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
und dann kam man auf andere Themen zu sprechen, gewöhnlich den aktuellen Verlauf der Kampagne. Auch der Wahlfeldzug verlief gut. Unter Mayas Leitung ging die Kampagne der Grünen besser voran als zuvor; aber die Stimmung gegen die Einwanderer war stark. Überall, wohin sie kamen, sprachen die Berater und Kandidaten des Freien Mars bei den Zusammenkünften, und Jackie hatte nur gelegentliche feierliche Auftritte. Sie war hier eine viel stärkere und intelligentere Rednerin als sonst. Aber durch Beobachtung der anderen Sprecher gewann Maya einen guten Eindruck davon, wer sich auf oberster Ebene der Organisation befand, und einige dieser Personen schienen sehr erfreut zu sein, daß sie ins Rampenlicht gerückt worden waren. Ein junger Mann namens Nanedi, auch einer von Jackies jungen Burschen, trat besonders hervor. Und Jackie schien das nicht zu gefallen. Sie gab sich ihm gegenüber kühl und wandte sich mehr und mehr Athos und Mikka zu, sogar Antar kam zu neuen Ehren. An manchen Abenden schien sie eine wahre Königin unter ihrem Gefolge zu sein. Aber Maya konnte dahinterblicken. Sie hatte es bei Anteus erlebt. Sie konnte aus hundert Metern Entfernung die Finsternis im Kern der Dinge erkennen.
Nichtsdestoweniger bat Maya Peter, als er ihren Anruf erwiderte, zu einem Besuch, um über die bevorstehenden Wahlen zu sprechen. Und als er dann eintraf, empfing ihn Maya mit gespannter Ruhe. Es würde etwas passieren.
Peter wirkte gelassen und ruhig. Er lebte in diesen Tagen in Charitum Montes und arbeitete an dem Projekt der Argyre-Wildnis und auch in einer Koop, die, für Leute, die den Aufzug vermeiden wollten, Pläne für Verbindungen vom Mars in den Weltraum machte.
Entspannt, ruhig, sogar etwas zurückgezogen. Ähnlich wie Simon.
Antar war auf Jackie böse, weil sie ihn mehr als üblich mit der mangelnden Diskretion in ihrem Umgang mit Athos ärgerte. Mikka war noch ärgerlicher als Antar. Jetzt, wo Peter da war, provozierte und verstimmte Jackie auch Athos, da sie all ihre Aufmerksamkeit Peter zuwandte. Sie war so zuverlässig wie ein Magnet. Aber sie war von Peter angezogen, der ihr gegenüber wie immer gleichgültig war, Eisen für ihren Magneten. Es war deprimierend, wie vorhersagbar sie waren. Aber nützlich. Die Kampagne des Freien Mars verlor allmählich an Schwung. Antar war nicht mehr so kühn, den Mahjaris von Qahira vorzuschlagen, sie sollten in dieser Zeit der Unruhe Arabien besser vergessen. Mikka verstärkte die Kritik von Mars Zuerst in verschiedenen Positionen, die nicht mit der Einwanderung zu tun hatten, und zog einige andere Mitglieder des Exekutivrates in seinen Kreis. Ja, Peter verstärkte Jackies unpolitische Seite und machte sie unberechenbar und leistungsschwach. Damit verlief alles wie von Maya geplant. Man mußte Jackie nur Männer wie Kegelkugeln zuschieben, und sie legte los. Dennoch empfand Maya keinen Triumph.
Und dann fuhren sie aus der letzten Schleuse in die Malachit-Bucht hinaus. Eine trichterförmige Einkerbung des Hellas-Meeres, deren sonnenbeschienenes seichtes Wasser durch starken Wellenschlag gepeitscht wurde. Weiter draußen drangen sie sanft in die dunklere See vor, wo viele Frachter und kleinere Schiffe sich nach Norden auf Hell's Gate zuwandten, den größten Tiefwasserhafen an der Ostküste von Hellas. Ihr Schiff folgte dieser Parade, und bald erschien über dem Horizont die große Brücke über Dao Vallis und dann die von Gebäuden bedeckten Wände am Eingang zum Canyon. Danach die Masten, die lange Pier und die Helligen des Hafens.
Maya und Michel gingen an Land und zogen durch die gepflasterten und gestuften Straßen zu den alten Praxisunterkünften unter der Brücke. In der nächsten Woche sollte ein Herbstfest stattfinden, das Michel besuchen wollte, und dann würden sie sich nach Minus One Island und Odessa begeben. Maya machte sich zu einem Spaziergang durch die Straßen von Hell's Gate auf, froh, der Enge des Kanalschiffs entkommen zu sein und frei losziehen zu können. Es war kurz vor Sonnenuntergang am Ende eines Tages, der im Großen Kanal begonnen hatte. Die Reise war vorbei.
Maya hatte Hell's Gate zuletzt im Jahre 2121 besucht, bei ihrer ersten Tour um das Becken. Sie hatte damals für Deep Waters gearbeitet und war zusammen gereist mit - mit Diana! So hieß sie. Esthers Enkelin und Cousine zweiten Grades von Jackie. Dieses große fröhliche Mädchen hatte für Maya die erste Bekanntschaft mit jungen Eingeborenen bedeutet, nicht nur über ihre Kontakte
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