Martin, Kat - Perlen Serie
über den Rücken. Er wusste, dass Ethan ein Mann war, der seinen Worten Taten folgen ließ. Sein Cousin wollte Rache, und Cord konnte ihm das nicht ver-
übeln. Wäre er fast ein Jahr lang gefangen gehalten, gequält
und geschlagen worden, würde er genauso empfinden.
„Wenn ich dir irgendwie helfen kann, musst du es mich wis-
sen lassen." Er erhob sich aus seinem Sessel und merkte, wie schwach er sich noch immer fühlte.
„Du hast schon so viel für mich getan", entgegnete Ethan
und kam auf ihn zu. Zum ersten Mal drückte er seine Dank-
barkeit aus und legte seine Hand auf Cords Schulter. „Wenn
ich nicht immer an dich gedacht hätte", gestand er mit leiser Stimme, „wäre ich im Gefängnis umgekommen. Du bist der
beste Freund, den ein Mann sich wünschen kann."
Die beiden Männer umarmten sich kurz, und beiden war be- wusst, wie nah sie dem Tod gewesen waren.
„Ich bin sehr froh, dass du wieder hier bist", stieß Cord brüsk hervor, als sie sich etwas verlegen ansahen. „Und ich weiß, dass es Sarah ebenso geht."
Ethan nickte. „Sie will mich heute Nachmittag mit ihrer Fa- milie in meinem Stadthaus besuchen kommen. Mir graut zwar schon vor ihrem Gefühlsausbruch und ihren Freudentränen, aber ich freue mich trotzdem sehr, sie wiederzusehen. Und na- türlich auch Jonathan und Teddy. Sheffield war ein ausge- zeichneter Gastgeber, nur kann ich es kaum erwarten, wieder in meinen eigenen vier Wänden zu sein."
„Das kann ich mir vorstellen."
„Vielleicht könntest du mit Victoria zum Abendessen vor- beikommen? Ich weiß, dass auch Sarah sich darüber freuen würde."
Cord lächelte. „Sehr gerne."
Insgeheim fragte er sich, was Victoria wohl von Ethan hal- ten würde. Sein Cousin hatte sich im Laufe des letzten Jahres sehr verändert.
Früher war er ein lebenslustiger Mann gewesen, dessen herzliches Lachen ansteckend wirkte. Nun schien er zurück- haltend und fast schon misstrauisch. Seit er das Zimmer betre- ten hatte, hatte er kein einziges Mal gelächelt. Ethan war erst achtundzwanzig, und Cord konnte nur hoffen, dass er im Lau- fe der Zeit zu seiner alten Lebensfreude zurückfinden würde. Auf dem Weg in die Eingangshalle stützte Ethan sich schwer auf seinen Gehstock mit dem silbernen Knauf. Mühsam ging er die Treppe hinauf, um seine Sachen zusammenzupacken. Der Arzt hatte gesagt, dass das Bein immer beeinträchtigt bleiben würde, denn die Schläge, die Ethan von den Wächtern erhal- ten hatte, hatten bleibende Schäden verursacht. Es war aller- dings zu hoffen, dass das Humpeln mit der Zeit schwächer werden würde.
Sobald Cord seinen Cousin hinter dem obersten Treppenab- satz verschwinden sah, machte er sich auf die Suche nach Ra- te. Er war sich nicht sicher, wie sein Freund die Nachricht sei- ner Aussöhnung mit Victoria aufnehmen würde.
„Ich bewundere deine Frau", erklärte Rafe zu Cords großer Überraschung. „Sie ist klug und mutig, und sie möchte dieje- nigen beschützen, die ihr etwas bedeuten. Und du hast völlig Recht, wenn du sagst, dass Menschen eben manchmal Fehler
machen. Wäre sie meine Frau, fiele es mir allerdings nicht so leicht, ihr zu verzeihen. Dennoch freue ich mich aufrichtig für euch beide und hoffe, dass sich nun alles zum Guten wendet." Da konnte sich Cord seinem Freund nur anschließen. Aber es würde Zeit brauchen, bis er sich dessen sicher sein konnte ... Vielleicht sogar Jahre.
Diese Vorstellung fand er wenig erfreulich.
Cord und sie lebten nun wieder unter einem Dach, und wenn- gleich er bislang Torys Bett mied, so hatte er doch sein Wort gehalten und viel Zeit mit ihr verbracht. Es konnte kein Zwei- fel daran bestehen, dass er sich Mühe gab, ihr nun ein guter Ehemann zu sein.
Er wollte, dass sie eine glückliche Ehe führten, und Tory brach schier das Herz, wenn sie sich vorstellte, dass er immer noch glaubte, sie habe ihn mit Julian Fox betrogen.
Schon oft hatte sie erwogen, ihrem Freund einen Brief zu schreiben und ihn zu bitten, Cord eine Nachricht zu senden, in der er ihm erklärte, dass nichts Unschickliches sich zwischen ihnen ereignet hätte. Unglücklicherweise würde Cord ihm kein Wort glauben, und jede Erwähnung seines Namens könnte al- les nur noch schlimmer machen.
Auch wenn es ihr unendlich schwer fiel, so würde sie die An- gelegenheit zunächst auf sich beruhen lassen.
„Du musst einfach abwarten", hatte Claire sie bei einem ih- rer Besuche wissen lassen. „Gib ihm Zeit zu merken, wie sehr du ihn liebst. Was er für
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