Mars
Raumanz ü gen sich schwerf ä llig wie eine kleine Herde bunter Nilpferde in Bewegung setzten. Eine Staubwolke spritzte in Joannas N ä he auf, aber sie schien es nicht zu bemerken. Er lief auf sie zu, so schnell er konnte, und kam sich dabei wie eine galoppierende Schildkr ö te vor; gleichzeitig fummelte er an den Helmfunkreglern an seinem Handgelenk herum, um Connors ’ dr ä ngende Stimme leiser zu stellen.
Er kam bei Joanna an, als diese sich endlich Richtung Kuppel in Bewegung setzte. Jamie bremste ein wenig ab, um sich ihrem Tempo anzupassen. Er wu ß te, da ß er nicht mit ihr sprechen konnte, weil Connors die Anzug-zu-Anzug-Frequenz mit seinem Gebr ü ll ü berflutete. Statt dessen streckte er die Hand aus und ber ü hrte sie an der Schulter. Durch das get ö nte Visier ihres Helms konnte er ihr Gesicht nicht sehen; er konnte nicht erkennen, wieviel Angst sie hatte. Dann merkte Jamie, da ß er selber Angst hatte; er war in kalten Schwei ß gebadet und zitterte.
Ü berall um sie herum stoben Staubwolken vom Boden auf, als ob ein Trupp Gewehrsch ü tzen sie unter Feuer genommen h ä tte. Etwas knallte hinten gegen seinen Helm; eigentlich war es nur ein leises Klopfen, aber er erschrak so sehr, als h ä tte er eine Kugel abbekommen. Er blickte auf und sah, da ß die Kuppel hier und dort von auftreffenden Meteoriten eingeteilt wurde. O mein Gott, wenn einer von ihnen die Wand durchschl ä gt …
Einer tat es. Jamie sah, wie das transparente Material im unteren Bereich der Kuppel einen Moment lang Falten warf, dann spritzte ein kleiner Geysir aus Gischt in die trockene, d ü nne Luft, als w ü rde ein Wal blasen.
» Die Kuppel hat ein Loch! « schrie jemand.
Das Loch wurde gr öß er, entwickelte sich zu einem klaffenden Ri ß ; feuchte Luft scho ß in die Marsatmosph ä re hinaus, und das Kunststoffmaterial der Kuppel begann durchzusacken.
Nachdem er in diesem ersten Augenblick einer Panik nahe gewesen war, überkam Wosnesenski eine kalte Ruhe. Während die anderen zu ihren Anzügen rannten, bog er ab, lief innen an der Peripherie der Kuppel entlang und vergewisserte sich, daß die Reparaturflicken noch dort waren, wo sie hingehörten. Er hatte die Flicken erst einen Tag zuvor im Rahmen seiner regulären Routineinspektion kontrolliert. Aber nun überprüfte er sie erneut, während ein Hagel von Pock-Pock -Geräuschen sanft über seinem Kopf niederging, beinahe übertönt von den ängstlichen Stimmen von Toshima und den anderen Flüchtenden, die sich verzweifelt bemühten, in ihre Anzüge zu kommen.
Er sah nicht, wie die Kuppel ein Loch bekam. Der Meteorit, der beide Kunststoffschichten durchschlug, war ein fast mikroskopisch kleines Staubkorn. Aber Wosnesenski hörte ein anderes Geräusch, als würde jemand abrupt und heftig Atem holen – ein Laut, wie ihn ein Mensch von sich gibt, wenn er in die Brust gestochen wird.
Er sp ü rte den Zug, als die Luft in der Kuppel zu dem Loch str ö mte. B ü cher flatterten offen im Wind; lose Papiere flogen wie ein Schwarm aufgescheuchter V ö gel in der Kuppel umher. Das Zischen wurde lauter, entwickelte sich zu einem Seufzen, einem rauschenden Luftstrom.
Wosnesenski wirbelte herum und sah, wie Dutzende der leichten Reparaturflicken vom Boden abhoben und an die Kuppelwand gesaugt wurden. Dort blieben sie platt und mit wild flatternden R ä ndern kleben, als die Luft an ihnen vorbeirauschte und aus der Kuppel entwich. Die Kunststoffw ä nde zwischen den steifen St ü tzrippen der Kuppel sackten ein. Die Wand ri ß wesentlich schneller auf, als die Flicken das Loch schlie ß en konnten.
Mit knackenden Ohren und klopfendem Herzen rannte Wosnesenski zu der Stelle, b ü ckte sich, um weitere Reparaturflicken aufzuheben, und knallte sie auf das gr öß er werdende Loch. Sie rutschten herunter, wollten nicht haften. Sie flatterten immer noch, und Wosnesenski h ö rte die Luft in der Kuppel inzwischen br ü llen, wie sie in das Beinahe-Vakuum drau ß en hinausrauschte. In ein paar Minuten w ü rde nichts mehr von ihr ü brig sein. Die Kraft des entweichenden Windes zerrte an ihm, versuchte, ihn durch das Loch in der Wand ins t ö dliche Freie hinauszusaugen.
Ohne ein Wort zu sagen oder jemanden zu rufen, k ä mpfte er sich breitbeinig zum Zentrum der Kuppel zur ü ck, stemmte sich gegen den Wind, taumelte wie ein Betrunkener, bahnte sich m ü hsam seinen Weg an den Arbeitspl ä tzen der Wissenschaftler vorbei, umging St ü hle in der Messe, die achtlos irgendwo
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