Martin, Kat - Perlen Serie
gute Krankenschwester."
Rafe nickte zustimmend. Während sie hinunter zur Kutsche gingen, spannten sich seine Kiefermuskeln einige Male vor Schmerz, aber er schien es kaum zu bemerken und in Gedan- ken ganz woanders zu sein.
Oliver Randall war zwar nun für ihn erledigt, aber die Ehre gebot es, dass Rafe sich noch einiger anderer Dinge annahm. Danielles Ruf musste wiederhergestellt und ihre Unschuld an dem Geschehenen bekannt gemacht werden, damit sie in die Gesellschaft zurückkehren konnte.
Ethan fragte sich, was Rafe wohl als Nächstes unternehmen würde.
5. KAPITEL
Rafe saß hinter seinem Schreibtisch und lehnte sich in seinen Sessel zurück. Die Junisonne schien sanft durch die Fenster und erwärmte das Zimmer, was Rafes Laune jedoch nicht zu bessern vermochte. Die Wunde in seinem Arm pochte, aber glücklicherweise hatte die Verletzung sich als nicht schwerwie- gend herausgestellt. Die Bleikugel war durch das Fleisch hin- durchgegangen, ohne den Knochen zu verletzen, und auf der anderen Seite wieder ausgetreten.
Oliver Randall hatte weniger Glück gehabt. Die Kugel hatte eine Rippe unterhalb seines Herzens getroffen, war daran ab- geprallt und in unmittelbarer Nähe der Wirbelsäule stecken geblieben. Neil McCauley hatte das Geschoss zwar erfolgreich entfernen können, doch selbst wenn sich kein Wundbrand ent- wickelte und Oliver Randall überlebte, würde er nie wieder laufen können.
Rafe empfand keinerlei Mitleid. Oliver Randall hatte aus pu- rer Eifersucht auf grausame und vorsätzliche Weise die Leben zweier Menschen ruiniert. Er hatte mit seinem perfiden Plan und seinen Lügen ganz London zu täuschen vermocht - und Rafael ganz besonders. Es schien nur ausgleichende Gerechtig- keit zu sein, wenn nun auch Olivers Leben zerstört war.
„Du erntest, was du aussäst", hatte sein Vater immer gesagt, als Rafe noch ein Junge war. Der verstorbene Duke würde den Ausgang des Duells als höhere Gerechtigkeit empfunden haben. Andererseits war Oliver nicht der Einzige, den Schuld traf. In den Tagen nach dem Duell hatte Rafe sich darangemacht, einiges von dem Schaden, den er verursacht hatte, zu beheben. Er beabsichtigte, Danielles Ruf wiederherzustellen, der durch den Skandal ruiniert worden war. Zunächst wollte er aber mit Danielle sprechen.
Bislang waren seine Bemühungen jedoch nicht von Erfolg ge- krönt gewesen.
Rafe fluchte leise. Missmutig dachte er an Danielle, als ihn ein leises Klopfen aus seinen Gedanken riss. Sein Butler Jonathan Wooster, ein Mann mit silbergrauem Haar, schmalem Gesicht
und wässrigen blauen Augen, stand in der geöffneten Tür.
„Entschuldigen Sie die Störung, Euer Gnaden, aber Lord und Lady Belford wünschen, Sie zu sprechen."
Rafe hatte sich schon gefragt, weshalb seine Freunde so lange auf sich warten ließen. „Führen Sie sie herein." Wahrscheinlich sorgten sie sich um ihn, denn seit dem Duell hatte er sich völlig zurückgezogen und sein Haus nicht mehr verlassen. Wenngleich er Vergeltung gefunden hatte, fühlte er sich geschlagen. Ethan folgte Grace in das Arbeitszimmer. Sie war eine schö- ne junge Frau mit rotbraunem Haar, grünen Augen, die funkel- ten wie Juwelen, und trug heute ein Kleid mit hoch angesetzter Taille in einem hellen Grünton, der ihre Augen noch leuchten- der strahlen ließ. Grace und Rafe kannten sich schon lange, wa- ren jedoch nie mehr als gute Freunde gewesen. Rafe hatte von Anfang an erkannt, dass Grace dafür ausersehen war, Ethans Frau zu werden, und dass es ihr gelingen würde, ihn von den dunklen Schatten der Vergangenheit zu befreien.
„Wie geht es dir?", fragte Ethan mit besorgter Miene.
„Es war zum Glück keine schwere Verletzung." Rafe ging auf die beiden zu. „Mein Arm scheint gut zu heilen."
„Das ist beruhigend." Grace lächelte. „Vielleicht fühlst du dich ja auch schon so gut, dass du uns zum Lunch begleiten magst? Es ist ein herrlicher Tag."
Rafe wandte seinen Blick ab. Sein Körper heilte zwar, doch seine Gedanken blieben auf die Vergangenheit gerichtet. Am Tag nach dem Duell hatte er Jonas McPhee beauftragt herauszufin- den, wo Lady Wycombe und ihre Nichte sich derzeit aufhielten. Weder Rafe noch seine Mutter hatten Danielle seit dem Wohl- tätigkeitstee gesehen, weshalb er vermutete, dass sie und ihre Tante vielleicht nach Wycombe Park zurückgekehrt waren.
Doch dann hatte McPhee ihm mitgeteilt, dass Danielle Duval und Lady Wycombe außer Landes gegangen seien ...
„Aus deiner finsteren Miene schließe ich,
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