Martin, Kat - Perlen Serie
hielt ihm erneut den Morgenmantel hin, und dies- mal schlüpfte Oliver ohne Widerspruch hinein. „Führen Sie die drei in den Salon und sagen Sie, dass ich gleich komme."
„Ja, Mylord."
Als der Butler wenig später die große Doppeltür öffnete und Oliver den Salon betrat, bemühte er sich trotz seines Morgen- mantels und seiner Hauspantoffeln, eine annähernd würde- volle Haltung zu bewahren. Noch mehr als seine Aufmachung verunsicherte ihn allerdings, dass die drei Männer nicht Platz genommen hatten, sondern im Stehen auf ihn warteten.
„Guten Morgen. Rafe, Mylords."
„Ollie", erwiderte der Duke mit unüberhörbarer Schärfe in seiner Stimme.
„Ich vermute, dass eine sehr dringliche Angelegenheit Sie zu so früher Stunde zu mir führt."
Sheffield kam auf ihn zu. Oliver hatte Rafael Saunders seit Jahren nicht mehr gesehen, weil er es vorgezogen hatte, ihm aus dem Weg zu gehen. Und nun war er hier, in seinem Haus - ein Mann, der nicht nur größer war und kraftvoller wirkte als er selbst, sondern auch über mehr Macht und Reichtum ver- fügte, als Oliver jemals haben würde.
„Ich komme in einer persönlichen Angelegenheit", meinte der Duke. „Eine Angelegenheit, die schon vor fünf Jahren hät- te geregelt werden sollen. Wahrscheinlich weißt du, wovon ich spreche."
Oliver runzelte die Stirn. Er verstand nicht, worauf der an- dere hinauswollte. „Ich habe gedacht, was geschehen ist, ge- hört längst der Vergangenheit an. Du bist sicher nicht gekom- men, um nach all diesen Jahren meine Jugendsünden wieder aufzuwärmen."
„Eigentlich bin ich hier, um die Ehre von Danielle Duval zu verteidigen. Das hätte ich schon vor fünf Jahren tun sollen, denn du musst wissen, dass ich mich getäuscht habe, als ich da- mals dir geglaubt habe und nicht ihr. Aber diesen Fehler werde ich wiedergutmachen - ein für alle Mal."
„Was ... wovon sprichst du?"
Statt zu antworten, holte Rafe einen weißen Handschuh aus der Tasche seines Gehrocks und schlug ihn Oliver ins Gesicht. „Danielle Duval hat sich in dieser Nacht nichts zuschulden kommen lassen, aber du sehr wohl. Und jetzt wirst du für den Schaden, den du angerichtet, und für die Leben, die du zerstört hast, bezahlen. Du darfst die Waffen wählen."
„Ich weiß nicht ... ich weiß überhaupt nicht, wovon du re- dest."
„Natürlich weißt du das. Schließlich warst du es, der den Brief geschrieben und den Hausdiener bestochen hat. Du weißt genau, was ich meine. Ich erwarte dich morgen bei Sonnenauf- gang auf der Anhöhe in Green Park. Diese beiden Männer wer- den mir sekundieren. Wenn du dich meiner Herausforderung widersetzt, wie du es schon einmal getan hast, werde ich dich suchen und dich erschießen, wo immer ich dich finde. Such dir jetzt die Waffen aus."
Die Wahrheit war also ans Tageslicht gekommen. Oliver hat- te schon gehofft, dass es nie herauskommen würde und dass sein Plan aufgegangen war. Nun, fünf Jahre später, fragte er sich auf einmal, ob der Preis, den er für seine Rache bezahlen würde, vielleicht zu hoch war ...
„Pistolen", sagte er schließlich. „Du kannst auf mich zählen. Ich werde morgen früh im Green Park sein."
„Noch eine letzte Frage ... Ollie. Warum hast du das getan? Was habe ich dir angetan, um so grausam bestraft zu werden?"
Oliver zog einen Mundwinkel nach oben. „Du warst einfach nur du selbst, Rafael. Seit unseren frühen Kindertagen warst du größer als ich, klüger als ich und sahst auch noch besser aus. Du warst der Erbe des Titels eines Duke und eines unvorstellba- ren Vermögens. Du warst der bessere Sportler, der charmantere Gastgeber, der bessere Liebhaber. Alle Frauen wollten dich hei- raten. Als auch Danielle deinem Zauber verfiel, beschloss ich, dass du sie niemals haben solltest." Er lächelte bitter. „Und des- halb habe ich zerstört, was dir am meisten am Herzen lag."
Um die Beherrschung des Dukes war es geschehen, und er griff Oliver Randall wutentbrannt beim Kragen seines Morgen- mantels. „Ich werde dich umbringen, Oliver. Es mag dir gelun- gen sein, deinen perfiden Plan in die Tat umzusetzen, aber für diesen Erfolg wirst du bezahlen."
Sowohl der Earl als auch der Marquess eilten auf die bei- den zu.
„Lass ihn los, Rafael", beschwor Brant seinen Freund. „Mor- gen wirst du deine Vergeltung bekommen."
„Lass ihn bis dahin in Ruhe über sein Schicksal nachden- ken", meinte nun auch der Marquess of Belford beschwichti- gend, der nur zu gut wusste, wie Angst sich im Laufe der
Weitere Kostenlose Bücher