Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
schützen. Aber um Ugo zu finden, musste ich Lole wieder finden. Seit Manus Tod hatte ich ihre Spur verloren.
Franckie Malabe war effizient. Aber er lieferte seine Informationen zuerst an Argue. Ich bekam sie nur unter der Hand am nächsten Tag. Nachdem er im Vamping um Lole herumscharwenzelt war. Argue hatte Macht. Er war hart. Die Spitzel fürchteten ihn. Und die Spitzel, diese miesen Schleimer, hatten nur ihre eigenen kleinen Interessen im Auge. Das hätte ich wissen müssen.
Der andere Fehler war, dass ich an jenem Abend nicht selbst zu Lole gegangen war. Manchmal fehlt es mir an Mut. Ich konnte mich nicht entschließen, einfach so ins Vamping zu gehen, drei Monate danach. Drei Monate nach jener Nacht, die auf den Tod von Manu folgte. Lole hätte nicht einmal mit mir gesprochen. Vielleicht. Vielleicht hätte sie die Botschaft auch verstanden, wenn sie mich gesehen hätte. Vielleicht hätte Ugo verstanden.
Ugo. Er fixierte mich mit seinen leblosen Augen, ein Lächeln auf den Lippen. Ich schloss seine Augen. Das Lächeln überlebte. Wird immer überleben.
Ich richtete mich auf. Um mich herum belebte sich die Straße. Orlandi kam wegen der Fotos. Ich betrachtete Ugos Leiche. Seine offene Hand und in der Verlängerung die Smith & Wesson, die auf die Stufe gerutscht war. Foto. Was war wirklich passiert? War er bereit gewesen zu feuern? War er aufgefordert worden, sich zu ergeben? Ich würde es nie erfahren. Vielleicht, wenn ich ihn eines Tages in der Hölle wieder träfe. Denn die Zeugen waren alle von Argue ausgewählt. Die Zeugen aus dem Viertel hatten keine Bedeu - tung. Ihre Aussagen wurden unterschlagen. Ich sah weg. Argue hatte gerade seinen Auftritt. Er kam auf mich zu.
»Tut mir schrecklich Leid, Fabio. Wegen deinem Kumpel.«
»Verpiss dich.«
Ich ging die Rue des Carriers wieder hinauf. Ich begegnete Morvan, dem Scharfschützen der Mannschaft. Eine Visage wie Lee Marvin. Die Visage eines Mörders, nicht die eines Polizisten. Ich legte all meinen Hass in meinen Blick. Er schlug die Augen nicht nieder. Für ihn existierte ich nicht. Ich war nichts. Nur ein Vorstadt - bulle.
Oben an der Straße beobachteten die Beurs das Geschehen.
»Los, seht zu, dass ihr verschwindet.«
Sie sahen sich an. Schauten zum Bandenältesten hinüber. Dann zum Mofa auf der Erde hinter ihnen. Das Mofa, das Ugo fallen lassen hatte. Als die Jagd begann, hatte ich auf der Terrasse der Bar du Refuge gesessen und Loles Haus beobachtet. Ich hatte mich end - lich entschlossen, etwas zu tun. Zu viel Zeit verging. Die Sache wurde gefährlich. In der Wohnung war niemand. Aber ich war bereit, so lange auf Lole oder Ugo zu warten wie nötig. Ugo kam nur zwei Meter entfernt an mir vorbei.
»Wie heißt du?«
»Djamel.«
»Ist das dein Mofa?« Er antwortete nicht. »Heb es auf und verzieh dich. Solange sie noch beschäftigt sind.«
Niemand rührte sich. Djamel sah mich völlig perplex an.
»Du putzt es. Und stell es für ein paar Tage weg. Kapiert?«
Ich kehrte ihnen den Rücken zu und ging zu meinem Wagen. Ohne mich nochmals umzusehen. Ich zündete eine Zigarette an, eine Winston, und warf sie wieder weg. Ein ekelhafter Geschmack. Seit einem Monat versuchte ich, von Gauloises auf Leichte umzu - steigen, um weniger zu husten. Im Rückspiegel vergewisserte ich mich, dass Mofa und Beurs verschwunden waren. Ich schloss die Augen. Mir war zum Heulen.
Als ich ins Büro zurückkam, informierte man mich über Zucca. Und den Mörder auf dem Mofa. Zucca war zwar kein »Patron« der Unterwelt, aber ein wichtiger Stützpfeiler, seit die Chefs tot, im Gefängnis oder auf der Flucht waren. Zuccas Tod war für uns Polizisten ein Glücksfall. Letztlich natürlich für Argue. Ich stellte sofort eine Verbindung zu Ugo her. Aber ich sagte niemandem etwas davon. Was änderte es? Manu war tot. Ugo war tot. Und Zucca weinte niemand eine Träne nach.
Die Fähre nach Aj accio fuhr von Hafenbecken 2 ab. Die Monte d'Oro. Der einzige Vorteil meines schäbigen Büros im Poli zeihaupt - quartier ist ein Fenster zum Hafen Joliette hin. Vom Hafenverkehr sind fast nur die Fähren übrig geblieben. Fähren nach Ajaccio, Bastia, Algier. Einige Überseedampfer noch, für die Kreuzfahrten der älteren Generation. Und nicht wenig Frachtgut. Marseille war immer noch der drittgrößte Hafen Europas. Weit vor Genua, seinem Rivalen. Am Ende der Mole Léon Gousset schienen mir die Paletten mit Bananen und Ananas von der Elfenbeinküste Hoffnungsträger für Marseille zu
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