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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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Vielleicht würde er eines Tages auch mich nicht mehr ertragen können, und das musste ihn beunruhigen.
    »Ich höre auf, Fabio.«
    Er deutete mit einer allumfassenden Geste in den Raum. Der große Saal mit seinen zwanzig Tisch en, der Babystuhl in der Ecke — ei ne Rarität aus den Sechzigerjahren —, hinten die Theke aus Holz und Zink, die Fonfon jeden Morgen sorgfältig blank putzte. Und die Gäste. Zwei Gestalten an der Theke. Der erste in die Lektüre von L' É quipe ve r tieft und der zweite, der über seine Schulter auf die Sportergebnisse schielte. Zwei Alte, die sich fast gegenübersaßen. Der eine mit dem Provençal, der andere mit La Marseillaise. Drei Schüler, die sich ihre Ferienerlebnisse erzählten, während sie auf den Bus warteten.
    Fonfons Welt.
    »Erzähl keine Geschichten!«
    »Ich hab mein ganzes Leben hinter einer Theke gestanden. Seit ich mit meinem armen Bruder Luigi nach Marseille gekommen bin. Du hast ihn nicht kennen gelernt. Mit sechzehn haben wir angefangen. In der Bar de Lenche. Er ist Hafenarbeiter geworden. Ich hab im Zanzi gearbeitet, im Jeannot an den Cinq-Avenues und im Wagram am Alten Hafen. Als ich nach dem Krieg ein bisschen Geld hatte, hab ich mich hier niedergelassen, in Les Goudes. Es ging uns gut, oh ja. Das ist vierzig Jahre her.
    Früher kannten wir uns alle. Den einen Tag halfst du Marius, seine Kneipe neu zu streichen. Den anderen war er es, der dir beim Aufmöbeln deiner Terrasse zur Hand gegangen ist. Wir sind zusammen zum Fischen rausgefahren. Mit der alten Tartane, einem Segelboot. Damals lebte der arme Toinou noch, Honorines Mann. Und was für Fänge wir machten! Wir haben sie nie aufgeteilt. Nein, wir kochten riesige Töpfe Bouillabaisse, mal beim einen, mal beim anderen. Mit Frauen und Kindern. Zwanzig, dreißig Leute waren wir manchmal. Und lustig war es! Ja, deine Eltern, wo immer sie jetzt sein mögen —Gott hab sie selig —, erinnern sich sicher noch daran.«
    »Ich weiß es noch, Fonfon.«
    »Ja, du wolltest nur Suppe mit Croutons. Keinen Fisch. Du hast vor deiner armen Mutter einen Riesenzirkus veranstaltet.«
    Er schwieg, verloren in den Erinnerungen an die »gute, alte Zeit«. Dreckspatz, der ich war, spielte ich am Hafen seine Tochter Magali ertränken. Wir waren gleich alt. Alle sahen uns schon als verhei - ratetes Paar, uns beide. Magali war meine erste Liebe. Die Erste, mit der ich geschlafen habe. Im Bunker über der Disko La Maronnaise. Am nächsten Morgen wurden wir kräftig zusammengestaucht, weil wir nach Mitternacht nach Hause gekommen waren.
    Wir waren sechzehn.
    »All das ist lange her.«
    »Das ist es ja, was ich sagen will. Wir hatten jeder unseren eigenen Kopf, verstehst du. Wir beschimpften uns schlimmer als die Fisch - weiber. Und du kennst mich, ich war nicht der Letzte. Ich hatte immer eine große Klappe. Aber wir respektierten uns. Heute spuckt man dir ins Gesicht, wenn du Leute, die ärmer als du sind, nicht mit Füßen trittst.«
    »Was wirst du tun?«
    »Ich mache zu.«
    »Hast du mit Magali und Fredo darüber gesprochen?«
    »Tu nicht dümmer, als du bist! Wann hast du Magali zum letzten Mal hier gesehen? Und die Kinder? Sie kehren seit Jahren die Pariser raus. Mit dem ganzen Krempel, der dazugehört, und dem ent - sprechenden Auto. Im Sommer ziehen sie es vor, sich den Hintern bei den Türken, in Benidorm oder auf was weiß ich für Inseln braun brennen zu lassen. Das hier ist nur ein Ort für Versager wie wir. Und Fredo, nun, vielleicht ist er längst tot. Als er mir letztes Mal geschrieben hat, wollte er ein ristorante in Dakar aufmachen. In - zwischen haben ihn die Neger wahrscheinlich bei lebendigem Leibe verspeist! Willst du einen Kaffee?«
    »Gern.«
    Er stand auf. Er legte eine Hand auf meine Schulter und beugte sich zu mir herab, seine Wange streifte die meine.
    »Fabio, du brauchst nur einen Franc auf den Tisch zu legen, und die Kneipe gehört dir. Ich hab immer wieder darüber nachgedacht. Du willst doch nicht ewig so weitermachen, ohne was zu tun, oder? Geld kommt und geht, aber es bleibt nie lange. Also, ich behalte mein Häuschen, und du musst mir nur versprechen, mich neben meiner Louisette zu begraben, wenn ich sterbe.«
    »Verdammt! Aber du bist doch noch nicht tot!«
    »Ich weiß. Das gibt dir etwas Zeit, darüber nachzudenken.«
    Und er verschwand Richtung Theke, ohne dass ich noch ein W ort hinzufügen konnte. Um ehrlich zu sein, ich wusste auch nicht, was ich sagen sollte. Sein Vorschlag machte mich

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