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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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volle Spektrum terranischer Sprachen benutzten, sah es aus, als ob sich die Dinge wieder ändern könnten, da die neuen Nisei bei ihren ursprünglichen Sprachen blieben und elektronische Dolmetscher benutzten.
    Diese linguistische Situation verdeutlichte Art eine Komplexität in der einheimischen Bevölkerung, die er vorher nicht bemerkt hatte. Manche Eingeborene waren Yonsei, vierte Generation oder jünger, und ganz entschieden Kinder des Mars. Aber andere Eingeborene hatten genau dasselbe Alter wie die Nisei als Kinder späterer Issei-Immigranten und neigten zu engeren Bindungen mit den terranischen Kulturen, aus denen sie stammten, samt all dem damit verbundenen Konservatismus. Somit gab es neue eingeborene >Konservative< und eingeborene >Radikale< aus alten Siedlerfamilien, wie man sagen konnte. Und diese Spaltung war manchmal mit völkischer oder nationaler Zugehörigkeit verknüpft, sofern das ihnen überhaupt etwas bedeutete.
    Eines Nachts sprach Art mit einigen von ihnen - die eine befürwortete die globale Regierung, der andere war ein Anarchist, der hinter allen lokalen Autonomievorhaben stand, und er fragte sie nach ihrer Herkunft. Der Vater der Globalistin war halb Japaner, ein Viertel Ire und ein Viertel aus Tansania. Ihre Mutter hatte eine griechische Mutter gehabt und einen Vater mit Eltern aus Columbien und Australien. Der Anarchist hatte einen nigerianischen Vater und eine Mutter aus Hawaii und hatte damit eine gemischte Ahnenreihe von den Philippinen, Japan, Polynesien und Portugal. Art schaute sie an. Wenn man in Kategorien ethnischer Stimmblöcke denken wollte - wie würde man diese Leute einordnen? Das ging nicht. Sie waren Eingeborene des Mars. Nisei, Sansei, Yonsei - welche Generation auch immer, sie waren großenteils durch ihre Eindrücke auf dem Mars geformt - areoformt, wie Hiroko es immer vorausgesagt hatte. Sie hatten oft innerhalb ihres nationalen oder ethnischen Hintergrundes geheiratet, aber viel mehr nicht. Und ungeachtet ihrer Abstammung tendierten ihre politischen Ansichten nicht dazu, diesen Hintergrund zu reflektieren (Art fragte sich, wie man sich die gräko-columbianisch-australische Position vorzustellen hatte), sondern ihre eigene Erfahrung. Diese war an sich recht vielfältig. Manche waren im Untergrund aufgewachsen, andere in den von der UN kontrollierten großen Städten und hatten erst später im Leben des Untergrundes oder sogar erst unmittelbar bei der Revolution bemerkt, was im Gange war. Diese Unterschiede wirkten dahin, sie viel mehr zu beeinflussen als der zufällige Fakt, wo ihre terranischen Vorfahren gelebt hatten.
    Art nickte, als die Eingeborenen ihm diese Dinge bei den langen durch Kava angeregten Parties, die bis tief in die Nacht liefen, erklärten. Bei diesen Parties waren die Leute zunehmend gut gelaunt, da der Kongreß, wie sie meinten, gut verlief. Sie nahmen die Debatten unter den Issei nicht sehr ernst. Sie waren zuversichtlich, daß ihre Ansichten sich im Kern durchsetzen würden. Der Mars würde unabhängig werden und von Marsianern regiert werden. Die Vorstellungen der Erde würden keine Rolle spielen. Alles weitere war nur noch eine Frage der Details. So gingen sie in den Komitees an ihre Arbeit, ohne den philosophischen Argumenten am runden Tisch viel Beachtung zu schenken. »Die alten Hunde knurren weiter«, lautete eine Mitteilung auf dem großen Anschlagebrett. Das schien eine allgemeine Ansicht der Eingeborenen auszudrücken. Und die Arbeit in den Komitees ging weiter.
    Das große Anschlagebrett war ein sehr guter Indikator der Stimmung des Kongresses. Art las es wie die Kleinanzeigen in der Zeitung, und eines Tages stand da die Mitteilung: »Du liebst chinesisches Essen.« Gewöhnlich waren die Anzeigen allerdings eher politischer Natur. Oft wurden in den vorangegangenen Konferenztagen diskutierte Dinge kommentiert, wie: »Keine Kuppel ist eine Insel.« - »Wenn du dir keine Behausung leisten kannst, ist das Stimmrecht ein schlechter Scherz.« - »Abstand halten, keine Geschwindigkeitsänderung, keine Zusammenstöße!« - »La salute non sipaga.« Dann gab es Dinge, die nicht gesagt worden waren: »Benimm dich gegenüber anderen!« - »Die Roten haben grüne Wurzeln.« - »Die größte Show auf Erde.« - »Keine Könige, keine Präsidenten.« - »Der Große Mann haßt die Politik.« - »Dennoch sind wir das Kleine Rote Volk.«
    Art war nicht weiter überrascht, als Leute an ihn herantraten, die Arabisch, Hindu oder eine Sprache redeten, die er

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