Martin, Kat - Perlen Serie
doch immer noch viel und herzlich lachen. Trotz seiner widrigen Umstände schien er sich eine po- sitive Haltung gegenüber allen Dingen bewahrt zu haben.
Und dass er von seinem Dienstherrn ausgenutzt und miss- handelt wurde, schien daran nichts zu ändern.
„Ich bin sein Diener", hatte Robert einmal zu ihr gesagt. „Er hätte mich mit allen möglichen anderen Aufgaben betrauen kön- nen, aber er wollte, dass ich ihm persönlich unterstellt bin. Er ist ein Mann, der es genießt, andere herumzukommandieren."
„Wie meinen Sie das?"
„Steigler findet großen Gefallen daran, dass ich zwar in Cam- bridge studiert habe, ihm aber trotzdem den Dreck von den Stiefeln kratzen muss. Mein Englisch ist besser als seines, und ich bin belesener als er, aber dennoch muss ich mich um sein Bad kümmern und seine Socken und Hemden flicken."
„Oh Robert."
Er lächelte schwach. „Einmal hat er mich vor den Augen sei- ner Freunde ausgepeitscht, weil ich es gewagt hatte, ihn hin- sichtlich eines Dramas von Shakespeare zu verbessern."
„Du liebe Güte, Robert! Warum haben Sie nie versucht zu fliehen?"
Er zuckte mit den Achseln, und der Stoff seines Hemdes
spannte sich über seinen breiten Schultern. „Steigler ist hier- zulande ein einflussreicher Mann, und er hat mir zu verstehen gegeben, dass er mich ohnehin ausfindig machen würde. Ich habe damals einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und werde auch noch die nächsten vier Jahre damit leben müssen." Auch wenn Robert diesen Umstand scheinbar gleichmütig hinzunehmen schien, so war Caro die Vorstellung doch uner- träglich.
Denn während der kurzen Zeit, die sie Robert McKay nun kannte, hatte sie sich bereits in ihn verliebt.
Als Danielle draußen im Flur Stimmen hörte, blickte sie von dem Buch, das sie gerade las, Defoes „Robinson Crusoe", auf und sah Caro in der Tür stehen - neben sich einen gut aussehen- den Mann mit braunem Haar. Danielle wusste sofort, dass es nur Robert McKay sein konnte.
Seit ihrem Wochenende auf dem Land hatte Caro ihn be- stimmt ein Dutzend Mal am Tag erwähnt. Obwohl Robert ein in Leibeigenschaft gehaltener Diener war, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie in McKay verliebt war. Danielle sorg- te sich ein wenig, dass er eine so liebenswerte und unbedarfte junge Frau wie ihre Freundin Caroline nur ausnutzen wollte. Als sie jetzt sah, wie attraktiv er war, nahm ihre Besorgnis noch zu.
Wenngleich Caro ein Jahr älter war als Danielle, hatte sie doch kaum Erfahrung mit Männern. Danielle konnte nur hof- fen, dass Caros gesunder Menschenverstand und die ihr eigene Menschenkenntnis sie auch in Herzensangelegenheiten nicht im Stich ließen.
„Ich störe dich nur ungern, Danielle, aber Robert kam gerade vorbei, und ich hatte gehofft, dass du vielleicht Zeit haben wür- dest, ihn kennenzulernen."
„Aber natürlich." Von dem Moment an, da Caro ihn zum ers- ten Mal erwähnt hatte, war Danielle daran interessiert gewe- sen, McKay persönlich zu treffen. Sie legte ihr Buch beiseite, erhob sich vom Sofa und bat die beiden einzutreten.
Als das Paar gemeinsam in den Salon trat, hatte Robert seine Hand wie selbstverständlich um Caros schlanke Taille gelegt. Danielle dachte, dass sie sich für derlei vertrauliche Gesten eigentlich noch nicht lange genug kannten, doch als sie die bei- den so vor sich sah, erschien es ihr auf einmal als die natür-
lichste Sache der Welt.
„Danielle, ich möchte dir meinen Freund Robert McKay vor- stellen, von dem ich dir schon so viel erzählt habe."
Danielle lächelte. „Mr. McKay ... ich freue mich sehr, Sie ken- nenzulernen."
„Das Vergnügen ist ganz meinerseits, Miss Duval." Er beugte sich galant über ihre Hand, was viel eher dem Auftreten eines Adeligen als dem eines Dieners entsprach, und Danielle warf ihm einen prüfenden Blick zu.
„Meine Freundin Caroline ist sehr beeindruckt von Ihnen", stellte sie fest.
Robert strahlte über das ganze Gesicht. „Und ich bin ebenso beeindruckt von ihr, Miss Duval." Er sah Caro an, und in seinem Blick lag so viel Wärme, dass Danielles Besorgnis sich allmäh- lich zu legen begann.
Sie unterhielten sich eine Weile über das Wetter, dann über Philadelphia, und schließlich fragte Robert Danielle, ob ihr der Roman gefalle, den sie gerade lese.
Sie zog erstaunt eine ihrer rötlichen Augenbrauen in die Hö- he. „Kennen Sie ihn denn?"
„Aber ja. Es ist zwar schon einige Zeit her, dass ich ihn gele- sen habe, aber er hat mir sehr gut gefallen."
In diesem
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