Martin, Kat - Perlen Serie
küsste sie.
„Woher kommt dein plötzliches Interesse an Ethan?"
„Sarah ist eben vorbeigekommen, und sie macht sich lang- sam Sorgen." Sarah, Viscountess Aimes, war Ethans Schwes- ter. Cord und sie waren die treibenden Kräfte gewesen, als es darum ging, Ethan aus der Gefangenschaft der Franzosen zu befreien.
„Es besteht überhaupt kein Grund zur Sorge. Harmon Jeffries ist geflüchtet. Er ist nun nicht mehr in einer Posi- tion, die ihm Zugang zu geheimen Dokumenten gewährt. Der Schuft wird niemanden mehr verraten können. Wenn Ethan seinen Auftrag beendet hat, wird er sicher nach Hause zurück- kehren."
„Ja, es mag sein, dass er nun sicherer ist, nachdem der Vis- count aus der Regierung entfernt worden ist."
„Dabei fällt mir ein, dass ich es ziemlich auffällig fand, wie deine Freundin Grace so kurz nach Lord Forsythe' Flucht zu einem längeren Besuch in den Norden abgereist ist."
Tory riss die Augen weit auf und sah Cord mit gespielter Unschuld an. „Aber, Liebling, du willst damit doch nicht etwa sagen, dass Grace etwas damit zu tun haben könnte?"
„Schau mich nicht so unschuldig an. Sage mir lieber, dass Grace Chastain wirklich nicht an der Flucht des Viscounts be- teiligt war."
„Was um alles in der Welt bringt dich denn überhaupt auf diesen Gedanken?"
„Nun, wie wir beide wissen, ist dieser Mann ihr Vater. Viel- leicht..."
„Das ist ein Geheimnis, Cord, und du hast versprochen, es niemals zu erwähnen!"
„Ich will ja nur sagen ..."
„Du beschuldigst Grace, einem Mann geholfen zu haben, der des Landesverrates angeklagt ist - wenngleich er bis heute sei- ne Unschuld beteuert."
„Ja, und er wäre mittlerweile nicht mehr am Leben, wenn ihm nicht jemand geholfen hätte, aus Newgate zu entkom- men. Wir wissen doch wohl beide, wie wagemutig Grace sein kann."
„Schon, nur würde sie ganz sicher nicht..."
„Würde sie das nicht? Wenn du an ihrer Stelle wärst, wür- dest du es ganz sicher erwägen."
Weil der Verlauf der Unterhaltung sie zunehmend beunru- higte, schlang Tory einfach ihre Arme um Cord und schmiegte sich an ihn.
„Du versuchst mich abzulenken, du kleine Verführerin." „Mit Erfolg?" Natürlich wusste sie die Antwort, denn sobald sie sich etwas tiefer in seinen Schoß setzte, konnte sie seine Er- regung spüren.
„Verdammt, ja! Natürlich mit Erfolg."
Tory lachte, als er sie auf seine Arme hob und aufstand. „Vielleicht tut ein wenig Ablenkung uns beiden gut. Bald werden wir auf das Baby Rücksicht nehmen müssen."
„Der Arzt hat mir versichert, dass wir uns bis kurz vor mei- ner Niederkunft lieben können."
„Der Arzt kann viel sagen. Ich will kein Risiko eingehen." Er beugte sich zu ihr herunter und küsste sie dann leidenschaft- lich. „Und deshalb werde ich die Zeit bis dahin noch gut nut- zen."
Sie lächelte nur. Ihr war es gelungen, ihren Mann von einem Thema abzubringen, über das sie selbst kaum nachzudenken wagte. Sobald sie von Lord Forsythe' Flucht erfahren hat- te, war ihr natürlich die Vermutung gekommen, dass Grace damit zu tun haben könnte. Sie konnte ihrer Freundin nur wünschen, dass sie sich wohlbehalten und in sicherer Entfer- nung bei Lady Humphrey aufhielt und dass der Zwischenfall bei ihrer Rückkehr nach London schon wieder weitgehend vergessen war.
Tory dachte an die Halskette, die sie ihrer Freundin geschenkt hatte, und hoffte, dass sie Grace genauso viel Glück brachte wie ihr selbst.
Nein, sie wollte sich keine Sorgen mehr machen, ermahnte sie sich. Grace gehörte zu den Leuten, die immer sicher auf ihren Füßen landeten. Aber die Suche nach Lord Forsythe dau- erte unvermindert an, und die Friedensrichter taten alles Er- denkliche, um herauszufinden, wo er sich aufhalten und wer ihm geholfen haben könnte.
Während ihr Mann sie in seinen Armen eilenden Schrittes die Treppe hinauftrug, erschauderte Tory bang und betete in- ständig für die Sicherheit ihrer Freundin.
Matilda Crenshaw, Baroness Humphrey, saß in dem kleinen Wohnzimmer, das an ihr Schlafzimmer im oberen Teil von Humphrey Hall angrenzte. Wie der Rest des Hauses hatte auch dieses Zimmer schon bessere Tage gesehen, und die Damast- vorhänge waren ebenso ein wenig verblasst wie die Fransen des Sofas, auf dem sie gerade saß. Lady Humphrey gefiel es allerdings so - vielleicht weil sie selbst auch schon bessere Tage gesehen hatte.
Etwas von ihr entfernt saß ihre langjährige Freundin Elvira Tweed, Witwe des schon seit einiger Zeit verstorbenen Sir Henry Tweed,
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