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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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gute Idee, ihn direkt in die Tropen zu bringen.«
    Nirgal rückte beiseite, um sich umzuschauen. Es war die Premierministerin. Sie sagte: »So leben wir immer« und durchbohrte Nirgal mit einem ärgerlichen, stolzen Blick.
    Aber Maya war nicht beeindruckt und sagte: »Wir fliegen nach Bern.«
    Sie flogen in einem kleinen, von Praxis gestellten Flugzeug in die Schweiz. Unterwegs sahen sie aus dreißigtausend Metern auf die Erde hinunter. Der blaue Atlantik, die gezackten Berge Spaniens, etwas wie die Berge des Hellesponts, dann Frankreich. Danach die weiße Mauer der Alpen, anders als alle Gebirge, die er je gesehen hatte. Die kühle Ventilation des Raumfliegers fühlte sich für Nirgal wie heimisch an, und es bekümmerte ihn, daß er die freie Luft auf der Erde nicht ertrug.
    »In Europa wird es dir besser gehen«, versicherte Maya.
    Nirgal dachte an den Empfang, der ihnen zuteil geworden war und sagte: »Sie lieben dich hier.« Überwältigt, wie er gewesen war, hatte er doch bemerkt, daß die Begrüßung durch die Duglas für die anderen drei ebenso begeistert gewesen war wie für ihn. Und Maya war besonders verehrt worden.
    Maya ließ das so hingehen und sagte: »Sie freuen sich, daß wir es überlebt haben. Für sie sind wir wie durch Zauberei von den Toten wiedergekehrt. Weißt du, sie haben uns für tot gehalten. Seit '61 bis gerade zum vorigen Jahr haben sie gedacht, die Ersten Hundert wären alle tot. Siebenundsechzig Jahre! Und diese ganze Zeit war auch ein Teil von ihnen tot. Daß sie uns so wiederbekommen haben, und in dieser Flut, wo sich alles ändert - ja. Das ist wie eine Sage. Die Rückkehr aus der Unterwelt.«
    »Aber nicht ihr alle.«
    »Nein.« Sie lächelte beinahe. »Damit müssen sie noch klar kommen. Sie denken, Frank lebt und auch Arkadij und John, obwohl John vor Jahren getötet wurde und alle das wußten! Jedenfalls eine Zeit lang. Aber Menschen vergessen Dinge.
    Und sie möchten, daß John Boone lebt. Und so vergessen sie Nicosia und sagen, er sei noch Teil des Untergrundes.« Sie lachte kurz, dadurch nicht aus der Ruhe gebracht.
    »Genau wie mit Hiroko«, sagte Nirgal. Er fühlte, wie sich seine Kehle verklemmte. Eine Welle der Trübsal wie die in Trinidad durchfuhr ihn und machte ihn blaß und gequält. Er glaubte - er hatte immer geglaubt -, daß Hiroko lebte und sich mit ihren Leuten irgendwo im südlichen Bergland versteckt hielt. Auf diese Weise hatte er den Schock der Nachricht ihres Verschwindens überwunden, er war ganz sicher, daß sie aus Sabishii entronnen war und wieder auftauchen würde, wenn sie die Zeit für gekommen hielt. Jetzt war er, ohne daß er einen Grund dafür wußte, nicht mehr so sicher.
    In dem Sitz auf der anderen Seite von Maya saß Michel mit angespannten Zügen. Plötzlich hatte Nirgal das Gefühl, in einen Spiegel zu schauen. Er wußte, daß sein Gesicht die gleiche Miene zeigte. Das spürte er in seinen Muskeln. Er und Michel hatten beide Zweifel - vielleicht wegen Hiroko, vielleicht wegen anderer Dinge. Das konnte man nicht sagen. Michel schien nicht geneigt zu sprechen.
    Und auf der anderen Seite des Flugzeugs beobachtete Sax sie beide mit seinem üblichen vogelähnlichen Blick.
     
    Sie fielen aus dem Himmel parallel zur großen Nordwand der Alpen und landeten auf einer Rollbahn zwischen grünen Feldern. Man brachte sie zu einem kühlen marsähnlichen Gebäude, dann treppab zu einem Zug, der sich metallisch anhob und aus dem Bau und über grüne Felder glitt. Eine Stunde später waren sie in Bern.
    In Bern waren die Straßen gedrängt von Diplomaten und Reportern, jeder mit einer Identitätsmarke an der Brust und jeder mit einem Auftrag, zu ihnen zu sprechen. Die Stadt war klein, altertümlich und felsenfest. Das Gefühl geballter Macht war greifbar. Enge, kopfsteingepflasterte Straßen waren von Steingebäuden mit Arkaden flankiert, alles so dauerhaft wie ein Berg. Der flinke Fluß Aare floß in einer S-Kurve hindurch und umfaßte den Hauptteil der Stadt in einem Halbbogen. Die in diesem Viertel eng beieinander lebenden Leute waren zumeist Europäer. Penibel aussehende Weiße, nicht so klein wie die meisten Terraner, wälzten sich in Gespräche verwickelt durch die Gassen. Und immer drängte sich eine große Anzahl von ihnen um die Marsianer und ihre Eskorte, die jetzt aus der Schweizer Militärpolizei in blauen Uniformen bestand.
    Nirgal, Sax, Michel und Maya erhielten Zimmer im Hauptquartier der Praxis in einem kleinen Steingebäude direkt oberhalb

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