Martin, Kat - Perlen Serie
Schreibtisch auf. Es war nach ein Uhr nachts, und Victoria war noch immer nicht zu- rückgekommen. Ihre abendlichen Verabredungen begannen ihn langsam zu stören.
Natürlich war es in seinen Kreisen üblich, dass Ehefrauen an gesellschaftlichen Ereignissen teilnahmen, und es war letzt- lich nicht Victorias Schuld, dass er keine Zeit hatte, sie zu be- gleiten. Vielmehr sollte er seinem Schwager Percy dankbar sein, dass er diese Aufgabe übernommen hatte. Zum Glück schien der junge Mann daran Gefallen zu finden.
Im Moment war Cord damit beschäftigt, den Erwerb einer Immobilie in der Threadneedle Street voranzutreiben. Das leer
stehende Gebäude befand sich in bester Geschäftslage und würde nach einigen kleineren Sanierungsarbeiten das Doppel- te des Kaufpreises wert sein.
Es war für einen Adeligen eher ungewöhnlich, Arbeit in ir- gendeiner Form nachzugehen, doch es machte ihm sogar Freu- de. Um in seinen Kreisen damit keinen Anstoß zu erregen, gab er sein Interesse an Finanzgeschäften als sein neues Hobby aus, was alle sehr amüsant fanden.
Am meisten beschäftigte ihn jedoch der erneute Versuch, Ethan zu befreien.
Vor zwei Tagen hatte Colonel Pendleton die Nachricht erhal- ten, dass Ethan ins Landesinnere gebracht worden war, in ein Gefängnis östlich von Nantes. Calais war für eine Flucht weit- aus geeigneter gewesen, doch die Loire mündete nicht weit von Nantes bei St. Nazaire in den Atlantik, und der Colonel war sich sicher, dass Max Bradley auch diese Aufgabe meistern könnte.
Cord würde ein Schiff schicken, auf dem Ethan sicher nach Hause gebracht werden konnte, sobald er mit Bradley das of- fene Meer erreicht hatte.
Er holte die Taschenuhr aus seiner Westentasche und ließ den Deckel aufschnappen. Es war halb zwei. Verärgert schloss er die Uhr wieder und sah zu dem Schachbrett hinüber, das in der Ecke seines Arbeitszimmers stand. Seit er und Victoria verheiratet waren, hatten sie noch keine einzige Partie ge- spielt. Er hatte einfach keine Zeit gehabt.
War das vielleicht nur eine Ausrede? fragte er sich im Stillen. Seine Arbeit lenkte ihn von seiner Frau ab und verhinderte, dass er sich noch mehr in seine Gefühle für sie verstrickte, als er es ohnehin schon getan hatte. Vom ersten Augenblick an hatte sie ihn in ihren Bann gezogen, wenngleich ihr das nicht bewusst gewesen zu sein schien. Das Letzte, was er wollte, war, ihr noch weiter in die Falle zu gehen.
Du lieber Himmel! Das fehlte noch, dass er genauso wurde wie der junge Lord Percy, der ganz vernarrt in Claire war. Cord gefiel es so, wie es war - Victoria bereitete ihm im Bett Vergnügen, und ansonsten führten sie ihr Leben getrennt von- einander.
Er hörte Schritte in der Eingangshalle und erhob sich von seinem Stuhl. Endlich war Victoria nach Hause gekommen. Mit langen Schritten eilte er den Gang entlang und erblickte ihre schlanke, weibliche Gestalt in einem Kleid aus dunkelgel-
ber Seide und cremefarbener Spitze.
„Ich habe dich früher zurückerwartet", bemerkte er finster und ging auf sie zu. Beim Klang seiner Stimme drehte sie sich zu ihm um und hob trotzig das Kinn.
„Claire und Lord Percy wollten heute Abend etwas länger bleiben als üblich. Da ich ihrer Einladung gefolgt war, hatte ich keine andere Wahl, als mich ihnen anzuschließen. Wenn du mit mir ..."
„Du weißt ganz genau, dass ich sehr viel zu tun hatte."
„Dann liegt das Problem wohl nicht bei mir."
Seine Augen verengten sich. Er wollte zu einer Erwiderung ansetzen, doch er wusste, dass sie Recht hatte. Außerdem sah sie so verführerisch aus, mit ihren geröteten Wangen und dem trotzig erhobenen Kinn ... Sein Körper regte sich verlangend. Überrascht schrie sie auf, als er sie mit einer schnellen Bewe- gung auf seine Arme hob und die Treppe hinauf nach oben trug.
Sie würden ihr langes Ausbleiben am Morgen bereden. Heu- te Nacht wollte er etwas anderes von seiner Frau, und nichts würde ihn davon abhalten können.
Sie legte die Arme um seinen Hals, ihre Brüste schmiegten sich weich an seinen Oberkörper, und sein ganzer Körper ver- langte danach, sich mit ihr zu vereinigen. Er stellte fest, dass es durchaus Vorteile hatte, verheiratet zu sein. Solange er eine gewisse Distanz zwischen ihnen wahrte, solange er seinen Kopf und nicht sein Herz sprechen ließ, war ihm sein Vergnü- gen sicher.
Nichts würde ihn davon abbringen können.
15. KAPITEL
Tory wurde der endlosen Folge gesellschaftlicher Ereignisse langsam müde. An manchen Abenden wäre
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