Martin, Kat - Perlen Serie
geführt hat, haben Sie alles da- rangesetzt, ihr die Arbeit wo immer möglich zu erschweren." Ein Raunen ging durch die ganze Reihe, und einige der Hausbediensteten warfen Victoria finstere Blicke zu. Bevor er fortfuhr, sah Cord, wie sie unter den Anfeindungen ihrer Kol- legen entschlossen die Schultern straffte.
„Trotzdem sind alle Arbeiten erledigt worden, und dies meist zu meiner größten Zufriedenheit. Ich habe Mrs. Temple gesagt, dass es ihr freistünde, Ihnen allen zu kündigen und
neues Personal anzustellen, aber sie hat dies abgelehnt. Statt- dessen wies sie mich darauf hin, dass Ihre Unzufriedenheit nicht ganz grundlos sei."
Ein Dutzend Augenpaare sahen ihn gespannt an. „Obwohl Mrs. Temple bereits sehr viel Erfahrung hat, ist sie jünger als die meisten Frauen, die als Haushälterin arbeiten. Es mag Ih- nen deshalb ungerecht erschienen sein, dass ich sie für diese wichtige Position eingestellt habe. Um dies auszugleichen, hat Mrs. Temple mir vorgeschlagen, dass ich jedem von Ihnen et- was mehr Lohn zahle."
Nun ging ein hörbares Gemurmel durch die Dienerschaft, und alle Augen richteten sich überrascht auf Victoria. Cord war mit sich zufrieden und lächelte innerlich.
„Die Lohnerhöhung tritt sofort in Kraft. Als Gegenleistung erwarte ich, dass Sie Mrs. Temple bei ihrer Arbeit uneinge- schränkt unterstützen. Das wäre alles."
Bevor er sich umwandte, warf er noch einen Blick auf Victo- ria und sah Erleichterung, vielleicht sogar etwas Bewunde- rung in ihrem Gesicht. So beschwingt wie lange nicht mehr, machte er sich auf den Weg zurück in sein Arbeitszimmer. Bevor er jedoch die Tür erreicht hatte, vernahm er die Stim- me seines Butlers Timmons hinter sich.
„Verzeihen Sie, Mylord, ein Bote hat soeben eine Nachricht von Colonel Pendleton gebracht. Ich dachte mir, dass Sie sie unverzüglich lesen möchten." Er gab ihm einen versiegelten Umschlag. „Soll der Bote auf Ihre Antwort warten?"
Cord brach das Siegel und überflog das Schreiben. Pendle- ton teilte ihm mit, dass er Neuigkeiten über Ethan habe, und bat um einen Gesprächstermin.
„Ich werde keine Nachricht zurücksenden, sondern mich persönlich darum kümmern. Lassen Sie meinen Einspänner vorfahren."
Die Fahrt nach Whitehall dauerte länger als gewöhnlich, da die Straßen mit schweren Fuhrwerken, Mietdroschken und be- häbigen Reisekutschen überfüllt waren. Sobald er sein Ziel endlich erreicht hatte, warf er einem Jungen eine Münze zu und wies ihn an, gut auf den Einspänner aufzupassen. Dann lief er schnellen Schrittes zu einem der hinteren Teile des Ge- bäudes und ging die Treppen zu Pendletons Büro hinauf. Der Colonel ließ ihn nicht lange warten. Die goldenen Epau- letten funkelten auf seiner roten Uniformjacke, als er Cord mit einer Armbewegung aufforderte, Platz zu nehmen. „Ich dach-
te mir schon, dass Sie nicht lange auf die Nachricht würden
warten wollen."
„Keinen Moment länger! Was gibt es Neues, Colonel?"
„Wie ich gehofft hatte, ist mein Kundschafter heute Morgen
eingetroffen. Ethan wird in Calais festgehalten."
Cords Herz machte einen Sprung. „Ist Bradley sich da si-
cher?"
„Absolut. Er hat den Captain zwar nicht selbst gesehen, doch seine Quelle sei äußerst verlässlich, versicherte er mir."
„Wie lange wird es dauern, bis er etwas unternehmen kann?"
„Sobald er von uns Weisungen hinsichtlich des Übergabeor-
tes erhält. In der Zwischenzeit wird er die nötigen Vorberei-
tungen treffen."
„Sie meinen, dass er die Gefängniswärter besticht, damit Sie
im entscheidenden Moment wegschauen?"
„Genau. Er möchte den Neumond abwarten, da die Flucht in
völliger Dunkelheit sicherer ist. Bis dahin sind es nur noch ei-
nige Tage."
„Ich habe einen einsatzbereiten Schoner mit einem fähigen
Kapitän und einer guten Mannschaft. Lassen Sie Bradley aus-
richten, dass wir nur noch auf sein Kommando warten."
„Ich werde ihn das so schnell wie möglich wissen lassen und
sage Ihnen Bescheid, sobald ich seine Antwort bekommen ha-
be." Da Ethan nicht mehr Offizier der britischen Armee war, handelte es sich um eine inoffizielle Rettungsaktion. Der Colo-
nel konnte ihnen hierbei Unterstützung leisten, mehr aber auch nicht.
Cord erhob sich, und sein Puls hämmerte vor freudiger Erre-
gung. Ethan lebte! Und bald würde er wieder zu Hause sein. Noch lange, nachdem Cord das Büro des Colonels verlassen hatte und zu seinem Stadthaus zurückgefahren war, pulsierte sein Körper
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