Martha im Gepaeck
das ihr einfiel. »Wie John Martha gerettet hat. Wahrscheinlich ist es sogar dieselbe Stelle.« Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
»Martha musste doch gar nicht gerettet werden. Und ich kann dich auch leider nicht in mein kleines Schloss mitnehmen«, meinte Bernd. Er drehte sich zu ihr um. »Ich kann dich nur ein bisschen wärmen.« Und plötzlich kroch er näher an sie heran, legte seinen Arm um sie und zog sie an seine Brust. Sie presste ihn fest an sich, um warm zu werden, aber auch aus Erleichterung. Seine Haut roch nach Wasser, Sonne und Gras. Sie war wärmer als ihre, obwohl er doch auch eben erst aus dem Eiswasser gestiegen war.
»Besser?«, fragte er leise.
»Besser«, antwortete sie ebenso leise. »Viel besser.« Und in diesem Moment war alles so vertraut, so wie früher. Seine Hände, die immer noch sanft ihren Rücken streichelten und dann weiter nach unten glitten, sein Atem an ihrem Hals, sein Herz, das immer noch oder schon wieder heftig klopfte, und sein Mund, der ihren suchte. Sie schloss die Augen, zog ihn auf sich und fuhr mit den Händen über seine Schultern. »Hör nicht auf«, flüsterte sie. Sein Mund glitt weiter runter, auf ihren Hals, ihre Brust. Sie öffnete die Augen, drehte den Kopf nach links – und zuckte zusammen. Auf dem Steg saß jemand. Ein Angler. Er schleuderte gerade seine Angel nach hinten, um dann die Schnur mit einem Surren in den Fluss zu werfen.
»Bernd!« Sie versuchte, ihn von sich zu schieben.
Er stöhnte leise. »Ich hör nicht auf, versprochen.«
»Bernd! Da ist jemand!«
»Was?« Er rappelte sich hoch.
»Da!« Sie richtete sich schnell auf und schnappte nach ihrem T-Shirt.
Der Mann auf dem Steg sah jetzt zu ihnen herüber. »Afternoon!« , rief er fröhlich und hob leicht die Hand. »Aber nicht die Fische vertreiben, okay?«
28 »Wo ist Tante Martha?« Mark und Lindsey kamen aufgeregt über den Kies gestapft. Teresa folgte ihnen mit einem kleinen Behältnis in der Hand, in das sie jetzt einen Plastikstab mit einer Öse tunkte und hindurchblies. Eine Wolke von Seifenblasen schwebte schillernd durch die Luft.
»Ist was passiert?« Karen erschrak. Sie war selbst gerade erst mit Bernd hier angekommen, nach einem fluchtartigen Aufbruch vom Fluss. Ihre Haare waren noch nass, und die Decke hatte sie hastig zusammengeknüllt und unter den Arm geklemmt.
Mrs Warnock schloss ihr Auto ab. »Nein, nein. Ich weiß auch nicht, was die haben.« Sie zuckte mit den Schultern. »Sie wollten es mir nicht sagen.«
»Martha spaziert dahinten im Garten mit John herum, ich habe sie eben gesehen.« Bernd deutete in Richtung See.
»Ich weiß gar nicht, worüber sie die ganze Zeit reden.« Mrs Warnock schüttelte den Kopf.
»Man muss ja nicht immer nur reden«, sagte Karen.
»Genau.« Bernd grinste sie frech an. »Gibt ja auch noch andere nette Sachen, die man machen kann. Angeln zum Beispiel.«
Karen sah schnell weg, damit sie nicht in schallendes Gelächter ausbrach. Allerdings hatte sie sich ebenfalls schon gefragt, was die beiden nur die ganze Zeit zu besprechen hatten. Ging Martha jetzt mit John zu Cullen MacGregors Grab? Auf jeden Fall wollten sie heute nicht gestört werden, das war offensichtlich.
»Wart ihr baden, Mama?«, fragte Teresa.
»Unter anderem«, sagte Bernd. Seine Mundwinkel zuckten nach oben.
»Ich kenne jetzt ihr Geheimnis«, platzte Mark heraus, ohne auf seine Schwester einzugehen. Lindsey nickte.
»Was für ein Geheimnis?« Karen breitete die feuchte Decke auf dem Gras aus. »Ich dachte, ihr wolltet ein Eis essen gehen?«
»Marthas Geheimnis. Wir waren nämlich bei Lindseys Ur-Oma.«
Mrs Warnock öffnete ihren Kofferraum, um ein paar Einkäufe herauszuholen. Ein langes Stangenbrot lugte aus einer Tüte heraus. »Na ja, ich musste noch mal bei meiner Mutter vorbei; ich hatte was aus der Drogerie für sie. Und die beiden waren so nett und haben sich ein bisschen mit ihr unterhalten. Ich habe gar nicht mitgekriegt, was sie ihnen erzählt hat. Ich mache ja auch noch sauber für sie.« Sie seufzte.
Karen spitzte die Ohren. Mrs Warnocks Mutter war doch zu der Zeit Haushälterin in Glen Manor gewesen, als Martha sich hier aufhielt. Und sie hatte mal etwas von dem »German girl« erzählt.
»Und?«, fragte Karen gespannt.
Mark holte Luft. »Ich habe es ja nicht alles ganz verstanden. Die Frau hat so beim Reden geröchelt.« Er sah verlegen zu Mrs Warnock. »Aber Lindsey hat es noch mal für mich wiederholt. Erst wollten wir Eis essen gehen, es gab
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