MARS (XUN Ebook-Edition) (German Edition)
Enide stiegen Tränen in die Augen, denn sie konnten seinen Schmerz voll und ganz mitempfinden. Allein, ihnen fehlten die Worte, um zu versuchen Trost zu spenden. Wie konnten sie das auch, angesichts dessen, was ihnen und ihrer ganzen Welt bevorstand. Also nahmen sie rechts und links von dem verzweifelten Medokteur Platz, legten ihre Arme um ihn und teilten seinen tiefen Schmerz.
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In dieser Nacht, am folgenden Morgen und den ganzen Tag über diskutierten Garzin und Enide über das, was der Medokteur ihnen offenbart hatte und wie sie als Familie möglicherweise darauf reagieren sollten. Auch ihren Sohn Menfud, mit 16 Jahren schon fast ein Erwachsener, bezogen sie in ihre Überlegungen mit ein. Anisha lauschte den Gesprächen mit großen Augen. Obwohl sie in ihrem Alter noch nicht ganz verstand, um was es bei der hitzigen Diskussion ging, spürte sie doch, dass alles einen ziemlich ernsten Hintergrund hatte. Garzin, ihr Vater, hatte sich sogar bei seiner Arbeitsstelle krank gemeldet, so wichtig war ihm das Gespräch mit seiner Familie.
Nach vielen Argumentationsrunden, dem Abwägen des Für und Wider, dem Berücksichtigen aller Fakten, die ihnen bekannt waren, kam Familie Aschos am Abend zur alles entscheidenden Abstimmung.
„Also gut ...“, begann Garzin als Erster damit, seine Überlegungen auf den Punkt zu bringen. „Ob wir überhaupt für eine der ausgewählten Optionen, welche die Regierung vorbereitet, ausgewählt werden, steht noch in den Sternen geschrieben. Aber wenn, entscheide ich mich für Te Errana, unseren inneren Nachbarplaneten. Ich möchte die Sonne sehen, wenn ich morgens aufwache. Auch wenn das bedeutet, dass wir alle Annehmlichkeiten einer Zivilisation hinter uns lassen und wie unsere wilden Vorfahren bei Null beginnen müssen. Das ist mein Standpunkt. Enide?“
Garzins Ehefrau schwieg einen Moment und stieß dann, bevor sie ihre Entscheidung verkündete, einen tiefen Seufzer aus. „Ich habe mir meinen Entschluss nicht leicht gemacht. Te Errana wartet mit Schrecken auf uns: eine hohe Schwerkraft und eine ungewohnt dichte Atmosphäre werden das Leben für uns in der Anfangszeit zur Qual machen. Doch unsere Raumsonden sagen uns auch: diese Welt birst vor Leben! Sie ist fruchtbar und bietet alles, was wir zum Neuanfang benötigen. Wenn ich stattdessen an eine mögliche Evakuierung unter die Oberfläche von Marszan denke – nein, ich käme mir lebendig begraben vor, wie in einem Bestattungskasta! Meine Entscheidung lautet: Te Errana – wenn es uns denn vergönnt sein sollte!“
Enide ergriff die Hände ihres Mannes, lächelte ihm zu und wandte sodann gleichzeitig mit ihm ihr Gesicht dem ältesten Kind zu, ihrem Sohn Menfud.
Der hob beide Hände mit den Handflächen nach vorne gerichtet empor. „Sich wie Wurmgraber ins Innere des Planeten zu verziehen, wäre Nega-Leben! Und weil ich schon immer davon träume, als Sternaut durch das All zu reisen und fremde Welten zu erforschen, stimme ich für Te Errana. Klare Praktik und damit abgezählt!“
„Na, ich denke, das ist dann wohl ein klares 'Ja', wenngleich ich zugeben muss, nicht alles verstanden zu haben, was du so von dir gegeben hast, junger Mann“, meinte Garzin Stirn runzelnd zu seinem Sohn.
Dann wanderte sein Blick zu der kleinen Anisha, die von ihrem Sitzkissen aufstand und mit ihrem Kuschel-Wuwu im Arm zu ihrer Mutter ging und auf deren Schoß kletterte.
„Mama, ist unsere Welt wirklich so krank?“, wollte sie dann von ihrer Mutter wissen.
Enide schaute in die großen Augen ihrer Tochter und fand darin mehr Sorgen, als ein kleines Mädchen von fünf Jahren haben sollte.
„Ja, mein Liebes“, antwortete sie dann Kopf nickend. „Unsere Welt ist sehr krank!“
„Und das macht mich dann auch krank?“
Wieder nickte Enide, während Garzin seiner Tochter beruhigend über das seidige Haar streichelte.
„Gibt es denn keine Medizin gegen diese Krankheit?“
„Leider nein, Anisha.“ Enide musste mit den Tränen kämpfen, als sie ihrer Kleinen antwortete. „Deshalb können wir nur versuchen, uns in Sicherheit zu bringen. Entweder in große Höhlen unter der Erde, oder auf unserer Nachbarwelt.“
Anisha schwieg einen Moment lang und man sah es ihr an, wie sehr ihr junges Gehirn hinter ihrer Stirn arbeitete.
„Dann möchte ich auch nicht in die dunklen Höhle gehen“, sagte sie dann mit kindlichem Ernst. „Dafür habe ich die Sonne zu gerne!“
„Ach Kleines ...“ Enide zog Anisha an sich und drückte sie
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