Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
das interessiert. Basketball. Wir rauchen nicht, wir trinken nicht. Das ist die Regel. Keiner von uns. Sonst schmeißt Anselme uns raus. Ich gehe oft zu ihm. Zum Essen und Schlafen. Das ist cool.«
Er versank in Schweigen. Die Viertel im Norden der Stadt mit ihren tausendfach erleuchteten Fenstern glichen Schiffen. Große verlorene Schiffe. Geisterschiffe. Jetzt begannen die schlimmsten Stunden. Die Stunden der Heimkehr. Die Stunden, in denen man merkte, dass man in den Betonklötzen weit weg von allem war.
In meinem Kopf ging es drunter und drüber. Ich musste das alles erst mal verdauen, was ich soeben gehört hatte, aber dazu war ich nicht in der Lage. Was mir am meisten Kopfzerbrechen machte, waren die beiden Typen, die hinter Naïma her waren. Die den Großvater zusammengeschlagen hatten. Hatten sie Hocine und Guitou auf dem Gewissen? Waren es dieselben, die mich letzte Nacht verfolgt hatten? Ein Korse. Der Fahrer des Safrane? Bal ducci? Nein, unmöglich. Woher konnten sie wissen, dass auch ich Naïma suchte? Und so schnell? Herausfinden, wer ich bin und so weiter. Undenkbar. Die Typen von letzter Nacht mussten mit Serge zu tun haben. Ganz offensichtlich. Die Bullen hätten mich hochgenommen. Sie waren mir gefolgt. Ich war am Tatort gewesen. Ich konnte ein Kumpel von Serge sein. Sein Komplize bei was weiß ich für einem Ding. Worauf Pertin übrigens spekulierte. Deshalb wollten sie mir das Fell gerben. Das war logisch Oder einfach nur rauskriegen, was ich in der Hand hatte. Ja, so musste es sein.
Bei Notre-Dame-Limite trat ich so hart auf die Bremse, dass Mourad aus seinen Gedanken aufschreckte. Ich hatte eine Telefonzelle entdeckt. »Nur zwei Minuten.«
Marinette hob beim zweiten Klingeln ab.
»Entschuldigen Sie vielmals, dass ich Sie noch einmal störe«, sagte ich, nachdem ich mich vorgestellt hatte. »Aber Sie haben heute Nachmittag nicht zufällig ein etwas auffälliges Auto bemerkt?«
»Das von Monsieur Hamoudis Angreifern?« Marinette redete nicht lange um den heißen Bre i herum. In diesen Vierteln bleibt nichts unbemerkt, ebenso wenig wie in den Vorstädten. Ganz besonders ein neues Auto. »Ich nicht. Ich hatte meine Haare aufgedreht. Dann gehe ich nicht auf die Straße. Aber Emile, mein Mann, ja. Ich hab ihm das alles erzählt, verstehen Sie. Da hat er gesagt, dass er ein großes Auto gesehen hat, als er aus dem Haus gegangen ist. Gegen drei. Es fuhr die Straße hinunter. Emile war auf dem Weg in die andere Richtung, zu Pascal. Das ist die Bar an der Ecke. Er spielt dort jeden Nachmittag Belote. Dann hat er etwas zu tun, der arme Kerl. Was meinen Sie, wie er das Auto bestaunt hat! So was kriegt man nicht alle Tage zu sehen. Und schon gar nicht in unserem Viertel! Höchstens im Fernsehen.«
»Ein schwarzes Auto?«
»Warten Sie 'n Moment. Emile! War er schwarz, der Wagen?«, rief sie ihrem Mann zu.
»Ja genau. Schwarz. Ein Safrane«, hörte ich die Antwort. »Und sag dem Monsieur, dass er nicht von hier war. Er kam aus dem Var.«
»Er war schwarz.«
»Ich habe es gehört.« Ja, ich hatte gehört. Und es lief mir kalt den Rücken herunter. »Danke, Marinette.« Ich legte mechanisch auf. Entgeistert.
Ich tappte im Dunkeln, aber es handelte sich um dieselben Leute, daran bestand kein Zweifel. Seit wann hatten die beiden Schweinehunde mich im Visier? Gute Frage. Die Antwort hätte mir die Erleuchtung gebracht, aber ich konnte sie nicht herbeizaubern. Ich hatte sie bis zu den Hamoudis gefuhrt, so viel war sicher. Gestern. Vor oder nach meinem Besuch auf dem Kommissariat. Wenn sie am Abend nicht weiter nachgehakt hatten, dann nicht etwa, weil sie ausgetrickst worden waren. Nein, sie hatten sich ausgerechnet, dass ich kaum weiter als bis zu Félix gehen vvürde. Und ... Scheiße! Wussten sie etwa auch, wo ich wohnte? Die Frage schob ich schnell beiseite. Sonst lief ich Gefahr, den letzten Nerv zu verlieren.
Also noch mal von vorn, sagte ich mir. Heute Morgen waren sie in Bigotte aufgetaucht und hatten daraufgewartet, dass sich etwas tat. Und Redouane tat etwas. Er ging zum Großvater. Woher wussten sie, dass er es war? Ganz einfach. Du steckst irgendeinem Straßen - gör hundert Francs zu, und die Sache ist geritzt.
»Wir fahren schnell bei dir vorbei«, sagte ich zu Mourad. »Du packst ein paar Sachen für einige Tage ein, und ich bringe dich wieder zu deinem Großvater.«
»Was läuft hier ab?«
»Nichts. Ich möchte nicht, dass du dort schläfst, das ist alles.«
»Und Redouane?«
»Wir
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