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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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Vorstellung, aber ich wollte sie aus anderem Munde hören.
    »Sie hat heute Morgen angerufen. Damit ich mir keine Sorgen mache. Sie ist in Aix geblieben. Bei der Familie eines Schulfreundes, glaube ich. Einer von denen, mit denen sie in den Ferien war.«
    »Mathias? Sagt Ihnen der Name etwas?«
    „Mathias? Könnte sein.«
    »Mathias«, sagte Mourad, »der ist voll in Ordnung. Er ist Vietnamese.«
    »Ein Vietnamese?«, fragte seine Mutter. Das ging über ihre Kräfte. Das Leben ihrer Kinder entglitt ihr. Redouanes, Naïmas. M ourads sicher auch.
    »Nur durch seine Mutter«, stellte Mourad klar.
    »Kennst du ihn?«, fragte ich.
    »Ein bisschen. Eine Zeit lang gingen sie zusammen aus, er und meine Schwester. Ich bin mit ihnen ins Kino gegangen.«
    »Es läuft alles aufs Gleiche hinaus«, fasste der Großvater zusammen. »Sie hatte Sorgen. Deshalb hat sie sich so seltsam benommen. Ich hätte das begreifen müssen.« Er dachte ein paar Sekunden nach. »Aber ich konnte es doch nicht wissen. So ein Drama. Warum ... Warum haben sie den jungen Mann umge - bracht?«
    »Ich weiß es nicht. Naïma ist die Einzige, die uns erzählen kann, was passiert ist. Und was war mit Redouane heute Morgen?«
    »Ich habe ihm gesagt, seine Schwester ist schon weg. Er hat mir natürlich nicht geglaubt. Aber er hätte mir sowieso nicht geglaubt. Nur, was er glauben wollte. Oder hören. Er wollte ins Schlafzimmer seiner Schwester gehen. Sich überzeugen, dass sie wirklich nicht da war. Oder sehen, ob sie wirklich hier geschlafen hatte. Aber ich habe ihn nicht gelassen. Da hat er mich angeschrien. Ich habe ihn daran erinnert, dass der Islam Achtung vor dem Alter lehrt. Vor den Alten. Das ist die erste Regel. › Ich habe kein bisschen Achtung vor dir ‹ , hat er geantwortet. › Du bist nur ein Ungläubiger. Schlimmer als die Franzosen! ‹ Ich habe meinen Stock genommen und ihm vor die Nase gehalten. › Ich bin immer noch stark genug, dir eine Tracht Prügel zu verpassen !‹ , habe ich geschrien. Und ihn rausgeschmis - sen.«
    »Trotz alledem haben Sie dem Mann die Tür aufgemacht.«
    »Ich dachte, wenn ich mit ihm spreche, könnte er Redouane zur Vernunft bringen.«
    »Hatten Sie die beiden schon zusammen gesehen?«
    »Nein.«
    »War er Algerier?«
    »Nein. Von außen, mir seiner Sonnenbrille, habe ich gedacht er ist Tunesier. Ich war nicht misstrauisch, aber dann ... «
    »Er war kein Araber?«
    »Ich weiß nicht. Aber er sprach nicht arabisch.«
    »Mein Vater war Italiener, wurde aber oft für einen Tunesier ge - halten, als er jung war.«
    »Ja, vielleicht war er Italiener. Aber aus dem Süden. Aus der Ge - gend von Neapel. Oder Sizilien. Das könnte sein.«
    »Wie sah er aus?«
    »Ungefähr Ihr Alter. Ein schöner Mann. Etwas kleiner und dicker. Nicht fett, aber kräftiger. Angegraute Schläfen. Grau melierter Schnurrbart ... Und ... Er trug diesen protzigen, goldenen Siegel - ring.«
    »Dann muss er Italiener gewesen sein«, sagte ich lächelnd. »Oder Korse.«
    »Nein, kein Korse. Der andere, ja. Der, der mich angegriffen hat, als ich die Tür geöffnet habe. Ich habe nur seinen Revolver gesehen, den er mir unters Kinn gehalten hat. Er hat mich zurückgestoßen, und ich bin gefallen. Der, ja. Er hatte einen korsischen Akzent. Den werde ich nie vergessen.«
    Er war am Ende seiner Kräfte.
    »Ich lasse Sie jetzt schlafen. Vielleicht komme ich noch einmal wieder und stelle ein paar Fragen. Wenn es sein muss. Machen Sie sich keine Sorgen. Es wird schon alles wieder in Ordnung kommen.«
    Er lächelte glücklich. Für den Moment verlangte er nicht mehr. Nur die Versicherung, dass ftir Naïma alles gut ausgehen würde.
    Mourad beugte sich zu ihm und küsste ihn auf die Stirn. »Ich bleibe bei dir.«
    Letztendlich blieb Mourads Mutter beim Großvater. Zweifellos hoffte sie, dass Naïma heimkam. Aber vor allem ging sie Redouane aus dem Weg.
    »Sie hat ein wenig Angst vor ihm«, gestand Mourad auf dem Rückweg . »Er ist verrückt geworden. Er verlangt von meiner Mut ter d ass sie einen Schleier trägt, wenn er da ist. Und bei Tisch muss sie ihn mit gesenkten Augen bedienen. Mein Vater sagt nichts. Er sagt, das vergeht.«
    »Wie lange ist er schon so?«
    »Etwas über ein Jahr. Seit er aus dem Knast gekommen ist.«
    »Wie lange hat er gesessen?«
    »Zwei Jahre. Ist in einen Hi-Fi-Laden in Chartreux eingebrochen. Mit zwei Kumpels. Die waren total high.«
    »Und du?«
    Er sah mir gerade in die Augen. »Ich spiele in Anselmes Mannschaft, falls dich

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