Martin, Kat - Perlen Serie
Zeit noch zu steigern vermochte.
Langsam lockerte der Duke seinen festen Griff.
„Zeit zu gehen", meinte Belford. „Mittlerweile haben die Dienstboten bestimmt schon einen Wachmann gerufen. Cord hat ganz recht - morgen ist auch noch ein Tag."
Sheffield ließ schließlich von Oliver Randall ab und stieß ihn so fest von sich, dass er gegen den Kaminsims taumelte und einen scharfen Schmerz im Arm verspürte. Zugleich merkte Oliver, wie seine Angst langsam einer eisernen Entschlossen- heit wich. Er hatte sich seit Langem auf diesen Tag vorbereitet, und vielleicht bot ihm das Schicksal nun eine letzte Gelegen-
heit, doch noch den Sieg davonzutragen.
„Wir werden ja sehen, wer am Ende tot ist", spottete er, als die drei Männer zur Tür gingen. „Ich bin nicht mehr der Schwächling, der ich noch vor fünf Jahren war."
Doch die Männer beachteten ihn gar nicht, und als er die Haustür hinter ihnen ins Schloss fallen hörte, ließ Oliver sich auf das Brokatsofa sinken. Nun würde er also endlich dem Duke of Sheffield im Duell gegenüberstehen. Er hatte immer gewusst, dass dies eines Tages geschehen könnte, und sich ein Paar Pistolen gekauft. Durch tägliche Übung war er ein ausge- zeichneter Schütze geworden.
In der letzten Zeit hatte er jedoch nicht mehr wirklich ge- glaubt, dass er die Waffen tatsächlich einmal brauchen würde. Aber er hatte sich getäuscht.
Oliver lächelte kaum merklich. Rafe wollte Vergeltung. Oliver kannte dieses Gefühl nur zu gut. In gewisser Weise empfand er sogar Genugtuung darüber, dass Rafe nun wusste, was sich in jener Nacht ereignet hatte. Und wenn er Glück hatte, würde der Mann, der sich jetzt an ihm rächen wollte, morgen tot sein.
Ein leichter Nebel lag über der Anhöhe. Das hohe Gras war nass von Tau, der auch die ledernen Stiefel der Männer be- netzte. Die ersten Sonnenstrahlen zeigten sich am Horizont und ließen in ihrem schwachen Licht die beiden dunklen Kut- schen erkennen, die am Fuße des Hügels geparkt waren. Ethan wartete mit Cord und den beiden Männern, die Lord Oliver Randall begleitet hatten, unter einer alten Eiche. Auf der Anhöhe stand sein bester Freund Rafael Saunders, Duke of Sheffield, Rücken an Rücken mit dem Mann, der sein Leben ruiniert hatte.
Oliver Randall, dritter Sohn des Marquess of Caverly, war etwas kleiner als Rafe und von weniger kräftigem Körperbau. Er strahlte nichts von der Kraft und Stärke aus, die Rafe stets zu umgeben schienen, und dennoch hoffte Ethan, dass sein Freund den Feind deshalb nicht unterschätzen würde.
Denn es hieß, dass Oliver Randall ein sehr talentierter Schüt- ze sei, vielleicht sogar einer der besten in London ...
Aber das war Rafe auch.
Cord begann nun mit lauter Stimme bis zehn zu zählen, wäh- rend die beiden Männer sich bei jeder Zahl mit einem großen Schritt voneinander entfernten. „... Sieben. Acht. Neun. Zehn."
Beide drehten sich im selben Moment um, hoben ihre Pisto- len und drückten ab.
Zwei Schüsse hallten über die Anhöhe, und für einen kurzen Augenblick rührte sich keiner der Männer. Dann sackte Oliver Randall in sich zusammen und blieb im nassen Gras liegen.
Seine Sekundanten rannten zu ihm, und im roten Schein der Morgendämmerung eilte auch Neil McCauley herbei, ein be- freundeter Arzt, der sich bereit erklärt hatte, bei dem Duell an- wesend zu sein. Cord und Ethan folgten ihm, und Ethan spür- te noch immer das Blut heftig durch seinen Körper pulsieren, wenngleich sich seine Sorge etwas legte, als er Rafe scheinbar unverletzt vor sich stehen sah.
Doch dann entdeckte er den leuchtend roten Fleck frischen Blutes auf Rafaels Ärmel. Rafe schien seine Verletzung jedoch gar nicht zu bemerken und ging entschlossenen Schrittes zu Oliver Randall.
Dr. McCauley beugte sich über den schwer verwundeten Mann und sah dann zum Duke auf. „Ich weiß nicht, ob er es schafft."
„Geben Sie Ihr Bestes", entgegnete Rafe kurz und kehrte zu Ethan und Cord zurück.
„Wie schwer bist du verletzt?", fragte Ethan und strich sich besorgt eine Locke seines schwarzen Haars aus der Stirn.
Zum ersten Mal wurde Rafe bewusst, dass der Schuss ihn ge- troffen hatte. „Nichts Ernstes, glaube ich. Es tut ein bisschen weh, aber nicht sehr."
„Zu mir ist es am nächsten, und die Frauen warten dort auf uns. Wir sollten sehen, dass wir nach Hause kommen und uns um deinen Arm kümmern", sagte Cord. „McCauley wird noch eine Weile mit Randall beschäftigt sein, aber meine Frau ist auch eine recht
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