Maschinenkinder
Und Gabriel lachte und lachte, versuchte erst gar nicht, es abzuwürgen, dafür tat es zu gut – war befreiend, längst überfällig. Mit tränenden Augen zog er den Seesack auf seine Beine und holte die Pistole, den Helm, Wasser und Brot hervor. Schnaufend biss er hinein und kaute.
War er verrückt geworden? Hatte er schließlich die schmale Grenze überschritten, wie so viele Strahlenkranke vor ihm? Nein, er war nur müde, erschöpft und wütend; mehr nicht. Und selbst wenn? Was machte es für einen Unterschied, in dieser Hölle den Verstand zu verlieren? Vielleicht war das Elend sogar besser zu ertragen. Gabriel stöhnte. Erneut schnippte er den Schalter nach oben, aber die Monitore blieben schwarz. Kein Strom, der letzte Rest, der in den Batterien gesteckt hatte, schien aufgebraucht.
»Und was jetzt?«, fragte er sich selbst, wobei er seinen Blick durch den Kommandostand schweifen ließ: ein defektes Sonar mit Rissen im Glas; schimmlige Aktenfolien, die zusammengebacken auf Regalen oder auf dem Boden lagen; eine Stehlampe, eine Kaffeekanne, alles wertloses Zeug. Es musste einen Weg geben, diesen Rechner flottzukriegen.
Gabriel durchwühlte den Seesack; dabei streifte sein Ellenbogen den Motorradhelm, der hinunterfiel, auf die Stahlplatten schepperte und zu einer Konsole hinrollte. Murrend stand Gabriel auf, um ihn zu holen, als es ihn wie ein Stromschlag traf: der Helm! Die gesamte Elektronik wurde durch eine Starkbatterie gespeist!
Sofort hob er den Helm auf, stellte ihn neben die Tastatur. Die Klappe des Batteriefachs wurde von Schrauben fixiert, also durchsuchte Gabriel den Raum nach passendem Werkzeug und stieß auf eine Kiste, die unter den Akten vergraben lag. Er schlug den Deckel zurück, keuchte. Seine Augen weiteten sich:
Unmöglich; ein Trugbild von der stickigen Luft! Vorsichtig, ganz vorsichtig, als fürchte er einen statischen Blitz, streckte Gabriel die Hand vor, um einen der Datenstifte mit zwei Fingern zu greifen – lupenreine Kristallspeicher ohne Einschlüsse, sie waren komplett leer. Ein Geschenk des Himmels!
»Danke«, flüsterte er erleichtert. Diese Stifte würden seine Erinnerungen ganze fünfzehn Jahre speichern, vielleicht sogar länger. Keine Migräne mehr, kein Gedächtnisverlust! Schon wollte er in Jubel ausbrechen, da schlug seine Stimmung plötzlich um:
Wieso gerade jetzt, gerade hier, im Bauch des Leviathans? Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen … diese ganzen Zufälle, die irre Matrone, die ihn hergeschickt hatte. Göttliche Fügung? Blödsinn. Gabriel hatte nie an so was wie Schicksal oder eine höhere Macht geglaubt, und ganz gewiss war das kein guter Zeitpunkt, jetzt damit anzufangen. Er war müde und geschwächt, und seine Gedanken spielten verrückt:
Basta!
Dennoch war ihm mulmig zumute. Mit einem seltsamen Gefühl der Unwirklichkeit spannte Gabriel die Halsmuskeln an, schob einen Datenstift in die freie Keramikbuchse, schloss seine Augen – seufzte. Die Kopfschmerzen waren wie weggeblasen; nur ein dumpfes Ziehen blieb.
***
Sein Körper schien schwerelos, und seine Sinne waren geschärft, so scharf, als hätte er Drogen genommen, eine fast synthetische Klarheit, die ihn die Dinge schneller erfassen ließ. Er brauchte kein Werkzeug: Die Fingernägel reichten völlig, um diese Schrauben zu lockern – die Batterie aus dem Helm herauszuhebeln. Sie war so groß wie ein Feuerzeug. Gabriel legte sie neben die Tastatur und schaltete sie aus. Dann zog er die Kabel straff, riss sie kurzerhand aus den Klemmbuchsen und verband sie mit dem Bordrechner.
Ob das System wirklich hochbooten würde? Zwar lieferte die Batterie satte zweihundertzwanzig Volt, doch bei einer Anlage dieser Größe, und wenn ein Kurzschluss – »Herrgott!«, fluchte Gabriel und legte den Batterieschalter um. Entladungen prasselten; es zischte, knisterte, und Funken blitzten, bis ein Lüfter schleifend ansprang. Der Computer startete, seine Kontrolllämpchen blinkten; und nur einen Augenblick später wurden die Monitore hell.
Na also. Hoffentlich war seine Glückssträhne damit nicht schon vorbei. Nervös rückte Gabriel den Stuhl nach vorn und hackte den ersten Befehl in die Tastatur.
Log-in.
Zu seiner Überraschung begrüßte ihn eine gedämpfte Computerstimme:
»Einwahl ins BlackNet initiiert … suche Gateways. Ein Server über TAOS3-Satellit verfügbar: Militärstützpunkt Z14, Krähennest; GPS-Koordinaten nachfolgend. Einwahl abgeschlossen, warte auf Stimmanalyse und
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