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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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Dieser Arroum war gut abgesichert. Als Mitglied der Lowafac Foundation mit Sitz in Zagreb war er für jeden seiner Einsätze in Bosnien durch das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge akkreditiert.« Am Rand hatte Serge notiert: »Arroum, am 28. März festgenommen.«
    Der Eintrag über Redouane schloss: »War seit seiner Rückkehr nur an Aktionen gegen Heroindealer beteiligt. Anscheinend noch nicht vertrauenswürdig genug. Bleibt aber unter Beobachtung. Orientierungslos. Steht schwer unter Nacers und Hamels Einfluss. Zwei Hartgesottene. Kann gefährlich werden.«
    »Was hatte Serge vor? Eine Untersuchung?«
    Saadna lachte hämisch. »Er hat die Seiten gewechselt. Nicht ganz freiwillig, aber ... Er arbeitete für den Verfassungsschutz.«
    »Serge!«
    »Nach seinem Rausschmiss damals hat der Verfassungsschutz sich auf ihn gestürzt. Mit einem Dossier voller Elternaussagen. Klagen. Dass er Kinder gefickt hat.«
    Diese Wahnsinnigen, dachte ich. Ja, das waren ihre Methoden. Um irgendein Netz zu unterwandern, schreckten sie vor nichts zurück. Schon gar nicht vor dem Spiel mit Menschen. Reuige Ganoven. Illegale Algerier ...
    »Und dann?«
    »Was dann? Ich weiß nicht, ob an diesen Kindergeschichten was dran ist. Sicher ist, dass er eines Morgens, als sie mit dem Dossier und allem bei ihm aufgetaucht sind, mit nem Strichjungen im Bett gelegen hat. Nicht mal zwanzig. Vielleicht nicht mal mündig, verdammt. Stell dir vor, Montale! Echt widerlich. Der war doch reif fürs Zuchthaus. Da hätte er jeden Abend einen haben können, der es ihm besorgt.«
    Ich stand auf und nahm das Gewehr wieder in die Hand. »Noch so ein Spruch, und ich brech dir auch das andere Knie.«
    »Ich mein ja nur«, sagte er und zuckte die Schultern. »Da, wo er jetzt ist ...«
    »Eben. Woher weißt du das alles?«
    »Von Deux-Têtes. Er und ich, wir kommen gut miteinander klar.«
    »Hast du ihm verraten, dass Serge bei dir gewohnt hat?«
    Er nickte.
    »Mit seinem Herumstocher n im Dreck hat Serge sich nicht nu r Freunde gemacht. Deux-Têtes gibt sich mit den Typen aus dem Heft nicht ab. Die räumen schon selber auf, meint er. Die Dealer und so. Das entlastet. Drückt die Statistiken. Und er profitiert davon. Wenn die Bärtigen in Algerien erst die Herrschaft übernommen haben, sagt er, können wir das ganze Gesindel immer noch ins Boot setzen. Ab in die Heimat.«
    »Was weiß der denn davon, dieser Idiot?«
    »Er hat so seine Ideen. Ist was dran, sag ich dir.«
    Dabei fiel mir wieder das Flugblatt des Front National ein, das Redouane in seinen Koran gesteckt hatte. »Verstehe.«
    »Es lief das Gerücht, dass jemand aus den Vorstädten gesungen hat. Deux-Têtes hatte mich gebeten, mich mal umzuhören. Das habe ich, und ob. Ich hatte ihn am Wickel ...» Er lachte sich halb tot.
    Deux-Têtes hatte mich auf dem Kommissariat wirklich für blöd verkauft. Es musste ihn beunruhigt haben, mich dort in Bigotte anzutreffen. Das war im Programm nicht vorgesehen. Er hatte be - stimmt gedacht, dass sich dahinter etwas verbirgt. Serge und ich, ein Team. Wie früher.
    Mit einem Mal verstand ich, warum man Serges Tod unter den Teppich gekehrt hatte. Keine Öffentlichkeit für einen Typen vom Verfassungsschutz, der umgelegt wird. Nur keine schlafenden Hunde wecken.
    »Das Heft? Hast du mit irgendjemandem darüber gesprochen?«
    »Mir gehts schlecht«, sagte er.
    Ich hockte mich vor ihm hin. In sicherer Entfernung. Nicht aus Angst, dass er mich angriff, sondern wegen des Ekel erregenden Gestanks, der von ihm ausging. Er schloss die Augen. Wahrschein - lich ging es ihm wirklich nicht gut. Ich berührte das zerschmetterte Knie leicht mit dem Gewehrkolben. Der Schmerz öffnete ihm die Augen. Ich sah blanken Hass darin.
    »Wem hast du davon erzählt, Dreckskerl?«
    »Ich hab Deux-Têtes nur gesagt, dass er einen dicken Fang machen könnte. Ein gewisser Boudjema Ressaf. Ein Kerl, der 1992 aus Frankreich ausgewiesen wurde. Ein Radikaler von der GIA. Serge hatte ihn ausfindig gemacht. In Plan d'Aou. Das steht alles im Heft. Wo er pennt und so weiter.«
    »Hast du ihm von dem Heft erzählt?«
    Er senkte die Augen. »Ich habs erwähnt, ja.«
    »Du hast Schiss vor ihm, stimmts?«
    »Hm ja.«
    »Wann hast du ihn angerufen?«
    »Vor zwei Stunden.«
    Ich stand auf. »Es wundert mich, dass du noch lebst.«
    »Wieso!«
    »Wenn Deux-Têtes die Bärtigen in Ruhe lässt, heißt das, er macht Geschäfte mit ihnen, du Trottel. Das hast du mir selbst erklärt.«
    »Glaubst du?«, stammelte

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