Martin, Kat - Perlen Serie
„Es ist nicht nötig, dass Sie nach oben gehen, Euer Gnaden. Danielle wird gleich so weit sein."
Rafe schmunzelte. Sie würde freiwillig kommen, sehr schön. Sicher konnte sie sich denken, dass er sie sich notfalls über sei- ne Schulter werfen und heruntertragen würde. Er sah erneut nach oben und erblickte nun Danielle, die aus ihrem Schlafzim- mer trat.
Rafe spürte, wie sein Puls schneller zu schlagen begann. Danielle trug ein bernsteinfarbenes Kleid mit dunkelgrünem Besatz aus Satin, und in ihr flammend rotes Haar waren Bän- der in demselben Grünton geflochten. Sie wirkte blass und zer- brechlich und schöner, als er sie jemals zuvor gesehen hatte. Schon ganz die Duchess, die sie bald sein würde, schritt sie mit hoch erhobenem Haupt die Treppe hinunter. Ihre Blicke trafen sich, und Rafe sah etwas in ihren Augen, das ihm beklom- men ums Herz werden ließ. Bald würde sie seine Frau sein, und er wähnte das Schicksal dabei auf seiner Seite, doch fragte er sich insgeheim auch, ob Danielle jemals wirklich die Seine wä- re, ob sie ihm jemals wieder vertrauen konnte und er ihr wieder etwas bedeuten würde.
Als Danielle die letzte Stufe erreicht hatte, nahm er ihre Hand und führte sie an seine Lippen. „Du siehst wunderschön aus", sagte er und wurde sich sogleich der Unangemessenheit seiner Worte bewusst. Danielle war bezaubernd, verführerisch, liebreizend, göttlich, vollkommen ...
„Ich danke dir."
Er sah die Besorgnis in ihren Augen, die sie in der letzten Nacht lange nicht zur Ruhe hatte kommen lassen. Er wünsch- te sich, mehr Zeit zu haben, um sie zu umwerben, statt ihr auf diese Weise die Ehe mit ihm aufzuzwingen. Aber er war sich noch immer sicher, dass er Danielle ein weitaus besserer Mann sein würde als Richard Clemens.
Er nahm ihre Hand, legte sie auf seinen Arm und spürte, wie sie zitterte. Wenn er doch nur wüsste, wie er ihr Mut zuspre- chen könnte! Rafe schuldete Danielle seinen Namen, aber er wollte mehr als nur einen Fehler der Vergangenheit wiedergut- machen - er wollte, dass Danielle mit ihm glücklich wurde. Die Zeit wird es richten, sagte er sich.
Und er würde Geduld brauchen, hörte er eine Stimme tief in seinem Innern flüstern. Es blieb ihm nur zu hoffen, dass er mit viel Geduld im Laufe der Zeit Erfolg haben würde.
„Du trägst das Collier", stellte er erfreut fest. „Es steht dir." „Du hast mich gebeten, es zu tragen."
Er deutete ein Lächeln an. „Ich habe dir gesagt, dass es eine Legende dazu gibt."
Eine Spur von Neugier zeigte sich auf ihrem Gesicht. „Ja ..."
„Der Legende nach soll dem Besitzer der Kette entweder gro- ßes Glück oder tiefes Leid beschieden sein - je nachdem, ob er oder sie reinen Herzens ist."
Danielle sah zu ihm auf. Die grünen Bänder in ihrem Haar ließen ihre Augen noch leuchtender strahlen als sonst. „Und du glaubst, dass mein Herz rein ist?"
„Ich habe einmal daran gezweifelt. Aber ich werde es nie wie- der tun."
Sie wandte den Blick ab.
In die Stille hinein kam Lady Wycombe mit raschelnden Rö- cken auf sie zugeeilt. „Der Pfarrer wartet schon! Ist alles in Ordnung?"
Rafe sah Danielle an und konnte nur hoffen, dass es so war. „Ja, es ist alles in Ordnung."
„Dann kommen Sie", forderte Lady Wycombe ihn auf. „Es wird Zeit, mit der Trauung zu beginnen."
Danielle hatte keinen Vater mehr und auch keinen guten Freund, der sie zum Altar hätte führen können. Stattdessen ging sie an Rafes Seite in den Garten hinaus und spürte, wie ihre Hand auf seinem Arm zitterte. Unter einem weiß gestrichenen Torbogen, der am Ende der Terrasse aufgestellt und mit weiß blü- henden Rosen geschmückt worden war, blieben sie stehen.
Reverend Dobbs stand hinter einem mit weißem Satin ver- hüllten Pult und hatte eine aufgeschlagene Bibel vor sich lie- gen. Nur wenige Schritte entfernt stand die zierliche Frau des Pfarrers neben Lady Wycombe und Caroline Loon, die beide ein kleines Blumenbukett in der Hand hielten.
„Wenn Sie so weit sind", verkündete Dobbs, ein kleiner, stäm- miger Mann mit einer Mähne grauen Haars und einer Brille, „können wir nun beginnen."
Rafe sah Danielle an und hoffte, dass sie in seinen Augen sehen konnte, was sie ihm bedeutete und dass er entschlossen war, mit ihr eine gute Ehe zu führen. „Bist du bereit, meine Liebe?"
Tränen traten ihr in die Augen. Sie war überhaupt nicht be- reit, dachte er, doch dies tat seiner Entschlossenheit keinen Ab- bruch. Danielle atmete tief durch und nickte. Sie
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