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Marter: Thriller (German Edition)

Marter: Thriller (German Edition)

Titel: Marter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Holt
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Wachhäuschen händigte sie den Wachhabenden ihre CAC -Karte aus, damit diese sie durch den Kartenleser zogen. Dann erkundigte sie sich nach dem Weg zur Recyclinganlage. Sie fuhr einige Kilometer weit in das Campinnere, ehe sie zu einem riesigen Hangar gelangte in der Nähe von einer Reihe von Betonkuppeln, die aussahen wie gigantische weiße Champignons. Sie verrieten, wo sich die unterirdischen Raketenlager befanden.
    Im Hangar traf sie an einem Schreibtisch den Mann an, mit dem sie bereits am Telefon gesprochen hatte. Sie wusste sofort, was für ein Typ er war: Ende fünfzig, sonnengebräunt, den Bauchansatz in eine Uniform gezwängt, die zwei Nummern zu klein war und somit auch als Korsett durchging. Sergeant Kassapian stand etwa zwei Jahre vor seiner Pensionierung, daher war es ihm egal, wie er seine Zeit bis dahin verbrachte.
    »Ich bin auf der Suche nach den alten Archiven von Camp Ederle. Man hat sie hierhergebracht«, erklärte Holly. »Sie sagten, ich könnte sie mir ansehen, Sie erinnern sich?«
    »Sicher, Sie können gern einen Blick darauf werfen. Aber erwarten Sie sich nicht allzu viel.« Er schlurfte auf einen fast zwei Meter hohen Haufen in einer Ecke zu. Geschreddertes Papier. »Das ist es.«
    Entsetzt starrte sie auf den Berg. »Man hat die Unterlagen geschreddert?«
    »Sieht ganz danach aus«, bestätigte er.
    »Wann hat man das gemacht?«
    »Gestern. Da kam die Anweisung. Ich habe alles geschreddert, zur Sicherheit. Hat ewig gedauert, das kann ich Ihnen sagen. Und dabei haben wir einen relativ großen Schredder. Aber wir sind noch nicht ganz fertig.«
    »Es gibt noch mehr?«
    Er deutete mit dem Daumen auf einen Stapel Kartons in der anderen Ecke. »Da drüben.«
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich mir wenigstens die kurz ansehe?«
    »Tja, spricht wohl nichts dagegen«, erwiderte er zögerlich. »Da Sie doch schon den ganzen weiten Weg auf sich genommen haben. Aber nehmen Sie bitte nichts raus. Ich habe nun mal strikte Anweisung, alles zu vernichten, Sie verstehen? Wenn Sie da was wegnehmen, dann kann ich den Anweisungen nicht nachkommen.«
    »Danke«, sagte sie anerkennend.
    Zunächst setzte sie sich zum Ziel, Kisten zu finden, die zu den Jahren aus Barbara Holtons Anfrage passten, zwischen 1993 und 1995. Doch leider sah es ganz danach aus, als wären diese bereits dem Schredder zum Opfer gefallen.
    »Verdammt«, stieß sie laut aus.
    »Haben Sie gefunden, wonach Sie gesucht haben?«, erkundigte Kassapian sich und kam auf sie zugeschlendert. Sein Bauch war derart groß, dass er leicht vornübergebeugt ging.
    »Nicht ganz, nein.«
    »Was wollen Sie dann jetzt unternehmen?«
    »Tja«, erwiderte sie und deutete auf den Stapel. »Ich werde jede dieser Kisten durchsuchen in der Hoffnung, dass ich Dokumente finde, die auf Serbokroatisch verfasst sind.«
    Er machte eine Kaubewegung mit dem Mund, als würde er eine imaginäre Zigarre in den Mundwinkeln rollen, während er über ihre Worte nachgrübelte. »Und was wollen Sie dann damit? Sie mitnehmen?«
    »Nein, bestimmt nicht. Denn Sie haben ja die strikte Anweisung, sie zu vernichten, nicht wahr?« Er nickte bekräftigend. »Wenn ich sie gefunden habe, werde ich sie kopieren, wenn Sie so freundlich wären, mir ein Kopiergerät zur Verfügung zu stellen. Und dann können Sie die Originale vernichten, und alle sind glücklich.«
    »Klingt mir nach einem fairen Deal«, entgegnete er. »Machen Sie ruhig weiter. Wir kriegen hier nicht oft Besuch, um ehrlich zu sein.«
    Ihr wurde klar, dass er mit seiner ruppigen Art lediglich seine Einsamkeit überspielte. »Vielen Dank, Sergeant. Wie wäre es, wenn ich mit dem Stapel hier beginne?« Und dann fügte sie noch hinzu: »Wissen Sie, ich bin mehr oder weniger auf dieser Basis hier aufgewachsen. Ted Boland ist mein Vater.«
    Wie erwartet trat ein Funkeln in seine Augen. »Ted Boland! Na so was. Ich bin selbst schon fünfzehn Jahre hier stationiert …«
    Dann redete er zwei Stunden lang ununterbrochen. In dieser Zeit gelang es ihr, ein Dutzend Dokumente auf Serbokroatisch aus dem Haufen zu ziehen. Es gab auch ein Kopiergerät im Büro, also kopierte sie alles zwei Mal, einen Satz für sich selbst und einen für Ian Gilroy, ehe sie die Originale wieder an Sergeant Kassapian aushändigte, der sie daraufhin ordnungsgemäß vernichten würde.

32
    Wie bei den meisten alten palazzi ging das herrschaftliche Hauptportal der Ca’ Barbo auf den Kanal hinaus, um diejenigen zu beeindrucken, die mit dem Boot

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