Marzipaneier (Junge Liebe)
keine Minute später. Top gestylt gehe ich aus dem Haus. Ich rieche Bens Rasierwasser, als ich einsteige. Männlich und anziehend. Der Geruch ist im ganzen Auto wahrnehmbar. Jetzt bloß nicht schwächeln! Reiß dich zusammen, Dennis!
Wir begrüßen uns wie immer. Die Stadt ist hell erleuchtet. Ich liebe den Advent. Besinnlich verläuft die Weihnachtszeit zwar nie wegen der ganzen Tests in der Schule und dem Geschenk-Stress, aber das gehört irgendwie dazu.
Kays Party finden wir, ohne uns einmal verfahren zu haben. Er hat die Kneipe seiner Eltern, die auf einem Weiterbildungs-Seminar sind, bekommen, um zu feiern. Echt coole Location; gleicht einem gefliesten Kellerraum mit Korkverkleidung an den Wänden. Es ist schon eine Menge los, obwohl es noch nicht spät ist. Party eben. Endlich wieder einmal kräftig abfeiern und die Sau rauslassen. Das ist mein Leben. Die Festlichkeit verteilt sich auf drei Räume. Viele Typen sind mir unbekannt, aber sie sehen alle recht tierfreundlich aus. Lena ist schon da. Ich entdecke sie im so genannten Disco-Room. Wir tanzen bis die Fetzen fliegen. Bei der richtigen Musik flippe ich total aus.
Da Tanzen ganz schön durstig macht, landen wir im Nebenraum. Manche haben sich schon ordentlich die Kante gegeben und grölen durch die Gegend. Die Ecken des Raums sind verdunkelt und mit Kissen ausgepolstert. Große Pflanzen grenzen das Ganze etwas von der Menge ab. Lena und ich machen es uns zwischen den Kissen bequem, und lehnen uns Rücken an Rücken. Sie mit ihrem Korea in der Hand und ich mit einem Sex on the Beach warte darauf, dass die spulende Wirkung bald einsetzt. Ivo und Mark setzen sich angeheitert zu uns.
„Hey, gepoppt wird daheim! Wo kämen wir denn hin?“, sagt Mark spöttisch. Der hat gut reden! Er ist immer der erste, der die Mädels reihenweise abschleppt, um sie kurz durchzunudeln. Unsere Runde vergrößert sich zusehends. Das ist die einfachste Art, neue Bekanntschaften zu knüpfen. Wir labern über alles Mögliche und stellen fest, dass Lena nicht die einzige ist, die Weihnachten mit nur einem Elternteil verbringen wird. Interessant mal was aus den Lebensgeschichten anderer zu erfahren, um nicht zu engstirnig zu werden. Man verfällt irgendwie seinem Alltagstrott und nimmt andere und ihre Probleme nicht wahr.
Langsam spüre ich den Alkohol meinen Körper durchströmen. Mir wird richtig warm ums Herz. Einige beginnen zu kichern. Ein gutes Zeichen. Lena liegt in meinen Armen und kichert lauthals mit. Das tut sie nur, wenn sie dementsprechend getrunken hat. Diese Orgien sind unvorteilhaft. Das weiß jeder. Andrerseits muss man so etwas erlebt haben. Nicht nur, um mitreden zu können.
Lena ist übel. Sie hat es sich inzwischen halb auf mir gemütlich gemacht. Ein Wettlauf um den, dem es zuerst hochkommt entbrennt. Die Jungs schließen schon Wetten ab. Zuerst scheint es, dass alle ungeduldig darauf warten, dass Lena kotzt. Sie ist am Ende. Nur langsam schnalle selbst ich, dass sie sich nicht über uns lustig machen. Kays Bruder Dennis ist mit seinem Freund da. Ich wusste gar nicht, dass der schwul ist. Er sieht glücklich aus. Irgendwie ist er süß. Kommentare en masse. Mensch Leute, habt ihr denn nichts Besseres zu tun? Lasst sie doch in Ruhe ihr Leben leben, wenn es ihnen gefällt. Ich muss an Ben denken und daran, dass ich niemals den Mut hätte, so offen mit meinen Gefühlen für ihn umzugehen, obwohl ich es mir so sehr wünsche. Ab ein Uhr soll ich alle halbe Stunde nachschauen, ob er schon da ist und im Wagen auf mich wartet. So ist’s recht. Er schreibt mir wenigstens nicht vor, wann ich daheim zu sein habe. Nur einmal möchte ich auch so eng umschlungen bei ihm stehen.
Wenn ich die beiden sehe, könnte ich neidisch werden. Obwohl Lena sich an mich schmiegt und schläft, fühle ich mich einsam und zurückgelassen, sehnend nach einer breiten Schulter zum Anlehnen. Die Welt ist so leer ohne einen Freund. Ich bin hier irgendwie fehl am Platz und freue mich auf die Autofahrt nachher mit Ben.
Ich glotze die beiden an, wie sie zärtlich rumknutschen und sich gegenseitig necken, indem sie sich küssen, um gleich wieder voneinander abzulassen und sich zu umarmen. Erotik pur. Mich verblüfft, dass es ihnen gar nichts auszumachen scheint, der Mittelpunkt unserer Gespräche zu sein. Sie haben Mut, das bewundere ich an ihnen. Kays Bruder scheint das zu bemerken. Meine Miene wirkt eiskalt. Die anderen schieben es auf meine Dichtheit.
Kays Bruder lächelt mich an und
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