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Marter: Thriller (German Edition)

Marter: Thriller (German Edition)

Titel: Marter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Holt
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Verurteilungen vor italienischen Gerichten bei null. Ich nehme an, Sie wissen von den Toten bei dem Seilbahnunglück in Cermis?«
    Von dem plötzlichen Themenwechsel völlig überrumpelt, schüttelte Holly den Kopf.
    »Ein US -Militärjet flog einen Testflug über die Alpen, etwas nördlich von hier. Das Problem war, dass der Pilot dieses Jets auf Video die Wette abgeschlossen hatte, er könne mit seinem Flugzeug direkt zwischen den beiden Seilbahnen fliegen, die das Tal überspannen. Er kappte eines der Seile mit der Spitze seines Flügels, woraufhin die Gondel fast zwanzig Meter in die Tiefe stürzte. Die Insassen starben, alle zwanzig. Die US -Armee weigerte sich, die Besatzung des Flugzeugs auszuliefern, und man behauptete, dass man den Fall untersuchen und die Männer vor dem Militärgericht verurteilen würde. Und raten Sie mal, was geschah? Sie wurden freigesprochen, jeder Einzelne von ihnen. Selbst der Pilot. Mehr als eine Dekade später sind die Haftbefehle der italienischen Behörden gegen sie immer noch aktiv.«
    Holly konnte den Blick nicht von Capitano Tapos Händen abwenden, die während ihres Monologs eine ganz eigene, noch beeindruckendere Performance hingelegt hatten. Die Beamtin wirkte wie eine Pantomimin, die mit einem Dutzend unsichtbarer Bälle gleichzeitig jonglierte.
    »Ma’am, ich bin nicht befugt, mich zu diesem speziellen Vorfall zu äußern …«
    »Natürlich sind Sie das nicht. Genauso wenig wie zu dem Sniper mit dem posttraumatischen Stresssyndrom, der beschloss, seine Fähigkeiten an einem Zivilisten hier in Vicenza unter Beweis zu stellen. Oder der Mann, der in einer Bar in Venedig zu Tode geprügelt wurde, weil er es wagte, drei GIs zu provozieren, die sich an seine Freundin heranmachen wollten. Und da fragen Sie sich noch, warum die Leute dagegen sind, dass dieses Camp hier flächenmäßig verdoppelt wird! Zehntausend US -Angestellte allein im Veneto, zwanzigtausend in Italien insgesamt. Wissen Sie was? In jedem anderen Land würde man bei einer solchen Truppenstärke von einer Besatzung sprechen.«
    Es herrschte Stille. Dann sagte Holly: »Nun, um auf die FOIA -Anfrage zurückzukommen …«
    »Vergessen Sie’s«, erwiderte Capitano Tapo mit unverhohlener Verachtung. »Sie werden ja sowieso nichts unternehmen. Warum sollten Sie auch? Ist ja schließlich nur eine tote Zivilistin.«
    Nicht nur die Kleidung der Frau verärgerte sie, nein, auch ihre herablassende Art. Daher erwiderte Holly nun: »Ich kann Ihnen so viel sagen, dass die Anfrage sich auf einen General Dragan Korovik bezog, der im Bosnienkrieg die Befehlsgewalt hatte – eine Zeit, aus der wir keinerlei Unterlagen mehr vorliegen haben. Barbara Holton war Betreiberin einer Website namens Women Under War. In dieser Funktion stellte sie den Antrag. Mehr hatte sie mit diesem Stützpunkt nicht zu tun.«
    Den Bruchteil einer Sekunde sah man so etwas wie Triumph in den dunklen Augen der Italienerin aufblitzen. »Genau das dachte ich mir«, erwiderte Kat. »Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Lieutenant. Es macht die Dinge doch um einiges leichter, wenn man an einem Strang zieht, nicht wahr?«

17
    Während man sie zur Pforte von Camp Ederle zurückeskortierte, ertappte Kat sich dabei, wie sie ein Gefühl der Genugtuung über den Verlauf des Gesprächs empfand. Sie hatte weit mehr erreicht, als sie erwartet hatte, da es bekanntermaßen relativ schwer war, aus Angestellten der US -Armee irgendwas herauszubekommen. War ja schön und gut, neben Piola die zweite Geige zu spielen, aber hin und wieder die Dinge selbst in die Hand zu nehmen war auch ganz nett.
    Außerdem hatte es ihr gefallen, die kleine amerikanische Maus zu provozieren. Sie wusste, dass ein hoher Prozentsatz der Frauen in der US -Armee Lesben sein mussten, trotzdem konnte sie nicht nachvollziehen, wie um alles in der Welt sie die ganze Zeit diese schrecklichen geschlechtsneutralen Tarnanzüge tragen konnten, selbst dann, wenn sie nur in einem Büro herumhockten und wenig Nützliches taten und es im Grunde nichts durch Tarnfarben zu verbergen gab. Da würde es doch mehr Sinn ergeben, so dachte sie, wenn auf Second Lieutenant Bolands Uniform ein Schreibtisch, ein Aktenschrank und eine graue Wand aufgedruckt wären. Dann wäre sie so gut wie unsichtbar gewesen.
    Zufrieden über ihre Beobachtungen, die Colonnello Piola sicherlich zum Schmunzeln bringen würden, wenn sie es später schaffte, das in ihren Bericht einzubauen, wandte sie sich an den Carabiniere, der sie

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