MARS (XUN Ebook-Edition) (German Edition)
Stimme.
Der Fremde hob fragend eine Augenbraue.
Ko griff zielsicher nach der Klinge des Mannes, umschloss sie mit festem Griff und stieß zu. Es war alles, was er konnte. Ein Zurück gab es nicht mehr. Nur noch den Tanz auf Messers Schneide. Und diesen würde er nun zu Ende tanzen.
Dieter Bohn
Taraxacum Terrestris
»Ist er nicht schön?«
Abdurahim Kalans Atem schlug sich am axialen Bullauge nieder. Sein Gesicht war in einen roten Schein getaucht. Mit einem Ärmel wischte er über die Scheibe, den Blick unverwandt nach draußen gerichtet. »Kaum zu glauben, dass seit fast fünfzig Jahren Menschen dort unten leben.«
Joseph Voda stieß sich von seinem Platz ab und kam langsam zu ihm herüber geschwebt. Abdurahim zog sich zur Seite, um dem Exobiologen Platz zu machen.
»Ist das Blinken da hinten die MSS? «, fragte Joseph nach einem langen Blick.
»Lass mal sehen!« Abdurahim manövrierte sich wieder neben ihn. Er kniff die Augen zusammen und beschattete die strahlend helle Planetenscheibe mit der Hand. »Eigentlich dürfte man die Mars Space Station von hier aus gar nicht sehen können. Das könnte aber ein Shuttle sein, das sich zur Oberfläche runterschraubt …oder das gerade hoch kommt.«
Er berührte eine Taste an seinem Armbandintercom. »Irina?«
Es dauerte nur Sekunden, dann erklang die Stimme der Kommandantin aus dem Gerät. »Ja?«
»Können wir die MSS sehen?«
»Treibt ihr euch wieder im Observatorium rum?«
»Jawohl, Genossin Kommandant!«
Ein Seufzer erklang aus dem Intercom. »Ich checke mal die Bahndaten.« Sie ließ sich einige Minuten Zeit. »Nein, die Station ist vor einer halben Stunde hinter dem Planeten verschwunden. Was ihr sehen könnt, ist entweder der Wettersatellit Mantis oder der Marsversorger Alpha . Beide sind … Moment!«
Irina Nostova unterbrach die Verbindung.
Joseph hob fragend die linke Augenbraue. Abdurahim zuckte mit den Schultern und wollte sich gerade wieder zum Bullauge umdrehen, als die Stimme der Kommandantin erneut erklang.
»Gerade kam eine Ankündigung rein. In zehn Minuten empfangen wir eine Prio-Eins-Meldung. Das heißt vollzählig antreten . Es wird also Zeit, dass ihr wieder nach unten kommt! Dawei !«
Joseph seufzte, stieß sich von der Wand ab und schwebte zur Luke in der Mitte der kreisförmigen Bodenplatte. Er öffnete den Verschluss und schwang sich in den zylindrischen Schleusenraum dahinter, der sich langsam um seine Achse drehte. Abdurahim folgte ihm und schloss die Luke hinter ihnen.
Joseph Voda starrte gedankenverloren durch seinen Kollegen hindurch.
»Es wird Krieg geben!«, sagte er.
Kalan nickte. »Ich weiß!«
*
Das Observatorium am Ende der Kyklop drehte sich entgegengesetzt zum Primärkörper des Raumschiffes, so dass es relativ zum umgebenden Sternenmeer – und zur Erde weit hinter ihnen – stillstand.
Die Versuche der frühen Langzeitaufenthalte auf der alten International Space Station hatten gezeigt, dass auch das ausgeklügelte körperliche Training der damaligen Astronauten kein auf Dauer wirksames Mittel gegen den schädlichen Einfluss der Schwerelosigkeit auf Knochenstabilität, Muskelmasse und Immunsystem war. Aus diesem Grund war der zylindrische Körper, der die eigentliche Kyklop ausmachte, von einem gewaltigen Torus umgeben. Beide Komponenten waren durch Speichen miteinander verbunden und rotierten um die gemeinsame Längsachse. Während im Hauptkörper annähernd Schwerelosigkeit herrschte, erzeugte die Rotation im Torus einen ausreichenden Ersatz für die fehlende Schwerkraft. Diese Bauweise hatte sich schon bei den Missionen zur Errichtung der bemannten Stationen auf dem Mars und den Jupitermonden Europa und Ganymed bewährt.
Die beiden Männer griffen nach Halterungen in den Wänden des Schleusenraums und passten sich an die Drehgeschwindigkeit der Kyklop an. Schließlich konnte Abdurahim die Luke in der Wandrundung der Schleuse öffnen. Der Schacht, der sich dahinter auftat, führte durch eine der drei Speichen zum Torus . Mit den Füßen voraus bugsierte er sich in den engen Schacht.
Joseph folgte ihm dichtauf. Während sie sich schwebend von einer, der in der Wand eingelassenen Sprossen, zur anderen hangelten, nahm der Zug nach unten immer mehr zu. Schließlich wurde der Einfluss der Fliehkraft so stark, dass sie ihre Füße zu Hilfe nehmen mussten. Von da an
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