Martin, Kat - Perlen Serie
Möhren, Aufschnitt und Pasteten, kan- dierte Früchte und Puddings.
Rafael und Tante Flora mussten gemeinsam beschlossen haben, dass sie trotz der wenigen Gäste eine kleine Feier aus- richten würden. Danielle bemühte sich, eine erfreute Miene aufzusetzen, nahm Glückwünsche entgegen und versuchte, ein wenig zu essen, wenngleich ihr Magen rebellierte.
Sie hatte sich einmal danach gesehnt, Rafaels Frau zu wer- den. Doch nun erneut in seinen Bann zu geraten war das Letz- te, was sie wollte.
Sie war nicht mehr das junge Mädchen, das sie damals ge- wesen war, sondern wusste nun, wie gefährlich es sein konnte, einen Mann wie Rafael zu lieben ... einen Mann, der mit dem kleinsten Wink seines Fingers ihr Leben würde zerstören kön- nen. Aber das, so hatte sie sich geschworen, würde sie nie wie- der zulassen.
Er beugte sich zu ihr hinunter und sprach leise, dicht an ih- rem Ohr: „Wir werden bald aufbrechen. Ich habe Miss Loon darum gebeten, deine restlichen Sachen zusammenzupacken. Vielleicht möchtest du auch noch einmal nach oben gehen und dich für die Reise umziehen?"
Danielle nickte und war dankbar, ihm entkommen zu kön- nen. „Ja, das ist eine gute Idee." Sie ging zurück ins Haus und eilte die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
Caro wartete bereits auf sie. „Komm ... ich helfe dir."
Danielle wandte Caro den Rücken zu, damit sie die zahlrei- chen Knöpfe ihres bernsteinfarbenen Kleides öffnen konnte, und streifte sich die Schuhe von den Füßen. Sie setzte sich auf den kleinen Gobelinhocker, und Caro begann, die grünen Bän- der aus Danielles Haar zu lösen.
„Wir könnten es einflechten", schlug sie vor.
„Ja, das wäre am besten", stimmte Danielle zu. Eine nach der anderen zog Caro die Haarnadeln heraus, flocht mit geschick- ten Bewegungen die langen roten Locken und steckte sie er- neut auf.
„Könntest du auch den Verschluss der Kette öffnen?", bat Danielle.
Im Spiegel beobachtete sie, wie Caro schweigend nickte. Ihre Miene wirkte düster und besorgt. Danielle hatte ihre Freundin nur selten so erlebt. Als Caro die Perlen in ihre Hand gleiten ließ, wandte Danielle sich zu ihr um und sah sie fragend an.
„Was hast du, meine Liebe? Ich sehe doch, dass etwas nicht stimmt. Sag mir, was los ist."
Caro schüttelte nur den Kopf und strich sich ihre blonden Lo- cken zurück. Sie drückte Danielle die Perlenkette in die Hand und wirkte nun noch verzweifelter als zuvor.
„Du liebe Güte, Caro, nun sag mir schon, was geschehen ist!"
Tränen schossen in die blauen Augen ihrer Freundin. „Es ist wegen Robert..."
„Robert? Was ist mit Robert?"
Die Tränen liefen Caro nun die Wangen herunter. „Er hat mich gestern Abend noch einmal besucht und mir gesagt, dass er mich liebt, Danielle. Er meinte, noch nie zuvor einer Frau wie mir begegnet zu sein. Einer Frau wie mir, Danielle! Als ob ich etwas Besonderes wäre und seine Liebe verdiente ... Aber Robert kann an Heirat nicht einmal denken - nicht, solange er nicht frei ist!"
Danielle griff nach Caros zitternden Händen. Sie kannte die Geschichte von Roberts vertraglicher Bindung an seinen Dienstherrn und wusste auch, dass er eines Verbrechens ange- klagt war, das er nicht begangen hatte, und deshalb seine Hei- mat hatte verlassen müssen.
„Du musst nicht weinen, meine liebe Caro. Ich werde mit Rafael sprechen und versuchen, ihn dazu zu überreden, dass er Roberts Vertrag ausbezahlt."
Caro zog ihre Hände zurück, und die Tränen strömten ihr un- vermindert über das Gesicht. „Edmund Steigler würde ihn nie freigeben ... und selbst wenn - uns bleibt nicht mehr genügend Zeit."
„Dann werden wir uns Zeit nehmen. Unsere Abreise können wir verschieben, bis Rafael mit Mr. Steigler sprechen konnte, und dann nehmen wir einfach das nächste Schiff."
Caro wischte sich die Tränen aus den Augen. „Nein, du ver- stehst das nicht..."
„Dann musst du es mir eben erklären."
Caro holte tief Luft. „Kurz vor deiner Hochzeit hat Robert mir erzählt, dass er einen Brief von seinem Cousin aus England bekommen hat, einem gewissen Stephen Lawrence. Und wie es aussieht, hat Stephen herausgefunden, wer Nigel Truman - so heißt der Mann, für dessen Tod Robert fälschlicherweise verur- teilt wurde - wirklich umgebracht hat.
„Und weiter?"
„Ich habe Robert noch nie so erlebt ..." Caro sah gedanken- verloren aus dem Fenster. „Ich glaube, dass er bislang nie ernst- haft davon ausgegangen war, dass er einmal seine Unschuld würde beweisen können.
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