Marsha Mellow
Nach einem Blick in unsere unglücklichen Gesichter fügt er hinzu: »Und ich wette, das war bislang nur die Spitze des Eisbergs.« »Sag es ihm doch, Amy.« »Wie bitte?«, stottere ich.
»Naja, so kannst du üben, bevor du deiner Mutter unter die Augen trittst. Außerdem halte ich es für höchstunwahrscheinlich, dass sie und Chris sich jemals bei einem Wohltätigkeitsbasar der Konservativen begegnen.« Er hat Recht.
Ich drehe mich zu Chris und verkünde: »Ich bin Marsha Mellow.«
»Das haut mich um!«, entfährt es ihm. Und als Nächstes: »Muss man die kennen?«
»Du musst mich unbedingt in deinem nächsten Buch erwähnen, Baby«, bittet Chris mich, nachdem ich zu Ende erzählt habe. »Bitte ... Es macht mir auch nichts aus, es ein paar Mädels zu besorgen, ehrlich nicht.«
»Es wird kein nächstes Buch geben, bevor ich es nicht meiner Mutter gebeichtet habe«, erwidere ich leise.
»Phh, Mütter. Das sind die Schlimmsten, nicht?«, entgegnet Chris. »Obwohl meine eigentlich ganz in Ordnung ist. Als ich mich ihr gegenüber als schwul geoutet habe, meinte sie: ›Geh, Sohn, und mach mich stolz, denn nur ein richtiger Mann erträgt es, wenn ihm die Faust in den Arsch gerammt wird.‹« »Das hat sie bestimmt nicht gesagt«, widerspricht Ant zweifelnd.
»Du hast Recht. Hat sie auch nicht. Aber immerhin hat sie mich nicht umgebracht.«
»Schön für dich. Meine wird mich nämlich sicherlich umbringen.«
Sichtlich genervt dreht sich Ant zu mir und sagt: »Amy, ich räume ja ein, dass die statistische Wahrscheinlichkeit, dass du von jemandem aus deiner Familie umgebracht wirst, äußerst hoch ist. Nichtsdestotrotz frage ich dich, glaubst du ernsthaft, dass eine Frau, die so sehr von Schuldgefühlen geplagt wird wie deine Mutter, das Risiko eingeht, ihre Couchgarnitur mit Blut zu versauen, und dich abschlachtet?«
Ich spare mir die Antwort... ich finde das nämlich gar nicht so abwegig.
»Ich hab eine Idee«, sagt Ant plötzlich verheißungsvoll.
Ach ja? Soll ich meinen Namen ändern, hier bleiben und mir einen amerikanischen Ehemann suchen, um an die Green Card zu kommen? Großartiger Plan! Wo muss ich unterschreiben?
»Ich könnte ja mit dir zurückfliegen.«
Oh.
»Das würdest du tun?«, murmle ich gerührt.
»Na ja, Alex wird bestimmt Riesenzoff machen, sollten wir uns vorher noch über den Weg laufen, aber wie ich bereits gestern Abend gesagt habe, bin ich mit dir zwanzig Jahre länger zusammen als mit ihm. Lass uns die Koffer packen.«
KAPITEL 21
»Momentan fliegen wir auf einer Höhe von 36 000 Fuß, und unsere Flugzeit wird voraussichtlich etwas mehr als sechs Stunden betragen, wodurch wir etwas früher als geplant in der Hölle landen. Laut Wetterbericht herrschen dort glühend heiße Temperaturen, und hoffentlich haben Sie daran gedacht, einen Sun Blocker einzupack...«
»Heißes Tuch, Madam?«, werde ich in diesem Moment von der Stewardess gefragt, die mich damit aus meinem Halbschlaf reißt.
Ich nehme es entgegen und fahre mir damit über das Gesicht, während Ant sich zu mir dreht und sagt: »Das wird schon gut gehen, versprochen.«
»Hey«, rufe ich aus, von plötzlichem Optimismus gepackt, »was, wenn Colin Mount inzwischen an einem Herzinfarkt gestorben ist? Ich meine, immerhin macht er den Eindruck, als habe er einen gefährlich hohen Cholesterinspiegel. Und was, wenn die Presse mittlerweile das Interesse an mir verloren hat? Irgendwann müssen sie sich doch einfach auf etwas Neues stürzen. Beispielsweise auf die neue Tapete von Posh und Becks - auf so was sind die doch scharf. Vielleicht ist es gar nicht mehr nötig, dass ich es Mum sage.«
»Leg dich wieder schlafen, Amy«, entgegnet Ant und zieht seine Schlafmaske kurz von den Augen. »Du brauchst nämlich deine ganze Kraft, wenn wir ankommen.«
KAPITEL 22
Es ist bereits nach Mitternacht, als ich meine Wohnungstür aufstoße und als Erstes das permanente Piepen meines Anrufbeantworters vernehme.
»Ich hör ihn morgen früh ab. Ich will jetzt nur noch ins Bett«, stöhne ich.
Doch Ant duldet keine Widerrede. Er stellt seine Tasche neben dem Anrufbeantworter ab und drückt auf Play.
»Sie. Haben. Achtzehn. Neue. Nachrichten ...«
Biep.
»Amy, ich bin‘s. Wo steckst du? Hast du Marys Foto in der Mail gesehen? Du hast mir verschwiegen, dass sie so ein Fettkloß ist. Egal, ich muss mit dir dringend wegen Dan sprechen ...«
Dan? ... Ach ja, ihr Freund. Der blöde Tory. Hatte ich schon wieder vergessen.
»... Es ist ein
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