MARS (XUN Ebook-Edition) (German Edition)
Zulu-Zeit alle diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Staaten abgebrochen. Die Europäische Union hat den Bündnisfall ausgerufen und wird in wenigen Stunden die Generalmobilmachung anordnen. Auf den Territorien der Afrikanischen Allianz gibt es bereits die ersten Angriffe auf amerikanische Botschaften. Welche diplomatischen Standpunkte das Neue Zarenreich, oder die Volksrepublik China einnehmen werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch vollkommen offen. «
Dacosta ließ das Blatt sinken und blickte direkt in die Kamera.
»Joseph, Abdurahim, in wenigen Stunden werden sich ihre Länder im Kriegszustand befinden. Und Irina, unsere Länder werden mit Sicherheit in den Strudel der Gewalt mit hineingerissen werden. Wir wissen nicht, was ihnen ihre jeweiligen Regierungen in den nächsten Stunden für Anweisungen auf den gesicherten Kanälen zukommen lassen werden. Was wir aber alle hier unten wissen ist, dass ihr Zusammenleben in den nächsten Monaten auf eine harte Probe gestellt werden wird. Und auch das der Besatzung, die turnusmäßig nach ihnen dran ist.
Wir können jetzt noch nicht wissen, wie die Welt aussehen wird, wenn die Kyklop den Titan erreicht und der Rest der Besatzung aus seinen Schlafkammern geweckt wird. Ob es sie überhaupt noch in ihrer jetzigen Form geben wird. Es wird jedoch zu Spannungen unter der multinationalen Besatzung kommen . Spannungen, die das Leben von euch allen gefährden können. Das Zeitfenster, um die Gravitation des Mars‘ für eine Bahnänderung zu nutzen, schließt sich in wenigen Stunden. Und auch der Jupiter steht unerreichbar in Opposition. Darum müssen wir innerhalb der nächsten Stunden entscheiden, ob wir die Mission sofort abbrechen, oder ob uns nichts anderes übrig bleibt, als die lange Reise zum Saturn durchzuführen. Wir werden allerdings auf jeden Fall die komplette Besatzung am Ziel nicht auftauen, sondern das Schwerefeld des Saturns für den sofortigen Rücksturz nutzen. «
*
Das Handrad an der Luke drehte sich, dann schwang sie sanft auf. Irina streckte ihren Kopf in das Halbdunkel des Observatoriums. Sie zögerte, ließ die Hand am Handrad.
»Hab ich mir fast gedacht, dass ihr hier seid. «
Ihr Körper verdeckte einen Teil des Lichtes aus dem Schleusenraum, das die beiden Männer blendete. Sie hatte anscheinend vergessen, ihre langen Haare zu binden und nun wogten sie in der Schwerelosigkeit hin und her, wie ein Seegrasfeld in der Dünung.
»Darf ich … zu euch kommen? «
Joseph drehte sich wortlos um und sah wieder nach draußen, wo die Scheibe des Mars’ – der Rotation der Kyklop folgend – gerade aus dem Sichtfeld verschwand.
Abdurahim sah sie eine Weile wortlos an, dann nickte er. »Das hier ist nicht die private Datscha zweier sentimentaler Narren! «
Irina schwebt in den zylindrischen Raum und schloss die Luke hinter sich. Sie zögerte in der plötzlichen Dunkelheit. Abdurahim reichte ihr eine Hand und sie ließ sich bereitwillig zu seinem Platz am lateralen Bullauge ziehen. Lange Zeit blickte sie wortlos in das Sternenmeer, das sich unter ihnen wegdrehte.
»Ist das die Erde? « Sie deutete mit einer Kopfbewegung zu einem hellen Stern.
Abdurahim nickte.
»Und sie ist auch nicht unser privater Besitz. Obwohl manche meinen, sie könnten auf der Erde … mit der Erde alles machen! «
Irina drehte sich vom Fenster weg, drückte sich mit ihrem Arbeitsoverall an eine der vielen Klettflächen, wie sie überall im Bereich der Mikrogravitation zu finden waren und starrte in die Dunkelheit des Observatoriums. Eine Weile lauschte sie dem feinen Singen des Ionenantriebs. »Wie können die nur auf die Idee kommen, die Mission abzubrechen? Wo wir schon so weit gekommen sind! «
»Du hast es doch gehört: Es kann zu Spannungen unter der multinationalen Besatzung kommen, die das Leben aller gefährden . « Joseph ahmte den Tonfall Dacostas nach, ohne seinen Blick vom Mars abzuwenden.
»Was zählen hier draußen Nationen ? Wenn es Menschen gibt, die über kleingeistigem Nationalgetümmel stehen, dann sind wir es. Wir , die wir die Erde von draußen gesehen haben, in ihrer ganzen zerbrechlichen Pracht!«
Unbewusst nahm Irina Nostova eine gekrümmte Haltung ein. Sie schlang die Arme um ihre Beine und starrte dumpf brütend vor sich hin.
Nun drehte sich Joseph Voda doch um. Ihre Pose erinnerte ihn an seine jüngere Schwester, wie sie früher auf ihrem Bett gesessen hatte, wenn sie wütend oder traurig war.
»Es wird Krieg geben
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