Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
hat sie nach kurzem Zögern gern die Beine breit gemacht. Wenn ich eine kleine Dosis für sie auftun würde. Ich bin hilfsbereit, wie gesagt. Ich brauchte nur einen Telefonanruf machen. An Kohle fehlt es nicht. Ich konnte ihr schon ein paar Schuss besorgen.«
»Wo ist sie?«, schrie ich, weil die Angst mir die Kehle zuzuschnüren drohte.
Er gönnte sich noch ein Glas. »Ich hab sie nur zweimal gefickt, weißt du. Statt Bezahlung. Aber das war es trotzdem wert. Ein bisschen verwelkt, die Gute. Hat sich unterkriegen lassen, verstehst du ... Aber schöne Titten und einen hübschen kleinen Arsch. Sie hätte dir bestimmt gefallen. Du bist genauso ein geiler alter Bock wie ich, da kannst du mir nichts vormachen. Ran an die Jugend!, dachte ich, als ich in sie eindrang.«
Wieder lachte er lauthals. Hass stieg in mir hoch. Gefährlich. Ich suchte Halt mit meinen Füßen, um bei der kleinsten Gelegenheit aufspringen zu können.
»Keine Bewegung, Montale«, wiederholte er. »Du bist ein alter Fiesling, sag ich, also behalt ich dich gut im Auge. Wenn du auch nur den kleinen Zeh bewegst, knall ich dir 'ne Kugel in den Leib, in die Eier, vorzugsweise.«
»Wo ist sie?«, fragte ich, so ruhig ich konnte.
»Du wirst es mir nicht glauben, aber die dumme Gans war so gieri g nach dem Zeug, dass sie sich mit einem einzigen Schuss in die Luft gejagt hat. Stell dir das vor! Sie muss geschwebt haben wie nie zuvor in ihrem elenden Leben! So eine dumme Gans, ehrlich. Dabei hatte sie hier alles. Kost und Logis. Alle nur erdenklichen Trips, auf Kosten des Hauses. Und mich, um sie hier und da zu vögeln.«
»Du bist es, den sie nicht ertragen konnte. Bis oben hin voll Scheiße. Selbst im Drogenkoma wittert man den Abschaum. Was hast du mit ihr gemacht, Saadna? Antworte! Verdammt noch mal!«
Er lachte. Ein nervöses Lachen diesmal. Er füllte sein Glas mit Fusel und kippte ihn runter. Den Blick nach draußen verloren. Dann deutete er mit dem Kopf auf das Fenster. Man konnte den schwarzen, dicken Rauch aufsteigen sehen. In meiner Kehle formte sich ein Knoten.
»Nein«, sagte ich schwach.
»Was hätte ich denn mit ihr tun sollen, he? Auf dem Feld begraben? Und ihr jeden Abend Blumen bringen? Deine Pavie war nur eine Fixerin. Gerade gut genug, sich zu verkaufen. Das ist doch kein Leben, oder?«
Ich schloss die Augen.
Pavie.
Ich brüllte wie ein gereizter Stier. Schrie die Wut heraus, die mich überkommen hatte. Wie ein glühendes Eisen, das sich in mein Herz bohrte. Und die schrecklichsten aller Bilder, die in meinem Kopf gespeichert waren, liefen vor meinen Augen ab. Massengräber in Auschwitz. Hiroshima. Ruanda. Bosnien. Ein einziger Todesschrei.
Reichlich zum Kotzen.
Wirklich.
Und ich fuhr hoch, mit gesenktem Kopf.
Saadna begriff nicht.
Ich fegte ihn um wie ein Wirbelsturm. Der Stuhl kippte um und er mit ihm. Das Gewehr fiel ihm aus den Händen. Ich erwischte es am Lauf, hob es hoch und schlug mit aller Kraft gegen sein Knie.
Ich hörte es brechen. Und das war meine Rettung.
Saadna schrie nicht einmal. Er war ohnmächtig geworden.
Sechzehntes Kapitel
In dem wir mit der kalten Asche
des Ungl ü cks in Ber ü hrung kommen
I ch weckte Saadna mit einem Eimer Wasser. »Arschloch«, fluchte er.
Aber die kleinste Bewegung wurde ihm zur Qual. Ich packte ihn am Nacken und zerrte ihn zum Sessel. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen eine der Armstützen. Er stank nach Exkrementen. Er musste sich voll geschissen haben. Ich fasste das Gewehr wieder mit beiden Händen am Lauf.
»Dein kaputtes Knie war erst der Anfang, Saadna. Ich werd dir auch noch das andere Bein zerschmettern. Du wirst nie mehr laufen können. Ich glaub, ich werde dir sogar die Ellenbogen zertrümmern. Du wirst nur noch ein Krüppel sein. Mit einem einzigen Traum: zu krepieren.«
»Ich hab was für dich.«
»Zu spät zum Feilschen.«
»Etwas, das ich in Serges Wagen gefunden habe. Als ich ihn aus - einander genommen hab.«
»Erzähl.«
»Hörst du auf, zu schlagen?«
Mir ging ohnehin die Luft aus. Hass und Gewalt ebbten ab. Ich fühlte mich ausgelaugt. Wie ein Halbtoter. Auskadavert. In meinen Adern floss nur noch Kotze. Mein Kopf drohte zu zerplatzen.
»Erzähl, dann sehen wir weiter.« Sogar meine Stimme gehorchte mir nicht mehr.
Er sah mich an und dachte, ich hätte angebissen. Für ihn bestand das Leben nur aus Feilschen und Gemauschel. Er grinste.
»Unterm Ersatzreifen klebte ein Heft. In e iner Plastiktüte, g anz schön ausgekocht. Voll geschrieben
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