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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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mich, du Sack!«
    »Na klar! Du hast verloren. Loubet hat das Original in der Hand.«
    Er warf das Heft auf seinen Schreibtisch.
    »Ich will dir was sagen, Pertin. Es macht wirklich einen schlechten Eindruck, dass du dich mit deinen Leuten verdrückst, während irgendwelche Mistkerle haltlose Jungs manipulieren, damit sie Frankreich in Schutt und Asche legen.«
    »Noch was vorzubeten?«
    »Dass ich nie ein Freund von Sadam Hussein war. Ich bevorzuge Araber ohne Bart und Marseille ohne euch. Leb wohl, Deux-Têtes. Behalt das Heft für deine Memoiren.«
    Auf dem Weg hinaus riss ich das Plakat mit dem Flugblatt des Front National ab. Ich knüllte es zusammen und zielte auf die Müll - tonne am Eingang. Treffer.
    Babar pfiff bewundernd.

Achtzehntes Kapitel
    In dem sich die Wahrheit
nicht erzwingen l ä sst

    Es gelang mir, Loubet zu überreden, im L'Oursin am Alten Hafen essen zu gehen. Einer der besten Orte, um Austern, Seeigel, Venusmuscheln und Seefeigen zu genießen. Genau das bestellte ich, als ich hereinkam, zusammen mit einer Flasche Cassis. Einem Weißen aus Fontcreuse. Loubet war offensichtlich schlecht gelaunt.
    »Fang an, womit du willst«, sagte er. »Aber erzähl mir alles, was du weißt. Kapiert? Ich mag dich gern, Montale, aber so langsam fängst du an, den Bogen zu überspannen.«
    »Nur eine Frage, darf ich?« Er lächelte. »Hast du wirklich geglaubt, ich hätte Fabre umgebracht?«
    »Nein. Weder du noch sie.«
    »Warum hast du mir dann so ein Theater vorgespielt?«
    »Ihr, um ihr Angst einzujagen. Dir, damit du mit deinen Extratouren aufhörst.«
    »Bist du weitergekommen?«
    »Du hast gesagt: eine Frage. Das ist die dritte. Also, ich höre. Aber erzähl mir zuerst, was du bei Pertin zu suchen hattest.«
    »Einverstanden, rollen wir es von dort auf. Das hat aber nichts mit Guitou, Hocine Draoui, Fabre und der ganzen Geschichte zu tun.«
    Ich fing also von vorn an. Mit meiner Ankunft in Bigot te, ohne den wahren Grund dafü r anzugeben. Vom Attentat auf Serge bis zu Saadnas Tod. Und meine kleine Unterhaltung mit Pertin. »Serge«, fügte ich hinzu, » war mit Sicherheit schwul, pädo phil sogar, was so l ls. Mich interessiert das einen feuchten Dreck. Er war ein ehrlicher, friedlicher Kerl. Er mochte die Menschen. Mit der Naivität jener, die glauben. Aufrichtig glauben. An die Menschen und Gottes Hilfe. Die Jungs und Mädchen waren sein Leben.«
    »Vielleicht mochte er sie ein bisschen zu sehr, meinst du nicht?«
    »Und wenn schon. Selbst, wenn das stimmt. Bei ihm hatten sie es nicht am schlechtesten, oder?«
    Mir ging es mit Serge wie mit den Leuten, die ich liebte. Sie hatten mein Vertrauen. Ich ließ ihnen Dinge durchgehen, die ich nicht verstand. Nur beim Rassismus hatte meine Toleranz ihre Grenzen. Während meiner ganzen Kindheit hatte ich das Leiden meines Vaters mit angesehen. Nicht wie ein Mensch behandelt zu werden, sondern wie ein Hund. Ein Hafenköter. Und dabei war er nur Italiener! Viele Freunde hatte ich, ehrlich gesagt, nicht mehr.
    Ich hatte keine Lust, diese Diskussion über Serge weiterzuführen. Mir war dabei trotz allem nicht wohl. Ich wollte dieses Kapitel abschließen. Es bei diesem Schmerz bewenden lassen. Serge. Pavie. Arno. Dieses Kapitel der bereits langen Verlustliste meines Lebens hinzufügen.
    Loubet blätterte in Serges Notizbuch. Bei ihm konnte ich hoffen, dass all die sorgfältig festgehaltenen Daten nicht in der hintersten Ecke einer Schreibtischschublade vergammeln würden. Zumindest das Wesentliche. Und vor allem, dass Pertin die Affäre nicht unbe - schadet überstehen würde. Er war nicht direkt für Serges Tod ver - antwortlich. Auch nicht für den von Pavie. Er war nur das Symbol einer Polizei, die mir Übelkeit verursachte. Einer Polizei, bei der politische oder persönliche Ambitionen vor den Werten der Verfassung stehen. Gerechtigkeit. Gleichheit. Per tins gab es massen - haft. Bereit, über Leichen zu gehen. Wenn die Vorstädte eines Tages explodierten, dann wegen Leuten wie ihnen. Wegen ihrer Verach - tung. Fremdenfeindlichkeit. Ihrem Hass. Und wegen all ihrer klein - lich berechnenden Schikanen, um eines Tages als »großer Polizist« dazustehen.
    Pertin kannte ich. Für mich war er kein anonymer Bulle. Er hatte ein Gesicht. Es war fett, rot angelaufen. Mit seiner Ray-Ban-Brille, um die Schweinsaugen zu verbergen. Seinem arroganten Grinsen. Ich wollte Deux-Têtes »fallen« sehen. Aber ich machte mir keine falschen Hoffnungen.
    »Ich sehe einen Weg, die

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