Martin, Kat - Perlen Serie
„Jemand möch- te Windmere kaufen?"
„Ganz genau. Im Laufe der nächsten Woche werde ich das Geschäft zum Abschluss bringen."
Die Gedanken rasten durch ihren Kopf. „Sie ... Sie können das Haus nicht einfach verkaufen. Windmere befindet sich seit dreihundert Jahren in der Familie meiner Mutter. Sie können es nicht verkaufen!"
Jetzt wusste sie auch, warum er so selbstgefällig gelächelt hatte. Schließlich war er sich im Klaren darüber, wie viel ihr das Haus bedeutete, welche Erinnerungen für sie damit ver- bunden waren und dass der Verkauf sie zutiefst treffen würde. „Wer ist der Käufer?"
„Ich fürchte, das darf ich nicht sagen. Aber ich habe gehört, dass der neue Besitzer einige Umbauten vornehmen lassen will. Vielleicht wird er das Gebäude auch als Gasthaus nut- zen."
Obwohl sie wusste, dass der Baron dies wahrscheinlich nur sagte, um sie zu verletzen und herauszufordern, spürte sie ei-
ne wachsende Beklemmung in sich aufsteigen. Oder sprach er etwa die Wahrheit?
„Wenn dir das Haus so viel bedeutet, könntest du deinen Mann überreden, dass er es kauft. Natürlich müsste sein Gebot den jetzigen Verkaufspreis um einiges übersteigen. Vielleicht um das Doppelte? Oder nein, ich denke, das Dreifache der Summe wäre angemessen. Ich bin mir sicher, dass wir auf je- den Fall zu einer Einigung kommen werden."
Der Baron hasste Cord fast so sehr wie sie, und er schien ent- schlossen zu sein, vom Vermögen seines Schwiegersohns zu profitieren, wo immer er konnte. Tory war sich sicher, dass ihr Mann das Haus erwerben würde, wenn sie ihn darum bat - sie würde jedoch Stillschweigen bewahren.
Reichte es nicht schon, dass sie keinen einzigen Penny mit in die Ehe gebracht hatte, obwohl er doch eigentlich durch eine Heirat den Besitz seiner Familie hatte vermehren wollen? Cord hatte bereits die aberwitzige Summe gezahlt, die Harwood für die gestohlene Brautkette verlangt hatte. Und wenn sie an all die Geschenke dachte, mit denen er sie in den letzten Tagen überhäuft hatte ...
Sie würde ihn nicht um noch mehr bitten. Auch wenn das bedeutete, dass sie Windmere für immer verlieren würde.
„Da kommt der Earl ja schon! Ich denke, dass ich ihm gleich ein Angebot unterbreiten werde."
„Nein", sagte Tory entschlossen. „Das werden Sie nicht tun. Wir sind nicht daran interessiert, das Haus zu kaufen." Aller- dings war ihr sehr daran gelegen, sich dort noch einmal in Ru- he nach dem Tagebuch ihrer Mutter umzusehen. Wenn die neu- en Besitzer erst einmal mit den Umbauten anfingen, würde sie der Wahrheit vielleicht nie mehr auf die Spur kommen.
Nachdenklich betrachtete sie das hagere Gesicht des Barons, um dessen dünne Lippen noch immer ein zufriedenes Lächeln spielte. Sie glaubte fest daran, dass dieser Mann ihren Vater umgebracht hatte. Und es gab nichts, was sie sich so sehr wünschte, wie Miles Whiting für seine Tat bestraft zu sehen. Noch bevor Cord sie erreicht hatte, zog sich der Baron zu- rück.
„Was wollte dieser verteufelte Harwood von dir?" wollte Cord wissen.
„Er wollte uns nur noch einmal leibhaftig daran erinnern, was für ein unglaubliches Scheusal er doch ist."
Tory blickte zu ihrem Mann auf, der in seinem dunklen
Abendanzug atemberaubend gut aussah. Ihre Augen wander- ten zu seinen breiten Schultern, seinem kraftvollen Oberkör- per, der ihr so vertraut war ... Sie wollte, dass er sie hier, mit- ten im Ballsaal küsste, dass er sie mit sich in die nächstbeste Kammer zog und sie liebte, wie er es schon einmal getan hat- te.
Er musste ihre Gedanken gelesen haben, denn seine gold- braunen Augen funkelten nun dunkel vor Leidenschaft. Be- stimmt war er genauso erregt wie sie!
Doch im nächsten Moment hatte er sich bereits wieder unter Kontrolle, und Tory glaubte fast, sich getäuscht zu haben. Sie sah den Baron am anderen Ende des Saals mit einigen seiner Freunde zusammenstehen und konnte nur mühsam ei- nen Schauder des Unbehagens unterdrücken.
„Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich jetzt lieber nach Hause möchte. Mit diesem Mann will ich nicht länger in einem Haus sein."
Cord folgte ihrem Blick und nickte. „Gut. Wir holen deinen Umhang, und dann rufe ich die Kutsche."
Er wich nicht von ihrer Seite, sobald sie hingegen zu Hause angekommen waren, zog er sich in sein Zimmer zurück und ließ sie allein. Statt ungestörten Schlafes erwartete sie eine Nacht, in der lustvolle Träume von Cord und bedrohliche Alb- träume von Windmere sie kaum zur Ruhe kommen
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