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Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea

Titel: Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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allem hätte sie als echter Profi nicht zuerst aufgelegt.
    In Fonfons Bar schnappte ich mir das Telefon und wählte die Handynummer von Hélène Pessayre.
    »Ja«, sagte sie.
    Musik im Hintergrund. Ein italienischer Sänger.
    Un po'di là del mare c'è una terra chiara
    che di confini e argini non sa ...
    »Hier Montale. Ich stör doch nicht?«
    Un po'di là del mare c'è una terra chiara ...
    »Ich komme gerade aus der Dusche.«
    Augenblicklich liefen Bilder vor meinen Augen ab. Fleischlich. Sinnlich. Ich überraschte mich das erste Mal dabei, mit Begehren an Hélène Pessayre zu denken. Sie war mir nicht egal, weit davon entfernt –und ich wusste es –, aber unsere Beziehungen waren so komplex, gelegentlich so gespannt, dass für Gefühle kein Platz blieb. Das glaubte ich jedenfalls. Bis zu dem Moment. Mein Glied begleitete diese flüchtigen Bilder in meinem Kopf. Ich lächelte.
    Ich entdeckte das Vergnügen neu, beim Heraufbeschwören eines weiblichen Körpers Erregung zu verspüren.
    »Montale?«
    Ich war nie Voyeur gewesen, aber ich überraschte Lole gern, wenn sie aus der Dusche kam. In diesem Moment, wenn sie nach einem Handtuch griff, um ihren Körper darin einzuwickeln. Und meinen Augen nur Beine und Schultern bot, von denen noch Wassertropfen perlten. Immer wenn ich hörte, dass das Wasser nicht mehr lief, fand ich etwas im Badezimmer zu tun. Ich wartete darauf, dass sie ihre Haare im Nacken hochhob und auf mich zukam. In diesen Augenblicken begehrte ich sie zweifelsohne am meisten, egal wie spät es war. Ich mochte ihr Lächeln, wenn unsere Blicke sich im Spiegel begegneten. Und den Schauer, der sie überlief, wenn ich meine Lippen auf ihren Hals drückte. Lole .
    Un po'di là del mare c'è una terra sincera ...
    »Ja«, gab ich zurück und brachte meine Gedanken und mein Glied zur Vernunft. »Ich muss Sie etwas fragen.«
    »Das muss ja wichtig sein«, antwortete sie lachend. »Um diese Zeit.«
    Sie drehte die Lautstärke runter.
    »Es ist ernst, Hélène. Haben Sie meine Leitung angezapft?«
    »Was!«
    Ich hatte die Antwort. Sie lautete nein. Sie war es nicht.
    »Hélène, ich werde abgehört.«
    »Seit wann?«
    Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken. Weil ich mir die Frage nicht gestellt hatte. Seit wann? Wenn es seit heute Morgen war, waren Babette, Bruno und seine Familie in Gefahr.
    »Ich weiß nicht. Ich habe es heute Abend gemerkt, nach Ihrem Anruf.«
    Hatte Babette als Erste aufgelegt, nachdem ich sie angerufen hatte, oder ich? Ich wusste es nicht mehr. Ich musste mich daran erinnern. Beim zweiten Mal war ich es. Beim ersten ... Beim ersten Mal sie. »Scher dich zum Teufel!«, hatte sie gesagt. Nein, danach war dieses typische, leise Pfeifen nicht zu hören gewesen. Da war ich sicher. Aber konnte ich mich auf mich verlassen? Wirklich. Nein. Ich musste in Castellas anrufen. Sofort.
    »Haben Sie Ihre Freundin Babette Bellini heute Abend von zu Hause aus angerufen?«
    »Nein. Heute Morgen. Hélène, wer kann dahinter stecken?«
    »Das haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie wussten, wo sie ist.«
    Diese Frau war unerbittlich. Sogar nackt in ein Badetuch gewi k— kelt.
    »Ich habe Ihnen gesagt, dass ich sie gefunden habe.«
    »Und wo ist sie?«
    »In den Cevennen. Und ich versuche, sie davon zu überzeugen, nach Marseille zu kommen. Verdammt, Hélène, es ist ernst!«
    Ich verlor die Nerven.
    » Ärgern Sie sich nicht gleich, wenn Sie bei einem Fehler erwischt worden sind, Montale! Wir hätten in drei Stunden oben sein können.«
    »Und was hätten wir gemacht?«, schrie ich. »Eine Wagenkolonne geschickt? Na klar! Sie, ich, die Killer, noch mehr Bullen, noch mehr Killer ... Im Gänsemarsch, wie heute Nachmittag, als ich Mavros' Boxstudio verlassen habe!«
    Sie antwortete nicht.
    »Helene«, sagte ich ruhiger. »Es ist nicht, dass ich Ihnen nicht vertraue. Aber Sie können sich auf nichts hundertprozentig verlassen. Nicht auf Ihre Vorgesetzten. Nicht auf die Flics , die mit Ihnen arbeiten. Der Beweis ...«
    »Aber auf mich, verflucht, auf mich!«, schrie sie jetzt. »Sie hätten es mir sagen können, oder?«
    Ich schloss die Augen. Die Bilder, die in meinem Kopf tanzten, waren nicht mehr von Hélène Pessayre, wie sie aus der Dusche stieg, sondern von der Kommissarin, die mir heute Morgen eine Ohrfeige verpasst hatte.
    Ich kam nicht weiter, sie hatte Recht.
    »Sie haben nicht auf meine Frage geantwortet. Wer kann hinter dem Lauschangriff stecken, einer von ihnen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie

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