Masala Highway
Motorradmotoren. Als Lastentransporter sind es echte Arbeitstiere, besonders häufig ist aber die Verwendung als Taxis, die dann statt mit einer Transportfläche mit einer Kabine ausgestattet sind und in Schwarzgelb, die Erdgastypen von Delhi in Grüngelb gehalten sind. Die kleine Version ist mit zwei Sitzplätzen auf einer Rückbank ausgestattet, mit gutem Willen und ohne einzuatmen passen aber auch sechs Personen hinein. Große Motorrad- Rikschas, die aber selten in Großstädten benutzt werden, bieten so viel oder so wenig Raum wie Kleinbusse. Beide sind sehr günstige Fortbewegungsmittel, die in fast jede Gasse hinein- und wieder hinausfahren können. Denn die kleinen Auto- Rikschas sind dabei sehr wendig – zur Not steigt der Fahrer aus und dreht sein Gefährt mitsamt seinen Passagieren auf der Stelle in die entgegengesetzte Richtung. Eine Fahrt von mehr als zehn Kilometern mit einem Tuk-Tuk anzutreten, sollte man aber reiflich überdenken. Die Kisten schütteln ihre Passagiere heftig durch, und da die meisten Modelle zu den Seiten hin offen sind, kommt auch eine Menge Straßenstaub in die Kabine.
Die unsicheren Straßenverhältnisse sind inzwischen als Problem erkannt – nicht zuletzt weil die vielen Unfälle auch eine volkswirtschaftliche Katastrophe bedeuten. Seit der Jahrtausendwende steckt die indische Regierung viel Geld in den Straßenbau. Bis zum Jahrtausendwechsel gab es nur wenige Strecken, auf denen die Superreichen des Landes ihre in Pune produzierten Karossen mit Stern auf dem Kühler ausprobieren konnten. So war die Agra-Delhi-Straße für ihre Geschwindigkeit berüchtigt. Bis zu 100 Stundenkilometer erkannten besorgte Tagesausflügler aus Delhi auf den Tachos ihrer Agra-Busse! Das „Golden Quadrilateral“, eine Kette von Autobahnen, die die Städte Neu-Delhi, Madras, Bombay und Kalkutta in einem transkontinentalen Viereck verbindet, ist das größte Projekt. Seine Straßen sind mehrspurig, die Fahrtrichtungen sind durch einen Mittelstreifen getrennt. Auf den Highways sind hohe Geschwindigkeiten technisch kein Problem – für Mutige. Denn im Unterschied zu deutschen Autobahnen ist die Benutzung nicht auf schnelle Fahrzeuge beschränkt: Kühe, Schafherden, Ochsen- und Kamelkarren teilen sich die Piste mit motorisierten Vier-, Drei- und Zweirädern. Außerdem führen die Highways durch Ortschaften – deren Einwohner, wenn sie auf die andere Straßenseite möchten, die Autobahn queren müssen. Die Nord-Süd-Verbindung zwischen Neu-Delhi und Bombay ist einer der ersten fertig gebauten Abschnitte des „Golden Quadrilaterals“ – das verkündet stolz die National Highways Authority of India (NHAI), das indische Straßenbauamt. Ausgerechnet in einem der Bundesstaaten, die besonders von Landwirtschaft geprägt sind, gibt es nun eine Hochgeschwindigkeitsverbindung, die wenigstens für indische Verhältnisse ihren Namen verdient. Ein zweites großes Bauprojekt sind die sich kreuzenden Nord-Süd- und Ost-West-Achsen, die den Subkontinent der Länge und Breite nach durchlaufen. Bei einem Besuch in Rajasthan im Jahr 2008 wurde an der Ost-West-Strecke zwischen Mount Abu und Kota noch angestrengt ausgebaut. Die Vorgehensweise der Straßenbauer kann man konsequent nennen: Führte die Straße bislang über einen Berg oder um ihn herum, verläuft nun eine Schlucht durch diesen hindurch, mit steilen Felswänden zur Linken und Rechten der Fahrbahn. Einen erschütternden Eindruck machten Ortschaften, in denen die Bagger noch nicht gewesen waren: Die Häuser am Rand der bisherigen Straße, schon ganz von Staub bedeckt, waren mit großen aufgesprühten Linien markiert, damit die Abrisskolonne wusste, wo sie tätig werden sollte. In Orten, durch die sie bereits gekommen war, standen manche Häuser halbiert an der neuen Trasse.
Die NHAI rechtfertigt ihr Vorgehen damit, dass solche Gebäude ohne Genehmigung gebaut worden seien, und erhielt von den Gerichten der jeweiligen Bundesstaaten Rückendeckung. Leidenschaftlich werden die Reaktionen der Anwohner, wenn auch Tempel mit Markierfarben besprüht werden. In Rajasthan wurde ein Ingenieur der Baubehörde, während er den Abriss eines Heiligtums beaufsichtigte, von einem Fahrer in einem Hindustan Ambassador vor laufender Kamera eines Fernsehteams überrollt. Keiner der Zeugen – das ganze Dorf hatte die Bulldozer beobachtet – konnte sich an das Aussehen des Mannes am Steuer erinnern.
Die Wut der Anwohner ist nachvollziehbar, denn Korruption ist ganz
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