Marter: Thriller (German Edition)
denn es war sowieso klar, dass dieses abgelehnt werden würde. Weibliche Priester, die sich zu erkennen gaben, wurden mitunter angespuckt, ihre Häuser abgebrannt, sie aus ihren Gemeinden und Glaubenskongregationen ausgeschlossen und vieles mehr. Ich persönlich wäre nicht überrascht, wenn uns noch weit schwerwiegendere, körperliche Risiken drohten von jenen, die der Ansicht sind, sie würden Gottes Werk tun.
Tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass die beiden Frauen, nach denen ich mich erkundigt habe, tot sind – ermordet, genauer gesagt.
Es entstand eine längere Pause. Dann schrieb sie weiter.
Wie fürchterlich. Ich werde für sie beten.
Haben Sie irgendeine Vorstellung, wer das getan haben könnte?
Es gibt über eine Milliarde Katholiken weltweit, und bis auf wenige Ausnahmen stimmen alle völlig widerspruchslos mit den päpstlichen Erlassen überein. Zweifelsohne würden einige von ihnen in Seinem Namen auch töten, doch kann ich Ihnen bei der Suche nach diesen Leuten nicht behilflich sein.
Die Gestalt Kat gegenüber begann zu flackern, dann verschwand sie vollständig.
»Sie hat sich ausgeloggt«, stellte Piola fest.
»Faszinierend«, erklärte Kat, während sie sich zurücklehnte. »Zumindest wäre damit ein für alle Mal die Hypothese widerlegt, bei Jelena Babi ć handelte es sich um keine echte Priesterin. In ihren eigenen Augen war sie ebenso legitim wie jeder geweihte Mann. Und das Ganze liefert uns eine Erklärung für das, was auf Poveglia passiert ist.«
»Wir können allerdings nichts von alledem beweisen«, wandte Piola ein.
»Ich denke schon, zumindest teilweise. Als ich mich mit Pater Uriel unterhielt, da sagte er etwas davon, dass die älteren Nonnen im Institut Christina Mirabilis früher auf Poveglia beschäftigt waren, als das dort noch eine Irrenanstalt war. Ich werde überprüfen, ob eine von ihnen die Sache mit Martina Duvnjak bestätigen kann. Ich wollte sowieso noch einmal dorthin – Pater Uriel soll ruhig wissen, dass ich seine wegwerfenden Worte nicht so ernst genommen habe.«
»Gut, aber bleiben wir schön bei der Sache. Denn letzten Endes hat die ganze Geschichte immer noch mit dem organisierten Verbrechen zu tun.«
»So sicher können wir uns da nicht sein«, protestierte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Die Zigaretten, der Tod dieses Fischers … Ich bin ja auch deiner Meinung, dass Marcellos These von einem Streit zwischen Lesben blanker Unsinn ist, aber zumindest ist sie einfach. Ich glaube fast, dass das alles nichts weiter ist als ein Zufall. Hier treffen zwei Welten aufeinander, sonst nichts. Wir sollten wohl besser akzeptieren, dass Jelena Babi ć auf Poveglia war, um die Messe zu zelebrieren, und zwar an dem Ort, an dem diese andere Priesterin eingesperrt war. Und dass das, was Ricci Castiglione dort getrieben hat, irgendwie mit der Mafia zu tun hatte – sagen wir mal, er musste Schmugglergut abholen. Einverstanden?«
Kat nickte.
»Als er dort eine Fremde antrifft, tötet er sie – und ja, vielleicht ist Marcellos Vorschlag, dass diese Waffe seine war und man sie über die Adria ins Land geschmuggelt hat, gar nicht mal so abwegig. Nachdem er Jelena getötet hat, tut Ricci alles, um es so aussehen zu lassen, als wäre am Tatort eine schwarze Messe zelebriert worden. Zum einen, um seine eigenen Spuren zu vertuschen, und zum anderen, um dazu beizutragen, dass die Leute sich von Poveglia fernhalten. Als der Leichnam in Venedig an Land gespült wird, beschließen seine Bosse, ihn umbringen zu lassen, ehe er noch irgendwelche Geheimnisse ausplaudert.«
Das alles klang recht plausibel, dennoch wollte sie einfach nicht akzeptieren, dass die Verfolgung weiblicher Priester nichts mit dem Mordfall zu tun haben sollte. »Hätte Ricci als Fischer nicht besser als jeder andere wissen müssen, dass man einen Leichnam nicht vor Poveglia ablädt?«, protestierte sie. »Er hätte doch gewusst, dass die Strömungen den Körper nach Venedig tragen würden. Und was ist mit dieser Anfrage im Rahmen des Freedom-of-Information-Act, die Barbara Holton an die US -Armee herangetragen hat? Ihre Erkundigungen zu Dragan Korovik? Willst du etwa behaupten, das alles habe nichts zu bedeuten?«
Piola zuckte die Achsel. »Da wir nicht mit den Amerikanern reden dürfen, können wir nur hoffen, dass es nicht so ist. Was die Kirche betrifft … Ich hätte bestimmt nichts dagegen, wenn wir diesen Fall zum Abschluss bringen könnten, ohne dass wir Seine Heiligkeit da mit reinziehen
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