Marter: Thriller (German Edition)
Nachricht.
»Ma’am, hier spricht Second Lieutenant Boland von der Caserma Ederle. Ich habe Neuigkeiten für Sie in Bezug auf die Fortschritte, was Ihre Open-Government-Anfrage betrifft. Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass ich eine Fristverlängerung benötige, wie es auch das Gesetz zulässt, um herauszufinden, ob wir über die von Ihnen beantragten Informationen verfügen.«
Nachdem sie aufgelegt hatte, hätte sie das Ganze erst mal vergessen sollen, das war ihr klar. Es gab Dringenderes, worum sie sich kümmern musste. Der Kinder- und Jugenddienst hatte soeben einen Antrag auf einen Übersetzer gestellt, der bei einer Reihe von Vorträgen helfen sollte, um Eltern im Dienst der Armee über das Thema »Nein zu Drogen« aufzuklären. Das Soldatentheater benötigte Hilfe bei den Plakaten in der Landessprache, um für die bevorstehende Wohltätigkeitsgala zu werben. Die Zahnarztpraxis wollte jemanden aus der Gegend als Zahnarzthelfer einstellen, weshalb dringend jemand die Qualifikationen von Dentaltechnikern in Italien mit denen in Amerika vergleichen sollte.
Doch eine Holly Boland, der man beigebracht hatte, jeden Morgen ihr Bett ordentlich zu machen, zog es vor, die Dinge gedanklich ebenso ordentlich zu sortieren, ehe sie sich der nächsten Sache zuwandte. Daher grübelte sie weiter über Barbara Holtons Anfrage nach, während sie ihren anderen Pflichten nachging, so interessant und wichtig sie auch sein mochten.
15
Dass im Hauptquartier Handys klingelten, war nichts Ungewöhnliches, daher brauchte Colonnello Piola einige Sekunden, bis ihm auffiel, dass niemand auf das Klingeln eines bestimmten Mobiltelefons zu reagieren schien. Beiläufig sah er sich im Raum um, da das Geräusch von irgendwo in der Nähe kam, doch als es aufhörte, hatte er die Sache schnell wieder vergessen.
Einige Augenblicke später jedoch ertönte ein schrilles Piepen, das darauf hindeutete, dass der Anrufer eine Nachricht hinterlassen hatte.
Es gelang ihm, auch das zu ignorieren. Aber wem auch immer dieses Handy gehörte, derjenige hatte es so eingestellt, dass es in regelmäßigen Abständen piepte, bis man die Nachricht abhörte. Piola bemühte sich, die Beweismittel durchzugehen, die sie bislang gesammelt hatten, um zu entscheiden, welchen Spuren sie am dringendsten nachgehen mussten, doch das ständige Piepen lenkte ihn ab. Wieder blickte er sich um, dieses Mal leicht verärgert über diesen geistesabwesenden Mitarbeiter, der sein Handy vergessen hatte, statt es in der eigenen Tasche zu tragen.
Fast sofort fiel sein Blick auf ein blinkendes Licht auf dem Tisch, auf dem die Beweismittel aus dem Hotel darauf warteten, erfasst zu werden. Es war das Telefon, das sie gefunden hatten, das jetzt in dem Beutel aufleuchtete, in dem es steckte. Das bedeutete, dass eine Nachricht eingegangen war.
In drei großen Sätzen durchquerte er den Raum und nahm das Handy hoch. Ohne den Plastikbeutel zu öffnen, berührte er den Bildschirm. Die Worte »Neue Mailboxnachricht« blinkten auf. Er hielt sich das Ding ans Ohr und lauschte durch die Plastiktüte.
»Ma’am, hier spricht Second Lieutenant Boland von der Caserma Ederle …«
Sofort griff er nach seinem Notizbuch und notierte sich den Namen. Dann suchte er nach seinem eigenen Handy und wählte Kats Nummer.
» Pronto?« , meldete sich ihre Stimme.
»Kat, wie weit sind Sie von Vicenza weg? Sie müssen mit einer gewissen Second Lieutenant Boland in der Caserma Ederle reden.«
16
Holly Boland empfing soeben einen Anruf von der Pforte mit der Mitteilung, eine Beamtin der Carabinieri habe um ein Treffen mit ihr gebeten. Während man ihren unerwarteten Besuch zu ihr eskortierte, bereitete sie einen Konferenzraum vor. Wie sie Mikes Worten entnommen hatte, würde das zu ihren regelmäßigen Aufgaben gehören. Jegliche Beschwerden von der örtlichen Polizei über amerikanische Soldaten, die in den Bars und Kneipen der Gegend Unruhe stifteten, würde man an sie weiterleiten. Man erwartete von ihr, dass sie aufmerksam zuhörte, in der Hoffnung, die Italiener würden nicht allzu sehr auf der Sache herumreiten. Dann konnte man sich intern darum kümmern. Wenn ein Soldat erst kürzlich vom Einsatz in einem Kriegsgebiet zurückgekehrt war, dann wurde er in der Regel nicht allzu hart bestraft.
Sie war deshalb überrascht, als die fragliche Beamtin sich als Capitano in Zivilkleidung herausstellte – auch wenn der Begriff »Zivilkleidung« dem lässig eleganten Look der jungen Frau mit dem
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