Marseille Trilogie - Total Cheops, Chourmo, Solea
Aufnahme von Dizzy Gillespie. Als ich die Place d'Aix erreichte, war er bei Manteca, einem meiner Lieblingsstücke. Eine der ersten Begegnungen von Jazz und Salsa.
Die Straßen lagen verlassen da. Ich fuhr am Hafen entlang, am Quai de Rive-Neuve, wo noch einige Gruppen Jugendlicher vor dem Trolleybus herumhingen. Ich dachte wieder an Marie-Lou. An die Nacht, die ich mit ihr getanzt hatte. Die Freude, die ich dabei empfunden hatte, hatte mich um Jahre zurückversetzt. In jene Zeit, als noch alles ein Vorwand war, die Nacht durchzumachen. An irgendeinem Morgen, als ich zum Schlafen heimkam, muss ich älter geworden sein. Und ich hatte es nicht gemerkt.
Ich schlug mir eine weitere durchwachte Nacht um die Ohren. In einer schlafenden Stadt, in der nicht einmal mehr vor dem Vamping eine einzige Prostituierte zu sehen war. Ich setzte jetzt meine ganze Vergangenheit beim russischen Roulett aufs Spiel. Meine Jugend und meine Freundschaften. Manu, Ugo. All die Jahre danach. Die besten und die schlechtesten. Die letzten Monate, die letzten Tage. Für eine Zukunft, in der ich ruhig schlafen konnte.
Der Einsatz war nicht hoch genug. Ich konnte Batisti nicht einfach mit den Träumen eines Anglers gegenübertreten. Was blieb mir in meinem Spiel? Vier Damen. Babette für eine gefundene Freund - schaft. Leila für ein verpasstes Rendezvous. Marie-Lou für ein Ver - sprechen. Lole verloren und erwartet. Kreuz, Pik, Karo, Herz. So viel zur Liebe der Frauen, sagte ich mir und parkte hundert Meter vor Batistis Villa.
Er wartete sicher auf einen Anruf von Simone. Leicht beunruhigt, trotz allem, weil er sich nach meinem Anruf im Restanques sehr schnell hatte entscheiden müssen. Uns alle auf einmal zu liqui - dieren. Überstürztes Handeln war nicht Batistis Art. Er war berech - nend, wie alle Ränkeschmiede. Er handelte eiskalt. Aber die Gele - genheit war zu verlockend. Sie würde sich nicht wiederholen, und er war nahe am Ziel, das er sich nach Tinos Beerdigung gesetzt hatte.
Ich ging einmal um die Villa. Das Eingangstor war verschlossen und ließ sich unmöglich kn acken. Überdies war es bestimmt m it einer Alarmanlage verbunden. Ich konnte schlecht klingeln und sagen: »Hallo, Batisti. Ich bin es, Montale.« Ich saß in der Klemme. Dann fiel mir ein, dass all diese alten Villen zu Fuß über einen Pfad zu erreichen waren, der direkt zum Meer führte. Ich hatte dieses Viertel mit Manu und Ugo bis in die hintersten Ecken durchkämmt. Ich setzte mich wieder in den Wagen und ließ ihn im Leerlauf bis zur Comiche rollen. Dann legte ich einen Gang ein und fuhr nach fünfhundert Metern links durch das kleine Baudille-Tal. Ich parkte und stieg über die Treppen der Traverse Olivary zu Fuß wieder hoch.
Ich landete genau im Osten von Batistis Villa. Vor der Mauer, die sein Grundstück einfasste. Ich folgte ihr und fand, was ich suchte. Eine alte Holztür, die in den Garten führte. Wilder Wein rankte sich darum herum. Sie schien seit vielen Jahren unbenutzt und hatte weder Schloss noch Klinke. Ich stieß die Tür auf und ging hinein.
Das Erdgeschoss war erleuchtet. Ich ging einmal ums Haus. Ein Oberlicht stand offen. Ich sprang, fing mich und glitt hinein. Das Badezimmer. Ich zog meine Waffe und stieß weiter ins Haus vor. In einem großen Wohnzimmer war Batisti in Shorts und Unterhemd vor dem Fernsehschirm eingeschlafen. Eine Videokassette. Drei Bruchpiloten in Paris, mit Louis de Funès. Er schnarchte leise. Ich ging vorsichtig zu ihm und setzte meine Knarre an seine Schläfe. Er fuhr hoch.
»Ein Gespenst.«
Er riss die Augen auf, begriff und erblasste.
»Ich habe die anderen im Restanques gelassen. Familienfeiern sind nicht mein Ding. Der Valentinstag auch nicht. Willst du Einzelheiten? Die Zahl der Leichen und so weiter?«
»Simone?«, brachte er hervor.
»In bester Verfassung. Sie ist sehr schön, deine Tochter. Du hättest sie mir wirklich vorstellen können. Ich mag diesen Frauentyp auch sehr gern. Scheiße! Alles fiir Manu und nichts für seine kleinen Freunde.«
»Wovon redest du?« Er wurde wach.
»Keine Bewegung, Baristi. Steck die Hände in die Taschen deiner Shorts, und rühr dich nicht. Ich bin müde und hab mich nicht mehr sehr gut unter Kontrolle.«
Er gehorchte. Er dachte nach.
»Mach dir keine Hoffnung mehr. Deine beiden Itaker sind auch tot. Erzähl mir von Manu. Wann hat er Simone kennen gelernt?«
»Vor zwei Jahren. Vielleicht etwas früher. Seine Freundin war, ich weiß nicht mehr wo. In Spanien, glaube
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