Martin, Kat - Perlen Serie
hinübergegangen waren und die
Tür hinter sich geschlossen hatten, bemerkte Rafe die Sorgen-
falten auf Bradleys Stirn und sein zerzaustes schwarzes Haar.
„Was ist los, Max? Was haben Sie herausgefunden?"
„Weniger, als mir lieb ist, und deshalb möchte ich Sie um
Hilfe bitten."
„Natürlich. Ich werde tun, was ich kann." Rafe hatte Colonel
Pendieton seine Unterstützung zugesagt, und er würde zu sei-
nem Wort stehen.
Max nickte. „Ich habe gehört, dass Sie heiraten wollen. Aber
ich glaube, wir können diese Angelegenheit rasch erledigen,
und Sie würden rechtzeitig zur Hochzeit zurück sein." „Wie haben Sie erfahren, dass ... egal. Sie sollten sich wirk-
lich überlegen, ob sie nicht einen eigenen Ermittlungsdienst gründen. Damit könnten Sie ein Vermögen verdienen."
Max lächelte über Rafes Bemerkung. „Ich möchte, dass Sie mit mir nach Baltimore kommen. Wenn wir uns beeilen, brau- chen wir für die Fahrt höchstens drei Tage. Das ließe uns aus- reichend Zeit für das Treffen, das ich dort geplant habe, und Ihnen bliebe immer noch genügend Spielraum, um pünktlich zu Ihrer Heirat wieder zurück zu sein."
Rafe wollte hoffen, dass Max recht hatte. Wenngleich es Dani- elle vielleicht am liebsten wäre, wenn er ihr ganz fernblieb, so hielt Rafe es für keinen guten Beginn ihrer gemeinsamen Zu- kunft, wenn er zu seiner eigenen Hochzeit zu spät kam.
„Wann brechen wir auf?", erkundigte sich Rafe.
„In den frühen Morgenstunden. Je eher wir dort sind, desto schneller haben wir es hinter uns und können zurückfahren."
Und Rafe würde nach seiner Rückkehr noch einiges zu erle- digen haben. Manchmal wunderte er sich ein wenig, warum der Gedanke daran, dass er bald ein verheirateter Mann sein würde, ihn in keiner Weise beunruhigte ...
Baltimore hatte etwas mehr als zwanzigtausend Einwohner, aber wegen des Seehafens, von dem aus reger Handel mit Eng- land, der Karibik und Südamerika betrieben wurde, nahm die Stadt stetig an Größe und Bedeutung zu.
Max Bradley hatte unter einem Vorwand ein Treffen Rafaels mit einem reichen Schiffbauer namens Phineas Brand verein- bart. Demnach erwog der Duke of Sheffield eine gemeinsame Unternehmung mit dem Marquess of Belford, Eigentümer der Schiffsflotte von Belford Shipping Enterprises, und einigen an- deren vermögenden Engländern. Der Duke hatte von den neu- en Schonern gehört, die als Baltimore Clipper bezeichnet und in Brands Firma gebaut wurden, und überlegte nun, ob dieser Schiffstyp nicht auch dazu geeignet wäre, Handelsgüter in klei- nere, weniger zugängliche Seehäfen zu befördern.
So weit die Geschichte, die Bradley sich zurechtgelegt hatte. Das Treffen war in einem Büro der Maryland Shipbuilding Company verabredet, die sich im Erdgeschoss eines Lagerhau- ses in der Nähe des Hafens befand. Am Ende ihrer angeregten Unterhaltung erhob sich Phineas Brand, ein kleiner Mann mit lockigem grauem Haar, buschigem Backenbart und einer silber- nen Brille, aus seinem Sessel.
„Die ,Windlass' ist soeben vom Stapel gelaufen", verkündete er und lächelte stolz, als sie das Gebäude verließen und zum Hafen hinuntergingen, wo der Clipper vor Anker lag. „Es gibt kein anderes Schiff, das es hinsichtlich der Wendigkeit und der Geschwindigkeit mit ihr aufnehmen könnte."
Rafe konnte es kaum erwarten, den Neubau mit eigenen Au- gen zu sehen, der möglicherweise eine große Gefahr für Eng- land darstellte.
„Wenn Sie wirklich Interesse daran haben", fuhr Brand fort, „werden Sie allerdings schnell handeln müssen." Er warf Rafe einen vielsagenden Blick zu. „Denn wie ich Mr. Bradley bereits gesagt hatte, gibt es einige Interessenten. Und wer zu- erst kommt, erhält auch den Zuschlag."
„Es ist doch von zwanzig Schiffen die Rede, nicht wahr?"
Brand nickte. „Da der Bau jedes einzelnen Schiffes sehr auf- wendig ist, wird das ganze Projekt fünf Jahre dauern. Sie ver- stehen daher sicher, dass der Interessent mit dem höchsten Ge- bot im Vorteil sein wird ..."
„Davon hat Mr. Bradley mich in Kenntnis gesetzt."
„Sie können natürlich auch erst einmal abwarten, bis die erste Flotte gebaut worden ist."
„Nein, ich denke nicht, dass das in Betracht kommt."
Sie hatten nun die Stelle erreicht, an der die Windlass fest- lag. Rafe blieb einen Moment stehen, um den flachen, schnit- tigen Rumpf und die beiden Masten zu begutachten, die sich ein wenig dem Heck zuneigten. Eine solche Konstruktion war ihm neu, doch er konnte sich
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