Martin, Kat - Perlen Serie
und sie aus dem Augenwinkel Michael Mullens, den Kut- scher, mit seinem Hut in der Hand vor dem Schreibtisch des Dukes stehen sah.
Sie hatte wirklich nicht lauschen wollen, aber dann hörte sie, dass Mullens von dem Unfall redete und dabei ungewöhnlich aufgeregt schien.
„Ich sage Ihnen, Sir, das war gar kein Unfall!"
Caro drängte sich dicht an die Wand und horchte angestrengt, was der Kutscher vorzubringen hatte.
„Als ich die Achse reparieren wollte, habe ich mir die Stelle angeschaut, wo das Holz gebrochen ist, und es sah irgendwie seltsam aus. Und dann habe ich noch genauer hingesehen und festgestellt, dass es angesägt worden war!"
Der Duke sprang aus seinem Sessel empor. „Was sagen Sie da? Wollen Sie andeuten, dass jemand den Unfall absichtlich herbeigeführt hat?"
„Noch schlimmer, Sir. Es sollte genau an der Stelle passieren, wo es dann passiert ist. Ich habe in dem Holz noch etwas gefun- den ..."
Caro sah verstohlen um die Ecke. Der Kutscher holte etwas aus seiner Jackentasche und reichte es dem Duke.
„Jemand muss uns bei der Brücke aufgelauert haben, Sir. Un- mittelbar vor dem Unfall habe ich ein Geräusch gehört, das wie ein Schuss klang, aber ich konnte mir keinen Reim darauf ma- chen, bis ich die Bleikugel hier im Holz gefunden habe."
Der Duke hielt das Geschoss in die Höhe, um es zu betrach- ten, und Caro lief es eiskalt über den Rücken. „Es muss auf die Achse geschossen worden sein. Und weil sie bereits angesägt war, brauchte es nicht mehr viel, um sie zum Brechen zu brin- gen."
„Ganz genau, Sir, so sehe ich es auch."
Der Duke schloss seine Hand um die kleine Kugel. „Wenn Sie nichts dagegen haben, Mr. Mullens, würde ich das gerne be- halten. Ich danke Ihnen sehr, dass sie damit zu mir gekommen sind."
Der Kutscher verbeugte sich. Hastig raffte Caro ihren Rock zusammen und eilte den Korridor hinunter, bevor sie entdeckt wurde. Sie musste unbedingt mit Danielle sprechen!
Jemand hatte versucht, sie beide umzubringen ...
„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll." Danielle ging im Wedgwood-Zimmer auf und ab. Der Raum war kleiner als die anderen Salons im Haus, die Fenster gingen auf den Garten hinaus, und Danielle hielt sich sehr gerne dort auf. „Warum sollte jemand unseren Tod wünschen?"
Doch sogleich kam ihr ein furchtbarer Gedanke ... Um den Titel des Dukes of Sheffield zu vererben, brauchte Rafe nach dem Erbrecht der Erstgeburt einen ehelich geborenen Sohn - und dazu würde es einer Scheidung bedürfen.
Es sei denn, Danielle wäre tot und er könnte wieder heira- ten.
Sie sah zu Caro auf und wusste sofort, dass ihre Freundin je- den ihrer Gedanken auf ihrem Gesicht abgelesen hatte.
„Daran darfst du nicht einmal denken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so etwas tun würde - wirklich nicht. Der Duke liebt dich. Er mag sich dessen nicht bewusst sein, aber es ist so. Er liebt dich und würde dir niemals etwas zuleide tun."
Danielle war sich keineswegs sicher, welche Gefühle Rafe für sie hegte, aber selbst wenn Caro recht haben sollte und Rafe wieder beginnen würde, sie zu lieben, so war Liebe manchmal eben nicht genug. Rafe hatte seiner Familie gegenüber eine Ver- antwortung, der er nicht nachkommen konnte, solange Dan- ielle seine Frau war.
„Wir dürfen keine Möglichkeit ausschließen", meinte Dan- ielle, „auch wenn sie noch so schmerzlich sein mag."
„Aber der Duke hat doch erst nach dem Unfall erfahren, dass du keine Kinder bekommen kannst!"
„Vielleicht. Es gibt aber genügend Leute, die es schon vor- her wussten ... der Arzt, der mich damals behandelt hat, und die Dienstboten im Haus meiner Tante. Rafe könnte es schon gewusst haben, bevor Neil McCauley ihn davon in Kenntnis setzte."
„Das glaube ich nicht."
„Ich will es auch nicht glauben, aber wir müssen um jeden Preis herausfinden, wer dahintersteckt - und vor allem wa- rum."
„Da kann ich dir allerdings nur zustimmen."
Danielle fuhr erschrocken zusammen und drehte sich um, als sie Rafes Stimme von der Tür her vernahm. Er betrat das gemütliche Wohnzimmer, das durch seine Anwesenheit gleich
noch kleiner wirkte.
„Ich habe euch gesucht." Er sah sie beide aufmerksam an. „Mir scheint, dass ihr schon gehört habt, was sich mit der Kut- sche ereignet hat."
Caros schmales Gesicht errötete tief. „Ich wollte nicht lau- schen, Euer Gnaden, aber als ich den Gang entlanglief, hörte ich Sie über den Unfall reden und ..."
„Schon gut. In diesem Fall bin ich sogar froh,
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