Mars
kleines Flittchen wollte mir seine Nummer nicht geben. «
» Das war seine Stellvertreterin, Herrgott noch mal! Sie h ä tten ’ s ihr erz ä hlen sollen! «
» Die h ä tte mich eiskalt abserviert. «
»Na und? Das Network hätte die größte Story aller Zeiten zuerst gebracht!«
Scheiß auf das Network, dachte Edith. Laut sagte sie: »Ich habe versucht, ihr zu erklären, wie wichtig es war. Sie wollte es mir einfach nicht glauben. Ich wette, selbst wenn ich ihr erzählt hätte, worum es ging, hätte sie mich bloß für eine arme Irre gehalten.«
» Mein Gott, Edie, ich sitze selber ganz sch ö n in der Patsche. Ich kann froh sein, wenn sie mich nicht auch noch feuern! «
» Ja, das w ä re wirklich sehr schade « , sagte Edith. Ihre Stimme war schrill vor Wut. Ich hoffe, sie feuern euch Arschl ö cher allesamt, f ü gte sie im stillen hinzu, w ä hrend sie auflegte.
Als Alberto Brumado sie sp ä ter an diesem Morgen auf dem Weg zum NASA-Hauptquartier abholte, erz ä hlte Edith ihm ihre schlechten Neuigkeiten.
» Nun ja « , sagte er und lie ß den Blick durch das auf dezente Weise prunkvolle Hotelfoyer schweifen, » ich denke, du k ö nntest zu mir ziehen. «
Edith sp ü rte, wie ihre Augenbrauen in die H ö he gingen.
Brumado setzte sein jungenhaftes L ä cheln auf. » In der obersten Etage des Hauses gibt es eine G ä stesuite. Da kannst du ganz f ü r dich sein. Mehr wollte ich damit nicht sagen. «
Edith erwiderte sein L ä cheln. » Ich wei ß es zu sch ä tzen, Alberto. Ich mu ß nat ü rlich irgendwo unterkommen – bis ich wieder einen Job finde. «
» Vielleicht kann ich dir auch dabei helfen. Ich habe viele Bekannte unter den Presseleuten. «
Edith fragte sich erstaunt, wie clever Brumado wirklich war; sie hatte sehr wohl verstanden, da ß die Presseleute, von denen er sprach, f ü r ihn nur Bekannte waren und keine Freunde.
SOL 38
MORGEN
Jamie erwachte weit vor der Morgendämmerung. Der Wind hatte aufgehört! Flach auf seiner Liege ruhend lauschte er. Der Sturm mußte vorbei sein. Von dem Wind war nichts zu hören, und die einzigen Geräusche in dem abgedunkelten Rover waren Connors’ unruhiges Schnarchen und das leise Rascheln von Joanna, die sich auf ihrer Liege direkt über ihm umdrehte. Und das stetige Summen der Stromversorgung und der Lüfter im Hintergrund.
Langsam und leise schlüpfte er aus der Koje und tappte in Socken und Overall zum Cockpit. Er zog den Thermovorhang beiseite. Stille, schwarze Nacht draußen. Auf dem Mars gab es kein wahrnehmbares Mondlicht; seine beiden Satelliten waren zu klein, um viel Licht auf die Oberfläche des Planeten zu werfen. Jamie schaltete die Scheinwerfer des Rovers ein. Die Luft war klar. Er konnte die Felswand draußen sehen; grau und zerklüftet stand sie da, wie der Geist eines uralten Großvaters.
Er schaltete die Scheinwerfer rasch wieder aus, schlo ß den Vorhang und schl ü pfte in seine Koje zur ü ck, froh dar ü ber, da ß der Sturm tats ä chlich aufgeh ö rt hatte. Er kroch unter die d ü nne Decke und schlief bald wieder ein.
Er tr ä umte von Joanna. Sie gingen zu zweit in normaler Stra ß enkleidung durch die W ü ste. Er konnte nicht sagen, ob die W ü ste auf der Erde oder auf dem Mars war. Eine Stadt leuchtete wei ß am Horizont und funkelte in der hei ß en Sonne. Aber so lange sie auch gingen, die Stadt kam nicht n ä her. Sie stapften stundenlang dahin, m ü de, durstig, verschwitzt, aber die schimmernden T ü rme waren immer noch nicht mehr als eine Hoffnung in der Ferne. Die Kr ä fte verlie ß en sie. Joanna brach in seinen Armen zusammen; auf einmal war sie nackt. Sie sanken beide sterbend in den brennenden Sand, zu schwach, um noch weiterzugehen.
Jamie hatte seinen Fetisch in der Hand, aber der kleine steinerne B ä r war in der f ü rchterlichen Hitze geschmolzen und rann ihm zwischen den Fingern hindurch.
Er griff danach, w ü hlte im Sand, um ihn zur ü ckzuholen; dann wachte er auf und merkte, da ß er die Hand in das Laken krallte, das sich zwischen seinen Beinen verheddert hatte.
Verlegen stand Jamie auf und ging zum Waschraum, bevor einer der anderen aufwachte. Zum ersten Mal, seit sie die Kuppel verlassen hatten, rasierte er sich. Das Rasiermesser schien ihm in die Haut zu schneiden, aber es kam kein Blut. In mir ist kein Blut mehr drin, dachte Jamie m ü de. Das Rasierwasser brannte, als er es sich ins Gesicht klatschte, aber der scharfe Schmerz war beinahe angenehm, weil ihn nun schon seit Tagen
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