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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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Monsieur.«
    »Nun, das wäre wirklich ganz reizend gewesen.«
    »Ja, hat man denn Töne!«
    »Der Kaffee kommt gleich«, sagte Honorine. »Ich habe ihn schon aufgesetzt.«
    »Ich stehe schon auf.«
    Es war ein großartiger Tag. Keine Wolke. Kein Wind. Ideal zum Fischen, wenn man Zeit hat. Ich betrachtete mein Boot. Es war genauso traurig wie ich, heute wieder nicht aufs Meer fahren zu können. Fonfon war meinem Blick gefolgt.
    »Was meinst du, wirst du es schaffen, bis Sonntag rauszufahren? Oder muss ich Fisch bestellen?«
    »Bestell Muscheln, das ja. Aber der Fisch ist meine Sache. Also bring nicht alles durcheinander.«
    Er lächelte und trank seinen Kaffee aus. »Na gut, ich geh wieder rüber. Die Gäste werden sonst unruhig. Danke für den Kaffee, Honorine.« Er drehte sich väterlich zu mir. »Komm vorbei, bevor du wieder weggehst.«
    Es tat gut, sie um mich zu haben, Honorine und Fonfon. Mit ihnen war immer ein Morgen gesichert. Ein Danach. Wenn man ein gewis - ses Alter überschritten hatte, war das wie das ewige Leben. Man machte Pläne für morgen. Dann für übermorgen. Und nächsten Sonntag, und übernächsten. Und die Tage schreiten voran. Dem Tod abgerungen.
    »Möchten Sie vielleicht noch einen Kaffee?«
    »Gern, Honorine, Sie sind ein Engel.«
    Und sie verschwand wieder in der Küche. Ich hörte sie herumkramen. Aschenbecher leeren, Gläser spülen. Leere Flaschen wegschmeißen. Resolut, wie sie war, brachte sie es sogar fertig, mein Bett neu zu beziehen. Ich steckte m ir eine Zigarette an. Sie schmek— kte scheußlich, wie die erste immer. Aber mir war nach dem Geruch. So ganz wusste ich noch nicht, wo ich war. Als würde ich gegen den Strom schwimmen. So in der Art.
    Himmel und Meer waren in den verschiedensten Blauschattierungen verschmolzen. Für den Touristen, ob aus dem Norden, dem Osten oder dem Westen, ist Blau immer Blau. Erst später, wenn man sich die Zeit nimmt, Himmel und Meer zu betrachten und die Landschaft mit den Augen zu liebkosen, unterscheidet man Graublau, Schwarzblau, Leuchtendblau, Tiefblau, Lavendelblau. Oder das Auberginenblau der Gewitternächte. Das Blaugrün bei hohem Seegang. Die kupfernen Blautöne des Sonnenuntergangs kurz vor dem Mistral. Oder das fast weiße Blassblau.
    »Oh! Schlafen Sie?«
    »Ich habe nachgedacht, Honorine. Nachgedacht.«
    »Ach, mit Ihrem Kopf lohnt es die Mühe nicht. Besser gar nicht denken, als alles nur flüchtig zu streifen, pflegte meine selige Mutter zu sagen.«
    Da gab es nichts zu erwidern.
    Honorine setzte sich, rückte ihren Stuhl zu mir heran, zupfte an ihrem Rock und sah mir beim Kaffeetrinken zu. Ich stellte die Tasse ab.
    »Nun, da ist noch etwas. Gélou hat angerufen. Zweimal. Einmal um acht und noch einmal um Viertel nach neun. Ich hab gesagt, Sie schlafen. Na ja, das stimmte ja auch. Und dass ich Sie noch nicht gleich wecken wollte. Dass Sie spät ins Bett gegangen sind.« Sie sah mich aus ihren schelmischen Augen an.
    »Wie spät ist es?«
    »Fast zehn.«
    »Man kann nicht einmal sagen, dass ich ins Bett gegangen bin Macht sie sich Sorgen?«
    »Nun, darum geht es nicht ...« Sie hielt inne und versuchte wütend auszusehen. »Es war nicht gut, sie nicht anzurufen. Die arme Mutter, natürlich macht sie sich Sorgen. Sie ist zum Essen nur schnell ins New York gegangen, falls Sie vorbeikommen sollten. Im Hotel lag eine Nachricht für Sie. Also manchmal verstehe ich Sie nicht.«
    »Versuchen Sie es gar nicht erst, Honorine. Ich werde sie anrufen.«
    »Ja, denn ihr ... Ihr Alex da, er will, dass sie nach Gap zurückkehrt. Er sagt, er möchte mit Ihnen sprechen, wegen Guitou. Und dass es nichts nützt, wenn sie ewig in Marseille bleibt.«
    »Ja«, sagte ich nachdenklich. »Vielleicht weiß er Bescheid. Wäre möglich, dass er die Zeitung gelesen hat. Und sie schonen will. Ich weiß es nicht. Ich kenne den Mann nicht.«
    Sie sah mich lange an. In ihrem Kopf arbeitete es auf Hochtouren. Schließlich zupfte sie noch einmal an ihrem Rock. »Was ich fragen wollte, glauben Sie, dass er ein anständiger Mann ist? Für sie, meine ich.«
    »Sie sind zusammen, Honorine. Seit zehn Jah ren. Er hat die Kinder großgezo gen ... «
    »Also, für mein Gefühl würde ein anständiger Mann ...« Sie dachte nach. »Gut, er ruft an, das ist schon richtig. Aber ... Vielleicht bin ich altmodisch, aber ich finde, ich weiß ja nicht, er könnte sich herbe - mühen, oder nicht? Sich vorstellen ... Verstehen Sie, was ich meine? Ich sag das nicht meinetwegen. Aber

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