Marter: Thriller (German Edition)
behandeln ist.«
Das Wort, das mit allen seinen Konnotationen ein wenig mittelalterlich anmutete, hing eine Weile im Raum.
»Und was wäre die Strafe hierfür?«, wollte Piola schließlich wissen.
»Exkommunikation«, erklärte Pater Cilosi unumwunden. »In diesem Punkt lässt Seine Heiligkeit keinen Zweifel.«
»Das bedeutet dann wohl, eine solche Frau zu töten würde nicht als Todsünde gelten?«, erkundigte Kat sich leise. Piola warf ihr einen fragenden Blick zu, dann bedeutete er ihr mit einem Nicken, dass sie fortfahren solle.
Pater Cilosi hatte wenigstens den Anstand, sich peinlich berührt zu geben. »Im rein theologischen Sinne vielleicht schon. Doch die Kirche lehrt, dass Mord immer gegen Gottes Willen ist und gleichermaßen gegen das menschliche Recht verstößt.«
»Aber nur, um ganz sicher zu sein, Pater«, drängte sie. »Eine Frau, die sich als Priester verkleidet, und sei es nur zum Karneval – sie begeht also wirklich eine Sünde?«
»Wie würden Sie sich denn fühlen, wenn jemand auf einer Party verkleidet mit einer Uniform der Carabinieri aufkreuzen würde?«, konterte er.
»Mann oder Frau, die Strafe bestünde in jedem Fall in einer geringfügigen Geldbuße. Und nicht in der Ermordung dieser Person.«
Pater Cilosi hob abwehrend beide Hände. »Wie das in diesem Fall geschehen ist.«
»Könnte die Ermordete denn eine echte Priesterin gewesen sein, nur dass sie einem anderen Glauben angehörte?«, schlug der Colonnello vor.
Cilosi dachte über diese Frage nach. »Wenn dem so ist, dann handelt es sich um keine mir bekannte Konfession. Einige der protestantischen Kirchen befürworten selbstverständlich weibliche Kleriker, doch ihre Roben sehen ein wenig anders aus. Ein katholisches Priestergewand hat beispielsweise genau dreiunddreißig Knöpfe, um die dreiunddreißig Lebensjahre Christi zu symbolisieren. Eine anglikanische Soutane hingegen hat neununddreißig. Sie stehen für die neununddreißig Artikel ihres Glaubens.« Er bemerkte Piolas Gesichtsausdruck. »Das mögen in Ihren Augen nebensächliche Details sein, vielleicht scheinen sie Ihnen sogar unbedeutend. Doch derartige Einzelheiten entwickelten sich über viele Jahrhunderte, da man bestimmte Bräuche pflegte und Debatten führte, und sie dienen dazu, jeden Priester an die geheiligten Traditionen unserer Berufung zu erinnern.«
»Capitano, bitte lassen Sie von der Rechtsmedizin die Anzahl der Knöpfe überprüfen. Und schicken Sie jemanden los, der die ganzen protestantischen Kirchen in der Stadt abklappert, nur für den Fall«, trug Piola Kat auf. Er schob dem Priester ein weiteres Foto hin. »Noch eine letzte Frage, Pater. Können Sie uns zufällig sagen, was diese Tätowierungen zu bedeuten haben?«
Pater Cilosi nahm das Bild von Piola entgegen, dann kramte er in seiner Jackentasche und brachte eine Brille zum Vorschein. »Ich habe keine Ahnung«, sagte er schließlich. »Sie erinnern entfernt an okkulte Symbole – doch ich sollte Sie wohl darauf hinweisen, dass ich auf diesem Gebiet kein Experte bin. Ich kann Ihnen aber gerne jemanden nennen, der Ihnen mehr dazu erzählen kann, wenn Sie dies wünschen.«
»Vielen Dank, Pater«, entgegnete Piola. »Das wäre uns eine große Hilfe.«
»Nichts zu danken. Und melden Sie sich ruhig bei mir, wenn ich Ihnen weiter behilflich sein kann.« Pater Cilosi zögerte kurz. »Der Bischof hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, dass er diesen Vorfall als zutiefst verstörend für die Gläubigen erachtet. Er hofft, dass der Fall rasch zu einem Abschluss gebracht werden kann. Wie Sie sich sicherlich erinnern, drohte das Thema der Ordination von Frauen vor einigen Jahren unsere Glaubensgemeinschaft zu entzweien. Die Kirche sieht sich derzeit mit genug Problemen konfrontiert, da muss man nicht auch noch diese Kontroverse wieder aufleben lassen.«
»In der Tat«, erwiderte Piola ungerührt. »Seien Sie versichert, Pater, wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um dem Tod dieser bedauernswerten Frau auf den Grund zu gehen.« Die Worte »dieser bedauernswerten Frau« betonte er dabei kaum merklich.
Pater Cilosi schien ein Gedanke zu kommen. »Wünschen Sie, dass ich ein Gebet für sie spreche? Oder gar für Ihre Ermittlungen …«
»Ich bin überzeugt, dass sie für jedes Gebet dankbar wäre, das Sie für sie sprechen können«, meinte Piola und schob ihn höflich auf die Tür zu. »Und in der Zwischenzeit werden wir Carabinieri weiterhin unseren eher säkularen Methoden
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