Marter: Thriller (German Edition)
Afrika bis zum Iran erstreckt. Trotzdem sind wir nicht immer willkommen in der Gemeinde, in der wir stationiert sind.«
Im Klartext , dachte Holly: Die Leute hier hassen uns .
»Aus diesem Grund haben wir Ende vergangenen Jahres ein gesondertes Team zusammengestellt, das sich mit der italienischen Bevölkerung befassen und für die Integration unserer Leute hier sorgen soll.« Aus seinem Mund klang es so, als wäre Italien ebenso Feindesland wie der Iran. »Es handelt sich hier um eine Hearts-and-Minds-Initiative, die wir fortführen werden, bis die neue Anlage in Dal Molin fertiggestellt ist.«
Im Klartext: Bis die Demonstranten sich wieder verziehen .
»Als Einzige in diesem Team, die Italienisch wie ihre Muttersprache beherrscht, kommt Ihnen die Aufgabe zu, sich den Zivilisten zu stellen. In dieser Funktion werden Sie zu jedem Zeitpunkt die Integrität und Professionalität des US -Militärs verkörpern.«
Im Klartext: Ich persönlich bin ja der Ansicht, dass Ihre Anwesenheit hier reine Zeitverschwendung ist und den amerikanischen Steuerzahler sinnlos Geld kostet. Doch man hat mir nun mal erklärt, wir müssten uns mit der Bevölkerung hier gut stellen. Also machen Sie Ihren Job und stehen Sie mir nicht unnötig im Weg herum .
»Ja, Sir«, erwiderte Holly salutierend.
»Kommen Sie bloß nicht auf die Idee, diese Mission wäre unwichtig oder gar nutzlos, nur weil sie einigermaßen einfach und sicher ist«, meinte Major Forster in einem Ton, der nahelegte, dass er insgeheim genau das dachte. Er erwiderte ihren Salut. »Abtreten, Second Lieutenant.«
»Ziemlich ruhig hier im Moment«, sagte First Lieutenant Mike Breedon entschuldigend, während er sie von Major Forsters Büro zu dem Block führte, in dem ihr Team untergebracht war. »Es herrscht selbstverständlich immer noch reger Truppenverkehr von und nach Afghanistan, klar, während wir allmählich die Beraterrolle übernehmen. Außerdem laufen noch ein paar Friedensmissionen im Kosovo und im Irak. Doch wie der Major schon sagte, LNO -3 hat nicht sonderlich viel zu tun mit dieser Art von Einsatz – wir kümmern uns in erster Linie um Aktionen in der Gemeinde, den italienischen Medien, ja sogar von den Demonstranten selbst. Das ist alles nicht sonderlich aufregend, aber es hilft.«
Mike, ein umgänglicher Typ aus Virginia, war ihr Teamleiter. Sie spürte sofort, dass sie gut miteinander auskommen würden.
»Das hier ist Ihr Arbeitsplatz«, erklärte er und deutete auf einen Schreibtisch, auf dem ein Computer stand. »Ich sitze da drüben. Wollen Sie sich schon mal einrichten? Ich muss mich noch auf ein Briefing vorbereiten, komme aber gleich im Anschluss wieder zu Ihnen und zeige Ihnen alles ganz ausführlich.«
»Danke.«
Sie loggte sich in ihren Computer ein, wozu sie zunächst ihre CAC -Karte durch ein Lesegerät ziehen musste, das sich neben dem Keyboard befand. Der Chip in der Smartcard verband sich mit der militäreigenen ActivClient-Software und überprüfte ihre Zugangsberechtigung, ihre persönlichen Daten und ihren Standort, ehe ihr der Zugriff auf den Bildschirm gewährt wurde, der in jeder sonstigen Hinsicht dem eines ganz normalen PC s entsprach. Doch hatte man diesen hier personalisiert, was für einen Computer des Militärs ungewöhnlich war. Den Hintergrund zierte das Foto einer lächelnden jungen Frau in Militär-Skiausrüstung und mit Sonnenbrille. Vermutlich handelte es sich hierbei um ihre Vorgängerin, deren Name, wie sie den zahlreichen Postkarten an der Wand entnahm, Lieutenant Carol Nathans lautete. Es schien so, als hätte Nathans ihren Arbeitsplatz derart überstürzt verlassen, dass ihr keine Zeit zum Aufräumen geblieben war. Holly beförderte das Foto in den Papierkorb. Sie persönlich war der Ansicht, dass Computerbildschirme viel ordentlicher aussahen, wenn sie leer blieben oder einfach nur ein schlichtes Militärabzeichen zeigten.
Sie hatte bereits in ihrer vorübergehenden Unterkunft im Ederle Inn Hotel eingecheckt, ihre Habseligkeiten ausgepackt und ordentlich verstaut, wie man es beim Militär gern sah, und hatte dann den Papierkrieg der Neuankömmlinge bei der In-Processing-Stelle hinter sich gebracht. In der kommenden Woche würde sie an einem vorgeschriebenen Orientierungskurs für Neulinge teilnehmen, bei dem alles abgedeckt wurde, von den europäischen Verkehrsregeln bis hin zum grundlegenden italienischen Vokabular. Keiner von den einzelnen Kursbestandteilen war freiwillig, selbst wenn man die Sprache bereits
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