Martin, Kat - Perlen Serie
schaute in wirren Locken unter ihrer Haube hervor, und ihre Kleider wa- ren voller Fettflecken.
„Nun, Mrs. Temple?"
„Es ... es tut mir Leid, Mylord. Ich bin mir dessen bewusst, dass das Abendessen nicht ganz Ihren Erwartungen entspro- chen hat, aber..."
„Nicht ganz meinen Erwartungen entsprochen!" rief er auf-
gebracht. „Meine Gäste sind sturzbetrunken, und das Essen - falls man das so bezeichnen kann - war ungenießbar!"
„Ja ... ich glaube, dass so manches etwas misslungen ist, aber ..."
„Aber?"
„Die Köchin und die Küchenhilfe haben kurzfristig ihren Dienst quittiert, und wir anderen ... nun ja, wir haben unser Möglichstes versucht." Sie sah zu den anderen drei Frauen hi- nüber. „Um ehrlich zu sein, ich glaube, dass wir nur noch ein wenig Übung brauchten, um in der Küche sehr gut zurechtzu- kommen."
Die Wangen des Earls waren leicht gerötet, und er sah sehr gereizt aus. Als er sprach, war seine Stimme jedoch verdächtig ruhig.
„Ich möchte mit Ihnen sprechen, Mrs. Temple - unter vier Augen, wenn ich bitten darf."
Er schien weitaus aufgebrachter zu sein, als sie angenom- men hatte. Tory nahm allen Mut zusammen und versuchte, sich ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Entschlossen durchquerte sie die Küche und ging dem Earl voran auf den Gang hinaus, wo niemand ihr Gespräch würde mit anhören können.
Sie straffte ihre Schultern, drehte sich um und sah ihn an. „Wie ich bereits sagte, es tut mir Leid. Ich hatte gehofft, dass uns das Essen besser gelingen würde."
„Haben Sie das wirklich?" Seine goldbraunen Augen sahen sie kalt und durchdringend an. „Mir scheint, dass Sie große Schwierigkeiten haben, Ihren Aufgaben gerecht zu werden." Die Art, wie er sie ansah, war ... nun, genauso gut hätte sie Mrs. Rathbone sein können oder einer der Hausdiener. Er ver- hielt sich, als hätte er ihr nie Avancen gemacht, sie nie geküsst oder ihre Brüste liebkost. Sein regloses Gesicht ließ sie völlig die Beherrschung verlieren.
„Wenn Sie es genau wissen wollen, so habe ich nicht die ge- ringsten Probleme mit meiner Arbeit. Einigen Ihrer Hausange- stellten scheint es jedoch unmöglich zu sein, mich als ihre Vor- gesetzte zu akzeptieren - und das, Mylord, ist einzig Ihre Schuld!"
Er zog die Augenbrauen hoch. „Meine Schuld?"
„Es war ungerecht von Ihnen, mich gegenüber Mrs. Rathbo- ne für die Stelle der Haushälterin zu bevorzugen, und die an- deren Dienstboten lassen mich dies jeden Tag spüren."
Ungläubig sah er sie an. „Sie schlagen mir doch nicht etwa vor, dass ich Sie entlassen sollte?"
„Nein, natürlich nicht! Ich ... ich brauche diese Stelle. Zu- dem glaube ich, dass ich für diese Arbeit besser geeignet bin, als Mrs. Rathbone es je sein wird. In Zukunft werde ich es Ih- nen beweisen."
Lord Brant runzelte die Stirn und sah sie einige Momente nachdenklich an. Dann wandte er sich ab und ging die Treppe hinauf. „Machen Sie sich keine Sorgen mehr, Mrs. Temple", sagte er über die Schulter hinweg. „Morgen werde ich Ihr Prob- lem lösen."
„Wie bitte?" Tory rannte ihm hinterher. Sie griff nach seinem Arm und zwang ihn, sich zu ihr umzudrehen. „Sie können sich in diese Angelegenheit nicht einmischen! Das würde alles nur noch schlimmer machen."
„Warten Sie es einfach ab, und lassen Sie sich überraschen."
„Was ... was haben Sie vor?"
„Morgen Vormittag, zehn Uhr", sagte er und ging nicht wei- ter auf ihre Frage ein. „Stellen Sie sicher, dass das gesamte Personal versammelt ist. Und ich wüsste es sehr zu schätzen, wenn Sie sich bis dahin nach einer neuen Köchin umgesehen hätten."
Tory sah, wie seine hoch gewachsene Figur am Kopf der Treppe langsam ihrem Blick entschwand. Warum nur hatte sie all diese Dinge zu ihm gesagt? Sie würde keine Ruhe finden, bevor sie nicht wusste, was der Earl zu tun gedachte.
Als Cord später am Abend mit den anderen Männern bei Bran- dy und Zigarren zusammensaß, musste er schmunzeln, wenn er sich an die Unterredung mit Tory erinnerte. Sie dermaßen aufgelöst und zerzaust gesehen zu haben, mit Mehl auf der Na- senspitze und ihr Haar in unordentlichen Locken, machte das schreckliche Essen fast wett.
Dass sie ihm selbst unter diesen ungünstigen Umständen ih- re Meinung gesagt hatte, erstaunte ihn. Er musste sich einge- stehen, dass sie eine außerordentlich faszinierende Frau war. Glücklicherweise schienen sich seine Gäste nicht an dem ku- linarischen Desaster zu stören. Zwar lachte sein guter Freund
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