Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
Kumpel zu verscheuern, die echt Mumm hatten. Er selber rührte sie nicht an. Er fand Kunden, das war alles. Und er kassierte eine kleine Kommission. Farge war der Chef des Ladens. Zusammen mit einem anderen Typen: großer, stämmiger Kerl, sehr kurze Haare, blaue Augen, wie Eis. Das war Wepler.
»Kann ich vernünftige Klamotten kriegen?«
Er konnte einem fast Leid tun. Sein T-Shirt hatte große Schweiß - ringe unter den Achseln, und die Unterhose war voller gelber Piss - flecken. Aber ich hatte kein Mitleid mit ihm. Er hatte die Tole - ranzschwelle vor langer Zeit überschritten. Und seine persönliche Geschichte erklärte nicht alles. Jocelyne brauchten wir nicht vor - zuladen. Sie hatte gerade irgendeinen bescheuerten Postbeamten geheiratet. Sie war nur eine Schlampe. Der Schwule war nur ihr Bruder.
Auf Marie-Lou wartete kein Empfangskomitee. Das Appartement war so, wie sie es verlassen hatte. Sie packte schnell ihre Sachen und hatte es eilig zu verschwinden. Wie bei einer Urlaubsreise.
Ich trug die Koffer bis zu ihrem Wagen, einem weißen Fiesta, oben an der Rue Estelle. Marie-Lou schloss eine letzte Tasche mit Dingen, an denen sie hing. Das waren keine Ferien, das war ein wirklicher Abschied.
Ich ging die Straße wieder hoch. Ein Motorrad, eine Yamaha 1100, parkte vor der Brücke über dem Cours Lieutaud. Marie-Lou wohnte hinter der Brücke. Das Haus war in die Treppen gehauen, die zum Cours Julien hinaufführten. Sie waren zu zweit. Der Beifahrer stieg ab, ein großer Blonder, ganz Muskelpaket. Er ließ seine Bizepse spielen, bis die Nähte seines T-Shirts krachten. Der Typ war Mon - sieur Muskel. Ich folgte ihm.
Marie-Lou kam aus dem Haus. Monsieur Muskel ging direkt auf sie zu und packte sie am Arm. Sie wehrte sich, dann sah sie mich.
»Gibts ein Problem?«
Monsieur Muskel drehte sich um. Auf dem Sprung, mir eine zu knallen. Er schreckte zurück. Körperlich konnte ich ihn nicht beein - drucken. Es musste etwas anderes sein. Und ich verstand. Es war mein Freund, der Boxer.
»Ich hab dich was gefragt.«
»Wer bist du?«
»Stimmt, neulich in der Nacht hat man uns nicht vorgestellt.«
Ich öffnete meine Jacke. Er konnte das Holster und meine Knarre sehen. Bevor ich das Büro verlassen hatte, hatte ich die Waffe über - prüft, geladen und eingesteckt. Unter Pérols beunruhigtem Blick.
»Wir müssen reden, du und ich.«
»Später.«
»Heute Abend.«
»Versprochen. Ich hab da nur gl eich ein dringendes Treffen. M it einem Mädchen von Farge. Sie hat den Tipp gegeben.«
Er gab keinen Kommentar ab. Ein Bulle wie ich überstieg seine Fassungskraft. Übergeschnappt. Dass wir redeten, er und ich, wurde unvermeidlich. Mit Mourrabed hatten wir den Deckel von einem großen Topf Scheiße geöffnet.
»Hände an die Wand und Beine auseinander«, sagte ich.
Ich hörte das Motorrad abfahren. Ich näherte mich Monsieur Muskel und erleichterte ihn um seine Brieftasche, die aus der hinteren Jeanstasche herausguckte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie mich wegen Marie-Lou so durchgemöbelt hatten.
»Dein Kumpel Farge sitzt im Knast. Was wolltest du neulich Abend?«
Er zuckte mit den Schultern und spielte mit den Muskeln. Ich wich einen Schritt zurück. Der Typ konnte mich mit einem Fingerschnip - pen flachlegen.
»Frag ihn doch selbst!«
Er glaubte mir nicht richtig. Ich beeindruckte ihn kein bisschen. Allein würde es mir nicht gelingen, ihn festzunehmen. Nicht mal mit dem Schießeisen. Er wartete nur auf eine gute Gelegenheit. Ich legte den Lauf meiner Waffe an seinen Schädel. Aus den Augenwin - keln beobachtete ich die wenigen Passanten. Niemand blieb stehen. Ein kurzer Blick, und weg waren sie.
»Was soll ich tun?«, fragte Marie-Lou hinter mir.
»Geh zum Wagen.«
Ein Jahrhundert verging. Endlich trat ein, worauf ich gehofft hatte. Eine Polizeisirene ertönte auf dem Cours Lieutaud und näherte sich. Es gab noch brave Bürger. Drei Polizisten kamen. Ich zeigte ihnen meinen Ausweis. Ich war weit von meinem Bezirk entfernt, aber zum Teufel mit den guten Manieren.
»Er hat eine junge Frau belästigt. Nehmt ihn wegen Beleidigung eines Polizeibeamten fest. Liefert ihn an Inspektor Pérol aus. Er weiß, was zu tun ist. Um dich kümmere ich mich gleich.«
Marie-Lou wartete, auf die Motorhaube des Fiestas gestützt. Sie rauchte. Ein paar Männer drehten sich im Vorbeigehen nach ihr um. Aber sie schien niemanden zu sehen, nicht einmal die auf sie gerichteten Augen zu spüren. Sie hatte wieder diesen
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