Martin, Kat - Perlen Serie
Sitzordnung im Speisezimmer. Cord war noch oben und zog sich um. Gerade erst war er von einem Treffen mit Colonel Pendleton zurückgekehrt. Der zwei- te Versuch, Captain Sharpe zu befreien, war in Vorbereitung, und beide Männer hofften, dass sich der Plan bald in die Tat umsetzen ließe.
Genau in dem Moment, als die ersten Gäste eintrafen, kam Cord die Treppe herunter. Tory verharrte kurz und ließ voller Bewunderung seine stattliche Erscheinung auf sich wirken. Er nahm ihren Arm und ließ seinen Blick über sie gleiten, und sie stellte fest, dass auch ihr Aussehen seine Anerkennung fand - zudem sah sie eine Andeutung von Verlangen in seinen Augen aufleuchten.
Letzteres verlor sich jedoch, als sie zusammen ihre ersten Gäste begrüßten, Dr. und Mrs. Chastain sowie ihre Tochter Grace. In der letzten Zeit waren sich Tory und Grace bei ver- schiedenen gesellschaftlichen Anlässen begegnet und hatten wieder mehr Zeit miteinander verbracht.
„Mama hat keine Skrupel, mich mit irgendeinem alten Nar- ren zu verheiraten", hatte Grace ihr erzählt, „solange er nur einen Titel und eine Menge Geld hat, ist ihr alles andere gleichgültig. Du hättest sie vergangene Woche auf der Abend- gesellschaft von Lord Dunfrey erleben sollen - sie bestand da- rauf, dass ich während des Essens neben Viscount Tinsley sit- ze. Der Mann ist auf einem Auge blind und schon so verwirrt, dass er kaum noch bemerkt, ob er gerade Brathering oder Gänsebraten isst."
„Mir scheint, dass du nach wie vor nur aus Liebe heiraten willst."
Trotzig hob die Arzttochter ihr Kinn. „Wenn ich keinen
Mann finde, den ich lieben kann, werde ich überhaupt nicht heiraten."
Und bislang hatte noch kein Mann Graces Interesse zu we- cken vermocht - nicht einmal Julian Fox.
Er traf einige Minuten später in Begleitung von Claire und Percy ein. Obwohl Tory ihn verschiedentlich erwähnt hatte, waren Cord und Julian sich noch nie begegnet.
Sie lächelte, als er auf sie zukam. „Julian! Ich freue mich so, dass Sie kommen konnten."
Er beugte sich über ihre ausgestreckte Hand. „Die Freude ist ganz meinerseits, Victoria."
„Es ist an der Zeit, dass Sie endlich meinen Mann kennen lernen." Sie führte ihn zu Cord, der mit seinem Freund Rafael Saunders zusammenstand. „Cord, das ist Julian Fox."
„Mr. Fox."
„Lord Brant."
„Ich glaube, Sie und der Duke of Sheffield kennen sich be- reits."
„Ja", erwiderte Julian. „Wir sind uns einige Male begegnet."
Sie tauschten noch einige Höflichkeiten aus, doch Cord wirkte überraschend distanziert. Tory merkte, dass ihr Mann Julian abschätzte, und fragte sich, was er wohl von ihm dach- te.
Sie musste nicht lange darauf warten, das herauszufinden. Während sie in das Speisezimmer gingen, zog er sie etwas bei- seite, bis sie außer Hörweite ihrer Gäste waren.
„Nun ... das ist also dein geheimnisvoller Mr. Fox."
„Ja, ich bin wirklich froh, dass er heute kommen konnte."
„Du hast mir nie erzählt, wie charmant er ist."
Es gefiel ihr nicht, wie Cord sie ansah. Seine Augen betrach- teten sie durchdringender als sonst. „Ich habe dir sicher ge- sagt, dass er ein sehr netter Mann ist."
„Du hast dabei aber vergessen zu erwähnen, dass er einer der bestaussehenden Männer Londons ist."
Tory straffte ihre Schultern. „Ich wusste nicht, dass sein Aussehen für dich von Bedeutung ist."
„Nein?"
„Ich hatte gehofft, du würdest ihn mögen."
„Oh, ich mag ihn." Cord sagte nichts weiter, nahm ihren Arm und führte sie in das Speisezimmer.
Nachdem sie sich gesetzt hatte, begann Torys Anspannung, sich zu lösen. Ihr Gatte unterhielt sich aufmerksam mit seinen
Gästen, und ihr ging durch den Sinn, dass er eigentlich noch charmanter sein konnte als Julian - wenn er nur wollte. Er spielte die Rolle des Gastgebers vollendet gut, wirkte ent- spannt und lachte freundlich, aber dennoch merkte sie, wie er sie von Zeit zu Zeit nachdenklich beobachtete.
Dr. Chastain erzählte gerade eine wenig erfreuliche Ge- schichte von der Geburt siamesischer Zwillinge.
„Ich sage Ihnen, Sie hätten die beiden sehen müssen. Am Kopf zusammengewachsen. So etwas ist mir in meiner ganzen Laufbahn noch nicht untergekommen! Wahrscheinlich war es eine Gnade des Schicksals, dass sie gestorben sind, bevor sie zwei Wochen alt waren." Bevor er eine weitere medizinische Anekdote zum Besten geben konnte, hielt Julian ihn geschickt davon ab.
Mit einem lächelnden Seitenblick auf Tory erzählte er die Geschichte von den tanzenden
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