MARS (XUN Ebook-Edition) (German Edition)
auch ein paar Oliven. Das Essen in der Mall ist sehr teuer, wirklich. Man weiß ja auch nie, was da alles so drin steckt. Nein, ich mache mir lieber selber die Pausenbrote und nehme noch etwas Obst und Gemüse mit, wegen der Vitamine. Die sind wichtig für den Körper und der Gesundheit. Meine Schuhe, die habe ich mir auch selbst ausgesucht. Es sind Schwarze, halbhoch mit dicken Schnürbändern. Die kann ich überall anziehen. Da schaut mich keiner schief an, obwohl ich beim Gehen immer etwas humple. Es ist sehr wichtig, dass einen keiner schräg anschaut. Das wäre doch sehr unangenehm, oder?
Die Leute hier im Viertel kennen mich. Und natürlich kennen mich auch die, die bei mir auf dem Campingplatz wohnen. Die kennen mich am besten. Sie sind alle sehr nett zu mir. Ja, wirklich, sie haben mir sogar einen Spitznamen gegeben. Einen Spitznamen bekommt ja nur jemand, der von anderen richtig gemocht wird. Sie nennen mich den Koffer-Mann . Lustiger Name, was? Und nur, weil ich meinen Koffer immer bei mir habe. So sind die Leute eben.
Meine Eltern kamen nach Kalifornien, als ich noch ein kleines Kind war. Wir kamen direkt aus Michigan hierher. Mein Vater war Schweißer bei Oldsmobil gewesen, glaube ich. Er stand den ganzen Tag in einer staubigen, dunklen Fabrik und baute Autos. Ich mag keine Autos. Hab nie einen Führerschein gemacht, weil mein linkes Bein nicht so gut funktioniert. Meine liebe Mom war damals Hausfrau. Als es in der Autofabrik nicht mehr so recht lief, entschlossen sich meine Eltern mit mir ins warme Kalifornien umzuziehen. Mutter hatte gehofft, dass durch das warme Klima auch die Sache mit meinem Bein besser würde. Leider nicht. Vater hatte hier einen neuen Job bekommen, von dem er aber nie viel geredet hat. Eigentlich weiß ich gar nicht richtig, was er hier gemacht hatte, aber das ist nicht schlimm. Vielleicht hat es meine Mom gewusst, das reichte aus. Wir lebten vom ersten Tag an hier auf diesem Campingplatz in Anaheim. Ich blieb ein Einzelkind und Mom Hausfrau. Vater war viel und lange weg. Wegen des Jobs, sagte er immer. Wenn er dann aber zu Hause war, spielte er mit mir Baseball und solche Sachen. Unser mobiles Haus hing damals an dem alten Kombi, mit dem Dad den Weg von Michigan hierher gefahren ist. Den Kombi hatte er irgendwann gegen ein gelbes Sportcoupe von Oldsmobil eingetauscht. War ja klar. Da hatte er schließlich mal gearbeitet. Der Wagen war der neuste Schrei, mit Chromfelgen und schwarzen Streifen auf der Motorhaube. Jetzt steht er seit dreißig Jahren unter dem Baum hinterm Haus. Ist das schon so lange her? Wie die Zeit vergeht, finden Sie nicht auch? Ehe man es sich versieht, sind die Jahre vergangen. Ich bin auch schon weit über dreißig und meine Eltern sind schon lange tot. Dad`s Auto wollte ich nie verkaufen. Wie auch, denn das ist ja gar nicht so einfach. Wie jeder weiß, sind Autohändler Menschen mit üblen Manieren. Denen traue ich nicht. Also bleibt das Auto da wo es jetzt ist. Vielleicht mache ich doch noch mal einen Führerschein. Aber nur dann, wenn Trixie, meine Nachbarin, mit mir fährt. Trixie ist sehr nett und auch sehr hübsch. Aber das sage ich lieber Niemanden. Ich denke, das ist besser so.
Mein Haus steht am hinteren Ende. Ganz hinten, da wo die dicke Mauer die Sicht auf das Wohnviertel dahinter versperrt. In meiner Ecke ist es ruhig und am Morgen kann ich die Sonne aufgehen sehen. Nachmittags ist da auch schön viel Schatten, weil ein alter Ahornbaum direkt neben meinem Haus steht. Es ist hier sehr angenehm. Wirklich, ich lebe gern hier. Andere Menschen können sich nicht vorstellen, auf einem Campingplatz zu wohnen. Doch hier in Amerika leben viele Menschen auf einem Campingplatz. So ist das einfach hier. Wenn ich in den Abendstunden von der Arbeit komme, gehe ich über den ganzen Platz zu meinen Wohnwagen. Da sehe ich oft Trixi. Sie ist ein verrücktes Mädchen und immer lustig. Sie hat so viele Haare, dass sie aussieht, wie ein Löwe. Aber ihre Augen leuchten lustiger, als bei einem Löwen. Ich habe mal einen im Zoo gesehen, der hatte nicht so freundlich geschaut. Trixie ist aber immer nett zu mir. Deshalb mag ich sie auch. Sie hat hier auch ein eigenes, mobiles Haus. Sie lebt schon viele Jahre hier. Ich weiß gar nicht, ob sie irgendwo arbeiten geht. Ich frage auch lieber nicht. Man soll ja nicht so neugierig sein, wissen Sie? Außerdem kenne ich mich mit Frauen auch nicht so aus. Das ist ja so eine Sache für sich. Ich kenne nicht viele von ihnen.
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