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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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die Küchendüfte zu vertreiben. Mein Bauch würde mitziehen, das merkte ich. Darum konnte ich mich später immer noch kümmern, nicht wahr, Montale. Nur keine Auf - regung. Ganz ruhig.
    Ganz ruhig.
    Mit hundert auf diesem verteufelten Gineste. Stell dir das mal vor!
    Wir stiegen über die Bucht von Marseille. Von hier hatte man einen der schönsten Ausblicke über die Stadt. Etwas höher, kurz bevor es wieder nach Cassis hinunterging, war er noch großartiger. Aber wir waren nicht zum Vergnügen hier.
    Ich schaltete wieder in den Fünften. Um neue Kraft zu schöpfen. Ich ging auf neunzig runter. Sofort hatte ich den Safrane wieder an der Stoßstange. Er setzte zum Ausscheren an, der Hund.
    Hundert Meter, mir fehlten noch hundert Meter. Ich schaltete in den Dritten hinunter. Der Wagen schien zu springen. Gleich am Ende der vierten Kurve beschleunigte ich wieder auf hundert. Vor mir eine gerade Strecke. Neunhundert, tausend Meter. Mehr nicht. Danach ging es rechts herum. Nicht links, wie bisher.
    Ich gab Gas. Den Safrane immer noch im Nacken.
    Hundertzehn.
    Er scherte aus. Ich drehte den Kassettenrecorder auf volle Lautstärke. Ich hatte nur noch die elektrischen Gitarren im Ohr.
    Der Safrane kam auf meine Höhe.
    Ich gab Gas.
    Hundertzwanzig.
    Der Safrane hielt mit.
    Ich erkannte Narnis Knarre an meiner Scheibe.
    »Da!«, schrie ich.
    »Da!«
    »Da!«
    Ich trat voll auf die Bremse.
    Hundertzehn. Hundert. Neunzig.
    Ich meinte einen Schuss zu hören.
    Der Safrane überholte mich und fuhr weiter. Gegen die Leitplanke aus Beton. Überschlug sich. Und verschwand in der Luft. Alle vier Räder nach oben.
    Fünfhundert Meter weiter unten die Felsen und das Meer. Keiner von denen, die diesen großen Sprung gemacht hatten, hatte das jemals überlebt.
    Nasty Dogs and Funky Kings grölten ZZ Top.
    Mein Fuß zitterte auf dem Pedal. Ich fuhr noch langsamer und hielt schließlich so ruhig wie möglich an der Leitplanke. Das Zittern hatte meinen ganzen Körper erfasst. Ich hatte höllischen Durst. Ich spürte Tränen über meine Wangen rollen. Schiss. Freude.
    Ich fing an zu lachen. Hysterisch.
    Hinter mir tauchten die Scheinwerfer eines Wagens auf. Instinktiv schaltete ich die Warnblinklichter ein. Der Wagen überholte mich. Ein R 21. Er bremste ab und kam fünfzig Meter vor mir zum Stehen. Zwei Männer stiegen aus. Kräftig. In Jeans und Lederjacke. Sie kamen auf mich zu.
    Scheiße.
    Zu spät erkannte ich meinen Fehler.
    Ich legte meine Hand auf den Kolben der Waffe. Ich zitterte immer noch. Es würde mir unmöglich sein, die Waffe zu halten, geschwei - ge denn auf sie zu zielen. Was das Schießen anbelangte ...
    Sie waren da.
    Einer der Männer klopfte an mein Fenster. Ich drehte es langsam herunter. Und erkannte sein Gesicht.
    Ribero. Einer von Loubets Inspektoren.
    Ich atmete auf.
    »Schöner Kopfsprung, was? Alles klar?«
    »Verflucht! Ihr habt mir ganz schön Angst gemacht.«
    Sie lachten. Ich erkannte den anderen. Vernet.
    Ich stieg aus. Und machte ein paar Schritte zu der Stelle, an der Narni und Balducci ihren Hechtsprung gemacht hatten. Ich schwankte.
    »Fall nicht runter«, sagte Ribero.
    Vernet stellte sich neben mich und sah hinunter. »Das wird viel Arbeit machen, uns das alles von Nahem anzusehen. Wird allerdings nicht viel übrig sein.« Die Idioten lachten sich halb tot.
    »Folgt ihr mir schon lange?«, fragte ich und kramte eine Zigarette hervor.
    Ribero gab mir Feuer. Ich zitterte zu stark. »Seit heute Nachmittag. Wir haben dich vor dem Restaurant abgepasst. Loubet hatte uns an - gerufen.«
    Als er pinkeln gegangen war, der Schuft.
    »Er mag dich gern«, fuhr Vernet fort. »Aber wenn es darum geht, dir zu vertrauen ...«
    »Moment«, warf ich ein, »ihr seid mir überallhin gefolgt?«
    »Die Fähre. Das Treffen mit deiner Cousine. Der Buddha. Und da, verstehst du ... Wir hatten sogar zwei Männer vor deiner Haustür postiert. Für alle Fälle.«
    Ich setzte mich auf ein Stück Leitplanke, das das Inferno überlebt hatte.
    »Oh! Pass auf! Verlier jetzt bloß nicht das Gleichgewicht«, spaßte Ribero.
    Ich hatte nicht vor, zu stürzen. Das nicht. Ich dachte an Narni. Guitous Vater. Narni hatte seinen Sohn umgebracht. Aber er wusste nicht, dass Guitou von ihm war. Gélou hatte es ihm nie gesagt. Weder ihm noch sonst jemandem. Nur mir. Vorhin.
    Es war an einem Abend in Cannes. Einem Premierenabend. Da war dieses feudale Essen gewesen. Märchenhaft für sie. Das Mäd - chen aus den Straßen des Panier. Rechts von ihr

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