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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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genau zwei Tage, Montale. Ich habe einen weiteren Namen auf meiner Liste. Und deiner charmanten Kommissarin wird das nicht gefallen, so viel ist sicher.«
    »Okay. Was passiert, wenn sie da ist?«
    »Das sage ich dir dann. Sag der kleinen Bellini, sie soll nicht mit leeren Händen kommen. Nicht wahr, Montale. Sie hat etwas, das uns gehört. Hast du das kapiert?«
    »Ich habe schon mit ihr darüber gesprochen.«
    »Gut. Du machst Fortschritte.«
    »Und der Rest? Ihre Nachforschungen?«
    »Der Rest ist mir scheißegal. Sie kann schreiben was sie will, wo sie will. Ist ja doch für die Katz, wie üblich.«
    Er gluckste, dann wurde seine Stimme wieder schneidend wie das Messer, das er mit so viel Geschick handhabte: »Zwei Tage.«
    Ihn interessierte einzig und allein der Inhalt der schwarzen Diskette. Der Diskette, die weder Hélène Pessayre noch ich zu öffnen wagten. In dem Artikel, den sie zu schreiben begonnen hatte, erklärte Babette: »Die Kreisläufe der Geldwäsche bleiben die gleichen und laufen in dieser Gegend über › Geschäftskomitees ‹ . Eine Art runder Tisch, an dem sich gewählte Entscheidungsträger, Unter - nehmer und lokale Repräsentanten der Mafia zusammenfinden.« Sie stellte eine Liste einer gewissen Zahl von »Mischgesellschaften« auf, die von der Mafia ins Leben gerufen und von angesehenen Persön - lichkeiten verwaltet wurden.
    »Noch was, Montale. Komm mir nicht noch mal mit dem Trick von heute Nachmittag. Okay?«
    »Hab kapiert.«
    Ich wartete, bis er auflegte. Dasselbe Pfeifen folgte. Ein Pastis drängte sich auf. Und ein wenig Musik. Einen guten, alten Nat King Cole. The Lonesome Road, ja, mit Anita O'Day als Gaststar. Ja, das brauchte ich, bevor ich zu Fonfon und Honorine zurückkehren würde. Zum Essen hatte sie gefülltes Gemüse angekündigt. Der Geschmack der so zubereiteten Zucchini, Tomate oder Aubergine würde den Tod auf Distanz halten, das wusste ich. Heute Abend brauchte ich die beiden mehr denn je.

Sechzehntes Kapitel
    In dem die Partie ganz ungewollt
auf dem Schachbrett des B ö sen
ausgetragen wird

    Beim Essen begannen Zweifel an mir zu nagen.
    Dabei waren die kleinen Gefüllten hervorragend. Honorine, das musste ich anerkennen, hatte ein Zauberhändchen dafür, Fleisch und Gemüse zart zu halten. Darin lag der ganze Unterschied zu den kleinen Gefüllten der Restaurants. Das Fleisch war oben immer ein wenig zu fest. Außer vielleicht im Sud du Haut, einem kleinen Res - taurant am Cours Julien, wo noch Hausmannskost gepflegt wurde.
    Trotz allem konnte ich nicht umhin, während des Essens an meine gegenwärtige Lage zu denken. Zum ersten Mal lebte ich mit zwei Killern und zwei Flics unter meinen Fenstern. Das Gute und das Böse hatten vor meiner Tür Stellung bezogen. Status quo. Mit mir mittendrin. Wie ein Funke auf einem Pulverfass. War es dieser Funke, an den ich nach Loles Fortgang gedacht hatte? Ich begann zu schwitzen. Wenn es Babette und mir gelingen sollte, der Klinge des Killers zu entko mmen, sagte ich mir, würde Brus catis Knarre uns nicht verfehlen.
    »Noch einen Nachschlag?«, fragte Honorine.
    Wegen des Mistrals hatten wir uns drinnen an den Tisch gesetzt. Er hatte zwar nachgelassen, blies aber immer noch in kräftigen Böen. Rund um Marseille, so hatten wir in den Nachrichten gehört, breitete sich das Feuer aus. An einem einzigen Tag waren fast zweitausend Hektar Pinien und Garrigue in Flammen aufgegangen. Ein Drama. Die gerade mal fünfundzwanzig Jahre alten Wieder - aufforstungen waren vernichtet. Alles musste von vorn begonnen werden. Schon war von kollektivem Trauma die Rede. Die Debatten liefen auf Hochtouren. Sollte Marseille zwischen dem Massif de l'Étoile und den eng besiedelten Gebieten eine achtzehn Kilometer lange Pufferzone schaffen? Einen Streifen aus Wein, Mandel-und Olivenbäumen. Ja, aber wer sollte das bezahlen? Darauf lief es in unserer Gesellschaft immer hinaus. Auf Kohle. Selbst unter schlimmsten Umständen. Auf Kohle. Zuerst die Kohle.
    Beim Käse ging uns der Wein aus, und Fonfon bot sich an, welchen aus der Bar zu holen.
    »Ich geh schon«, sagte ich.
    Irgendetwas stimmte nicht, und ich wollte mir Klarheit verschaffen. Auch wenn es mir nicht gefallen würde. Ich konnte mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass Hélène Pessayre meine Leitung angezapft hatte. Das war ihr zuzutrauen, sicher, aber es passte nicht zu dem, was sie vor dem Auflegen gesagt hatte. Diese Möglichkeit einer Freundschaft, die sie erwähnt hatte. Aber vor

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